Trend #1: Der hybride Gast

Der klassische «Sternefresser» hat ausgedient. Ein echter Foodie besucht nicht ausschliesslich die besten Chefs im Land (und auf der Welt), er ist hybrid. Er bemüht sich an exklusiven Adressen zwar Wochen im Voraus tapfer um einen Tisch. Aber er besucht auch seine Lieblings-Landbeiz, seinen «Italiener». Und er ist neugierig, was sich in der urbanen Szene gerade so tut. «Smash Burger» ist für ihn kein Fremdwort.

Trend #2: Das Fleischkäse-Comeback

Nichts gegen Hummer, Tuna, Wagyu und Kaviar. Aber mit einem herausragenden Fleischkäse, mit wunderbaren, allenfalls etwas ungesunden Würsten oder einem knusprig-saftigen (Schweizer) Poulet kann man Foodies ebenfalls glücklich machen; mich übrigens auch. Diesen Trend «back to the roots» können wir beim GaultMillau-Channel messen: Geschichten über exzellenten Fleischkäse und die besten Wiener Schnitzel werden geklickt wie wild. Gilt auch für das Comeback der Crêpe Suzette.

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Teamwork! Patrick Mahler (Park Hotel Vitznau) schickt seine jungen Köche raus zu den Gästen. 

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So tickt «Green Chef» Nicolas Darnauguilhem: Er hat einen Gärtner in seiner Brigade.

Trend #3: Der Koch ist auch Kellner

Ist es Ihnen auch schon aufgefallen? In immer mehr Restaurants ist der Koch auch mal Kellner. Bei Patrick Mahler im «Park Hotel Vitznau» bringt jeder junge Koch ein Amuse-bouche stolz an den Tisch, stellt sich und das Gericht kurz vor. Wirkt sympathisch und passt auch besser zum Berufsbild: Die jungen Köche sind selbstbewusster und sprachgewandter als die frühere Generation. Die Formel «ein Koch mehr, ein Kellner weniger» ist auch die Antwort auf den Fachkräftemangel in der Branche. Nicolas Darnauguilhem, GaultMillaus «Green Chef of the Year» in Cerniat FR, wendet für seine «Pinte des Mossettes» eine ganz besondere Formel an: Ein Chef weniger, dafür einen Gärtner in der Brigade. Weil ein grüner Daumen bei seinem Konzept so wichtig ist.

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So geht das jetzt in Crissier: Fünf-Tage-Woche für Chef Franck Giovannini, Vier-Tage-Woche für seine jungen Mitarbeiter.

Trend #4: Die Mitarbeitenden werden verwöhnt

Trend des Jahres? Der Umgang mit dem Team ist sorgsamer, denn Hoteliers und Restaurantchefs wissen: Nur wer seinen Mitarbeitenden etwas bietet, kriegt überhaupt noch welche. Heisst: Die Ruhezeiten werden in Spitzenhäusern peinlichst eingehalten. Rüder Umgangston ist verpönt. Wer Talent hat und Gas gibt, kriegt seine Chance; ich habe noch nie so viele Frauen am Herd angetroffen wie dieses Jahr. «Musterknaben» der Branche? Tanja Grandits will ihr «Stucki» umbauen, damit ihre Mitarbeitenden bessere Bedingungen haben. In St. Moritz haben «Badrutt’s Palace» und «Kulm» Millionen in neue Personalwohnungen investiert. Franck Giovanninis weltberühmtes «Hôtel de Ville» in Crissier VD ist zwar an fünf Tagen geöffnet. Aber seine jungen Köche arbeiten nur an vier Tagen und haben regelmässig ein langes Wochenende garantiert. Kann sich nicht jeder Betrieb leisten, ist aber ein Schritt in die richtige Richtung.

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Der Patissier ist ein Star: Damiàn Carini, Bürgenstock Resort.

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Der Patissier ist ein Star: Titouan Claudet, «The Woodward» Genf.

Trend #5: «Mein Pâtissier ist ein Star»

Der Pâtissier, das unbekannte Wesen? Das war mal! Heute sind die Pâtissiers nach dem Küchenchef die heimlichen Stars in der Brigade. Sie haben ihren Marktwert (und ihr Gehalt) in den letzten Jahren markant gesteigert. Einer wie Damián Carini auf dem Bürgenstock, GaultMillaus «Pâtissier des Jahres 2024» leitet im Resort ein sechsköpfiges Dessertteam und hat immer einen steilen Auftritt: An der «Konferenz für den Frieden», bei Food Festivals und am Osterbrunch. Titouan Claudet, der Preisträger 2025, ist auch auf Instagram ein Star und führt für «The Woodward» in Genf zusätzlich eine Boutique. Wir sind auf der Suche nach dem «Pâtissier des Jahres 2026». Die Watchlist wird immer länger, immer mehr Chefs setzen sich bei uns für ihre Dessert-Akrobaten ein.

