Dreamteam auf dem Bruderholz. Basel bleibt eine kulinarische Doppelmonarchie. Und die Königin ist auf dem Bruderholz zu Hause: Tanja Grandits («Stucki», 19 Punkte). Ihr Markenzeichen: monochrome Gerichte, die mit enormem geschmacklichem Facettenreichtum bestechen. Kein Aufwand ist zu gross. Für das Hamachi-Crudo mit Yuzu, Ponzu, Sesam und Fenchel etwa werden vier Kilo schwere Gelbschwanzmakrelen aus Kagoshima eingeflogen. Doch die Chefin braucht keine Luxusprodukte, um zu glänzen. Bester Beweis: die grüne Kreation mit Bohnen, Holunderblüten, Labneh und Haselnuss-Gremolata. Tanja begeistert die Gäste – und die Menschen, die bei ihr arbeiten: Der kongeniale Stellvertreter Marco Böhler, ein Grosse-Pièce-Meister, und Top-Patissier Julien Duvernay sind schon eine halbe Ewigkeit bei ihr. Diese Konstanz ist Gold wert! Seit Mitte September führt Grandits neben dem «Stucki» auch den liebevoll aufgefrischten «Schlüssel» in Oberwil BL. Das Programm dort ist einfacher, aber vom gleichen Esprit beseelt. Bild oben: Peter Knogl, Tanja Grandits, Flavio Fermi (v.l.).

Tanja Grandits, Noémie Bernard, UBS, Zander, Yuzu-Ceviche, Sesam, Fenchel

Traumhaft frisch: Tanjas Hamachi-Crudo mit Yuzu, Ponzu, Sesam und Fenchel.

Marco Böhler

Marco Böhler ist Tanja Grandits' rechte Hand und wie seine Chefin ein fantastischer Koch.

König Knogls traumhafte Saucen. An Peter Knogl («Cheval Blanc» im Grand Hotel Les Trois Rois/19 Punkte) führt kein Weg vorbei. Weder für die Teller aus seiner Küche noch für die Konkurrenz in der Stadt. Alles, was der bayerische Basler anfasst, wird geschmacklich zu Gold. Hummerbisque mit Sauternes und Vadouvan, Jalapeñoschaum mit Carabineros, Seeigel mit Rosé-Champagner, Rehrücken mit Sauce rouennaise – das ist der Stoff, aus dem die Gourmet-Träume sind. Immer wieder fantastisch: die Rotbarbe mit knusprigen Schuppen, Safranschaum, Tomatenvinaigrette und schwarzem Knoblauch. Knogls Herrschaftsprinzip: Sei streng mit deinem Team und noch strenger mit dir selbst. Das «Cheval Blanc» ist Weltklasse. Auch dank des Teams im traumhaften Speisesaal mit Sommelier Christoph Kokemoor und Maître Giuseppe Giliberti.

30.04.2025, Basel, Restaurant Cheval Blanc, Peter Knogl (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Klassische Eleganz: Das «Cheval Blanc» ist die perfekte Bühne für Peter Knogls Kochkunst.

Peter Knogl im Restaurant TroiRois 2024: Seeigel

Ein Fest fürs Auge und den Gaumen: Seeigel mit Rosé-Champagner à la Knogl.

Der Gemüseflüsterer ist «Green Chef of the Year». Wetten, dass Pascal Steffen («Roots», 18 Punkte) den Tag verflucht, an dem er seinen «Roots Garden» mit giftgrüner Kopfsalat-Sauce und rund 30 saisonal wechselnden Elementen erstmals aufs Menü setzte? Aber so ist das halt mit genialen Gerichten. Man muss sie immer wieder servieren, sonst gehen ihre Fans auf die Barrikaden. Steffens Glück: Er ist keiner, der die Arbeit scheut, hat sich ohne Hotel im Rücken in die Champions League hochgekocht. Inspiration findet GaultMillaus frisch gebackener «Green Chef of the Year» unter anderem auf dem Birsmattehof in Therwil vor den Toren der Stadt Basel. «Der Acker bestimmt meine Karte», sagt Chef Pascal. Jede Woche erhält er einen Korb mit rund zehn Kilogramm Gemüse, Salaten und Kräutern, daraus entsteht dann der «Roots Garden».Trotzdem findet man bei Steffen auch Fleisch, Geflügel, Fisch und Krustentiere. Sie ergänzen das Gemüse auf dem Teller, verdrängen es aber nicht aus dem Rampenlicht. Seit dem Umzug an die Bachlettenstrasse, in die Räumlichkeiten des früheren «Olive», passt auch das Ambiente zum Niveau der Küche. Spezielle Möbel im Lokal hat Steffens Vater höchstpersönlich geschreinert.

