Nr. 1: Das Akris-Hotel. Die ganz grosse Küche hat es in der Hauptstadt der Kalbsbratwurst nicht leicht. Das zeigt sich beispielhaft in einem der konstant besten Restaurants der Region – in seinem kürzlich liebevoll renovierten «Jägerhof» serviert der unermüdliche Agron Lleshi zwar keine Bratwurst, aber er wird von den Stammgästen für sein Wiener Schnitzel ebenso geschätzt und gelobt wie für seine aufwendigen Gourmet-Menüs und beides wird auch mal gleichzeitig an einem Tisch serviert. Mit 17 Punkten gehört Lleshi zu zwei besten Köchen der Stadt. Nur das kongeniale Duo Sebastian Zier und Richard Schmidtkonz kochen im «Einstein Gourmet» noch etwas aufwendiger und raffinierter. Im Unterschied zum selbstständig arbeitenden Agron Lleshi starten sie allerdings als Vorzeigeprojekt der Familie Kriemler im Hotel Einstein auch unter gänzlich anderen Bedingungen. Grosses Bild oben: Richard Schmidtkonz & Sebastian Zier, Benjamin Geisser und Agron Lleshi (v.l.)
Gutbürgerlich & Gourmet: Wiener Schnitzel mit Petersilienkartoffeln im «Jägerhof».
Viel Aufwand: Wagyu-Tafelspitz mit Lattich, Peperoni und Joghurt im «Einstein Gourmet».
Kunst, Wein und Liebe zum Detail. Dank Albert und Peter Kriemler (Akris) hat St. Gallen nicht nur ein Restaurant, das zu den besten des Landes gehört, der talentierte 32-jährige Sommelier Loris Lenzo verwaltet zudem einen beeindruckend schönen und gut bestückten Weinkeller mit rund 3100 Positionen und vielen Grossformate aus renommierten Regionen wie Bordeaux, Burgund und Champagne. Für das Gewölbe wurde eigens weisser Bordeau-Sandstein verbaut. Diese Liebe zum Detail passt zur modernen Kunst, die sich überall im Haus findet, und vor allem zur «Einstein»-Küche, wo jeder Teller in filigraner Feinarbeit angerichtet wird, und gleichzeitig voller Geschmack ist. Und im niederschwelligeren Bistro wird eine sehr ansprechende Küche ohne Eitelkeit serviert (14 Punkte).
Junger Herausforderer: Benjamin Geisser ist der einzige Sankt Galler Neuzugang im Guide 2026.
Benjamin Geisser: «Viel Aufwand, viel Show». Der einzige Neuzugang im Guide 2026 ist der erst 26-jährige Benjamin Geisser, der im «Soleil d’Or by David Geisser» mit 15 Punkten einsteigt. Mit Unterstützung eines ebenso jungen Teams und unter dem Patronat seines Bruders, TV-Koch David Geisser, wird im Lokal mit der riesigen Sonne hinter der Bar jetzt eine aufwendige Küche mit vielen Show-Elementen und einem wechselnden Konzept geboten. Waren die Gerichte zunächst noch thematisch an klassische Märchen angelehnt, wird zurzeit gerade nach Höhenmeter unterschieden. Beim Testbesuch notieren wir «viel Aufwand», aber auch die naturgemäss noch etwas fehlende, unverwechselbare Handschrift. Der einzige Aufsteiger der Stadt ist das Restaurant Am Gallusplatz, wo «Oliver Wessiak und Astrid Lorünser ihre Gäste mit Spezialitäten aus Österreich, Italien und der Schweiz begeistern», wie unser Tester feststellt.
«Star im Ausland»: Cyril Bettschen aus dem «Bareiss» mit Partnerin Katharina Sulzbach.
Aufsteiger: Astrid Lorünser und Oliver Wessiak im Restaurant am Gallusplatz.
Star im Ausland? Ein St. Galler. Ein junger Sankt Galler ist auch GaultMillaus «Star im Ausland», der seit kurzem Küchenchef beim legendären Claus-Peter Lumpp im Drei-Sterne-Restaurant Bareiss in Baiersbronn ist: Der 31-jährige Cyril Bettschen hat seine Lehre im Hotel Säntispark gemacht und ist nach Stationen in Dubai oder dem Ausbildungs-Programm «Uccelin» von Andreas Caminada im Schwarzwald gelandet. Seit dem Jahr 2020 kocht Bettschen an der Seite von Claus-Peter Lumpp und es ist nicht auszuschliessen, dass der talentierte junge Mann noch länger in der kleinen Küche des «Bareiss» anzutreffen sein wird.
Das GaultMillau-Urteil. Der beste St. Galler-Koch arbeitet in Bad Ragaz: Sven Wassmer, 18 Punkte und drei Sterne im «Memories», Grand Resort Bad Ragaz. Dass in der Stadt St. Gallen wenig Bewegung in der Gastronomie zu verzeichnen ist, kann als Ausdruck von Konstanz gesehen werden oder aber als Zeichen fehlender Innovation. Neben den zahlreich vorhandenen gutbürgerlichen Adressen mit zuverlässiger Küche wie die Wirtschaft zur alten Post (14 Punkte) oder das ausgezeichnete und durchaus modern wirkende «Corso» (16 Punkte) sowie einiger innovativer Lokale mit dem Label «GaultMillau POP», haben es Restaurants mit zeitgemässen Konzepten und einer Küche mit gewissem Anspruch aber eher schwer. Und auch die Idee der Gebrüder Geisser im «Soleil d’Or» überzeugt noch nicht restlos. Es wird interessant zu beobachten sein, ob die Ausdauer der beiden Betreiber und der Zuspruch der Gäste ausreichend ist für das langfristige Bestehen des Restaurants.
Fotos: Fabienne Bühler, Thomas Buchwalder, Marcus Gyger, Salvatore Vinci, HO