Fine Dining? Wenn ich in der Schweiz auf hohem Niveau essen möchte, gehe ich ins Restaurant Jakob in Rapperswil. Dort kriege ich keine Produkte, die ich widersinnig finden würde. Stattdessen arbeiten sie mit lokalen Produzenten und betreiben eine eigenständige Schweizer Küche – eine Meisterleistung auf diesem Niveau! Im «Jakob» ist dieser Kochstil kein Modeding, sondern eine Überzeugung. Wenn sie so fortfahren, erschaffen sie etwas, das bisher noch niemand erreicht hat. Andere grosse Köche halten sich vielleicht an dieselben Prinzipien für einzelne Teller im Menü – aber nie mit dieser Konsequenz. Markus Burkhard muss keine Produkte mit Statussymbol wie Kaisergranat oder Jakobsmuscheln auf den Teller schmeissen, um hohe Küche zu betreiben. Erstaunlich wie langsam sich die hiesige Szene diesbezüglich ändert. Andere Top-Restaurants auf der Welt können ja auch auf solche Produkte verzichten und Kritiker sowie Gäste gleichermassen begeistern.

Gebeizte Felche mit Crème Fraiche, Kapuzinerkresse, Gin-Wacholder-Gurken und Gurkensaft im Restaurant Jakob in Rapperswil

Ein Paukenschlag im «Jakob»: Gebeizte Felche mit Kapuzinerkresse und Gin-Wacholder-Gurken.

Restaurant Jakob in Rapperswil

Das Restaurant in Rapperswil beeindruckt mit beispielloser Nachhaltigkeit und Küche auf hohem Niveau.

Rückzugsort? An einem Samstag- oder Sonntagmittag in der «Kronenhalle» zu sitzen – das verstehe ich unter Luxus. Im Gegensatz zu den ansonsten eher engen Platzverhältnissen in Zürich, schätze ich die Grosszügigkeit der Brasserie und das helle Ambiente. Besonders über Mittag, da weniger Gäste kommen wie abends. Zu den soliden Klassikern auf der Karte gehören Matjeshering mit Crème fraîche oder Kalbsleber mit Zwiebeln und Rösti. Das Lokal erscheint zeitgemässer, als viele Restaurants, die modern wirken wollen. Oft kopieren diese nur ein Design, das bereits sonst irgendwo auf der Welt existiert. Wenige haben den Mut, etwas Eigenständiges zu kreieren. Ich mag Restaurants mit Charakter und Geschichte.

 

Nostalgie-Faktor? Als Kind ging ich früher oft mit meiner Familie ins Restaurant Guhwilmühle in Hofstetten in Elgg ZH. Eine sehr urchige Beiz, wo immer eine schöne Stimmung herrscht. Sie verfügen über eine gemütliche Wirtsstube, aber auch einen Saal für grosse Gruppen. Dort gibts frische Forellen direkt aus dem eigenen Teich sowie – früher zumindest – einen sehr guten Schwartenmagen. Und bei schönem Wetter: Fleisch vom Wasserrad angetriebenen Grillspiess. Alles hausgemacht. Leider schaffe ich es zu selten dorthin.

 

Lieblingsbeiz? Was ich im «Gamper» pflege, macht die «Vereinigung» bereits seit Jahren. Ganz wichtig: Es stecken dieselben Leute dahinter, die auch im Restaurant arbeiten. Du kannst spontan hingehen und findest einen Platz – Reservationen nehmen sie keine an. Falls es keinen Platz hätte, trinkst du halt zuerst etwas an der Bar. Die Menükarte ändert ständig, aber die Küche verwendet immer Produkte von anständigen Produzenten. Und auch die Weinauswahl stimmt. Manchmal sind die Gerichte raffinierter, manchmal weniger – darauf kommt es nicht wirklich an. Dort gehst du nicht hin, um etwas zu entdecken. Sondern aufgrund des sehr guten, unkomplizierten Essens und der freundlichen Gastgeber. Ein einfaches Restaurant, das du gerne an jeder dritten Ecke hättest – ohne Poulet aus Brasilien oder Avocado-Salat auf der Karte. Solche Lokale gibt es in Zürich zu wenig!

Restaurant Vereinigung in Zürich Wiedikon

Falls es noch keinen freien Tisch hätte, kannst du an der Bar die Wartezeit überbrücken.

Restaurant Vereinigung in Zürich Wiedikon

Simpel und sehr gut: Kürbisgratin mit gebratenen Pilzen und Krautstiel-Pizokel.

Ausflugstipp? Um kurz aus dem Zürich-Groove auszubrechen, gehst du am besten nach Mailand. Du kannst am Morgen in den Zug steigen und wärst am Mittag bereits im Restaurant «Alla Collina Pistoiese». Ein typisch italienisches Restaurant, wo Kellner noch einen gewissen Stolz besitzen. Ausserdem vermittelt es dir wie die «Kronenhalle» ein Gefühl von Erhabenheit – sowas bewundere ich. Sie kochen Klassiker der toskanischen Küche. Aber auch Puntarelle mit Sardellen oder ein erstklassiges Risotto. Danach drehst du eine Runde um den Dom, trinkst einen Wermut in der Bar Basso und gehst wieder zurück nach Zürich.

 

>> Marius Frehner ist Inhaber und Küchenchef im Restaurant Gamper. Seine Lehre absolvierte er bei David Martinez Salvany im «Greulich». Danach folgten Lehr- und Wanderjahre in Katalonien: eine Stage im weltberühmten «El Celler de Can Roca» sowie zwei Jahre im dreifach besternten «Àbac» in Barcelona. Zurück in Zürich eröffnete Frehner als Küchenchef das «Tinto» und unterstützte danach seinen ehemaligen Lehrmeister im «Clouds» als Sous-Chef. Nach «Gamper» und «Gamper Bar» steht nun am 3. Dezember die dritte Eröffnung als Mitinhaber an: Mit Kaspar Fenkart (Sport Bar, Central Bar) übernimmt er die Leitung der neuen Bar «Wermut» im Riffraff. Simple Gerichte nach dem Vorbild spanischer Tapas sollen neben dem Weinaperitif auf der Karte stehen. Die grosse Eröffnungsparty folgt am 19. Januar.