Pascal Steffen kocht mit Gemüse vom Birsmattehof (Therwil BL), die Lieferanten (Nicole & Alexander Tanner und Gebremedhin Fisaha) zu Gast im Restaurant Roots Basel, Gericht: «Roots Garden», 19.02.2025, Foto Lucia Hunziker

Pascal Steffen ist der beste Gemüsekoch in Basel, verteidigt seine 18 Punkte souverän.

Pascal Steffen kocht mit Gemüse vom Birsmattehof (Therwil BL), die Lieferanten (Nicole & Alexander Tanner und Gebremedhin Fisaha) zu Gast im Restaurant Roots Basel, Gericht: «Roots Garden», 19.02.2025, Foto Lucia Hunziker

Steffens Signature Dish, der «Roots Garden», besteht aus rund 30 Komponenten vom Birsmattehof.

Italianità mit einer Prise Thailand. 500 Agnolotti in zwei Stunden faltet Flavio Fermi («Ackermannshof», neu 17 Punkte) mit einem seiner Köche. Fermi, der die Pasta schon servierte, als sie längst noch nicht so en vogue war wie heute, denkt sich immer wieder neue Füllungen aus. Mal sind Auberginen drin, mal gezupfte Kalbshaxe, mal Fenchelsalsiccia. Doch Chef Falvio ist natürlich viel mehr als nur ein «Agnolotti-Maestro». Er begeisterte uns beim letzten Besuch einmal mehr auch mit Kreativität und ein paar thailändischen Akzenten. Sinnbildlich dafür: das Secreto vom Ibérico-Säuli mit Thai-BBQ-Sauce, Wachtelei, Brunnenkresse und Shiitake-Pilzen oder der rohe Gambero rosso mit Lachsforellenrogen, Zerbinati-Melone (als Kugeln und Kaltschale), Bergamotte und Kokosschaum. Es gibt wohl keinen Koch im Land, der den Wohlfühlfaktor der italienischen «Mamma-Küche» so virtuos mit der Präzision und dem Ideenreichtum der Haute Cuisine verbindet wie der Italo-Basler. Tipp für eilige Gourmets: Im «Ackermannshof» kann man sich auch einfach an die Bar setzen und einen Teller Agnolotti geniessen. Die Weinkarte ist fantastisch, Gastgeber Roland Tischhauser ein wandelndes Lexikon, auch wenn es um Champagner geht. Kurzum: Dieses Lokal hat die Beförderung in die 17-Punkte-Liga mehr als verdient!

Der Dauerbrenner und sein frecher Schüler. Michael Baader verdient grossen Applaus. Der Schwarzwälder, ein Schüler der deutschen Kochlegende Dieter Müller, kocht seit 1989 (!) im schmucken «Teufelhof» und beschert dem Gourmetrestaurant «Bel Etage» auch in diesem Jahr 16 Punkte. Im aktuellen GaultMillau-Testbericht gibt es nicht nur für die klassischen Gerichte viel Lob, sondern auch für die Fusion-Kreationen. Darunter die Ente (zartrosa Brust und Dim-Sum) mit Granatapfelvinaigrette, Kichererbsen und Koriander. Aus Baaders Schule kommt übrigens einer der spannendsten jungen Köche im Land: Till Szabó, der Chef des charmanten 14-Punkte-Lokals «Concordia» in Kleinbasel. Der baumlange Kerl, der nach seiner Zeit im «Teufelhof» unter anderem bei Marcel Skibba im «Igniv» in St. Moritz arbeitete, glänzt mit kreativen, schnörkellosen Gemüsegerichten wie grilliertem Lattich mit Eigelbcreme, fermentierter Knoblauch-Mayo und Parmesan-Beurre-blanc. Szabós rechte Hand in der kleinen Küche heisst Elena Lachenmeier und absolvierte ihre Lehre bei Tanja Grandits. «Man merkt, woher Elena kommt», schwärmt ihr jetziger Chef. Attraktiv für Gourmets mit schmalerem Portemonnaie: Im «Concordia» gibt es eine kleine Version des Tasting-Menüs mittags schon für 32 Franken!

Michael Baader Küchenchef Bel Etage. DER «TEUFELHOF» vereint Gastronomie, Hotellerie, Theater und Kunst unter einem Dach. Das «Atelier» bietet eine moderne Weltküche – und eine Lounge im Innenhof der Altstadthäuser. SI_2017_11_aldente

Seit 1989 im «Teufelhof» und kein bisschen müde: Michael Baader.

Till Szabo

«Mister Concordia»: Till Szabó bietet mittags ein 14-Punkte-Menü für 32 Franken an.

«Chez Donati» – Eine Legende im Exil. Basels traditionsreichster «Italiener» ist seit letztem Frühling und voraussichtlich noch bis Ende 2026 am Barfüsserplatz zu Hause. Neu ist auch der Küchenchef: Pasquale Vinaccio, ein junger Mann aus Napoli, der vier Jahre lang für Drei-Sterne-Koch Antonino Cannavacciuolo arbeitete. Er bereitet «Chez Donati»-Klassiker wie die Scaloppine al limone oder die grillierte Seezunge ganz zur Zufriedenheit der zahlreichen Stammgäste zu und sorgt mit süditalienisch inspirierten Kreationen für frischen Wind. Ein wunderbares Beispiel: die «Variazione di mare» – Polpo und Cozze, ein feines Öl, ein paar Spritzer Zitronensaft, basta! Fürs «Donati Provvisorio» geht's hoch auf 14 Punkte.

Gratulation an den einzigen Neuling. Neu dabei ist in Basel in diesem Jahr nur ein Restaurant: das «Krafft» von Küchenchef Lorenz Kaiser kehrt zurück in den GaultMillau. Er setzt im prächtigen Haus mit Rheinblick auf zeitgemässe, französische Küche. Herausragend sind die Grosses Pièces, etwa ein ganzer Turbot mit Artischocken und Fenchel oder ein Côte de Bœuf vom Arlesheimer Kultmetzger Jenzer mit Café de Paris. In der kühlen Jahreszeit darf es auch einmal etwas Rustikales sein, zum Beispiel ein Cassoulet mit Entenconfit, Saucisson, Schweinsrücken und Bohnen.

Chez Donati

Ein «Chez Donati»-Klassiker: Grillierte Seezunge mit knackigem Marktgemüse.

Chez Donati

Der neue Mann am «Donati»-Herd: Pasquale Vinaccio holt auf Anhieb 14 Punkte.

Das GaultMillau-Urteil. Basel hat, was es sonst in keiner Schweizer Stadt gibt: zwei Restaurants mit 19 Punkten. Die Plätze 3 und 4 sind ebenfalls bärenstark besetzt. Institutionen wie der «Teufelhof» oder das «Chez Donati» halten ihr Niveau oder legen sogar noch zu. Auch in der jungen Szene tut sich was. Das zeigt zum Beispiel das vegetarische «Concordia» mitten in Kleinbasel. Unsere Prognose: Neugierige Zürcher Gourmets werden künftig noch häufiger ans Rheinknie fahren. Zumal Basel mit Adressen wie dem «Butterfly» (bester Döner der Schweiz) oder dem «Max» (exzellenter Brunch) auch im POP-Bereich viel zu bieten hat.

Kantonsübersicht Basel

Die 200 besten Restaurants

 

Fotos: Thomas Buchwalder, David Birri, Digitale Massarbeit, Nino Valpiani, Lucia Hunziker, Marcus Gyger.