Trend #6: Ein Restaurant ist kein Restaurant!

Der Trend ist vor allen bei ausländischen Luxushotels nicht zu übersehen: Der zahlungskräftige Gast (USA, Middle East) will mehr als nur ein Restaurant im Haus. Kann man auch in der Schweiz beobachten: Das «Badrutt’s Palace» in St. Moritz bietet im Winter elf (!) Restaurants an, darunter ein «Matsuhisa». Nachbar «Kulm» setzt auf Weltstar Mauro Colagreco und lässt gerade Claudia Canessa mit ihrer Peru-Küche durchstarten. Heiko Nieder, Culinary Director im «Dolder Grand» Zürich, ist gleich mit vier Restaurants im GaultMillau vertreten. Im «Trois Rois» Basel wird Ende Sommer ein spektakuläres, drittes Restaurant eröffnet. Ein Trend, der sich auch in der hart umkämpften Kreuzfahrt-Szene bemerkbar macht. Den guten alten Speisesaal gibt’s nur noch in der TV-Serie «Das Traumschiff». Heute sind Spezialitäten-Restaurants gefragt, im halben oder ganzen Dutzend.

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Dolder-Frühstück: Armer Ritter, by Heiko Nieder. 

Gipfeli im The Dolder Grand

Dolder-Frühstück: Gipfeli, frisch aus dem Ofen.

Omelette mit Schnittlauch und Oscietra Kaviar by Heiko Nieder

Dolder-Frühstück: Heikos Omelette mit Schnittlauch & Oscietra Kaviar.

Trend # 7: Frühstücksbuffet? 100% reloaded!

Keiner spricht vom Hotel-Frühstück, aber da ist gerade der Teufel los: Die Fünfsterne-Hotels im Ausland bauen ihr Angebot aus, keine Wünsche bleiben offen. Verschiedene Life-Cooking-Stations sind Standard. Beim «Egg Man» entscheidet der Gast, wie «baveuse» er seine Omelette möchte, Milch gibt es, wie vom Zeitgeist gefordert, in allen Varianten. Jeder kriegt, was er will: Asia Buffet. Middle East Buffet. Kids Buffet. Früchte aus der ersten Liga. Und aus der Küche kommen laufend Tablets mit Gipfeli oder Pain au chocolat frisch aus dem Ofen. Nur mit dem Brot tun sich die Fünfsterne-Hotels im Ausland schwer; Schweizer Bäcker sind besser. Top-Frühstücksangebote in der Schweiz: «The Dolder Grand», Zürich. «The Alpina» Gstaad. «Kempinski» St. Moritz. «Lenkerhof» an der Lenk. Noch gibt es in einigen Fünfsterne-Hotels Rühreier aus einem grossen Topf. Ein No-Go.

Eigenbrötler Dani Amrein

Seine Brote sind Kult: «Eigenbrötler» Dani Amrein, der Bäcker der Chefs.

Trend #8: Die Hommage an den Bäcker

Was wird im «Park Hotel» Vitznau nach Masu Lachs, Chawanmushi und Rindstatar mit Entenleber-Eis feierlich serviert? Brot. Sauerteigbrot, um genau zu sein, mit Belper Knolle, Süssrahm-Butter und Frischkäse. 18-Punktechef Patrick Mahler ist so stolz auf das Holzofen-Produkt von «Eigenbrötler» Dani Amrein aus Egolzwil LU, dass er ihm seit Jahren einen eigenen Gang widmet! Kein Einzelfall: In Basel hat «Bread Love» von Christian Aeby einen grossen Auftritt, in Zürich liefern sich die besten Bäcker (John Baker, Collective Bakery, Tsugi, Seri Wada) eine echte Battle. Und: Viele Köche backen ihr Brot mit Begeisterung selbst. Den Stellenwert eines echt guten Brots kann man auch jedes Jahr an der GaultMillau Garden Party beobachten: Bei Dani Amrein stehen die Gäste Schlange!

Dani und Martha Gantenbein

Exportieren auch ins Ausland: Dani und Martha Gantenbein. 

Martin Donatsch

Exportiert auch ins Ausland: Martin Donatsch.

Trend #9: Endlich Applaus für den Schweizer Wein!

Bei aller Liebe zu Bordeaux und Burgund: Endlich gibt es auch den wohlverdienten Applaus für die besten Schweizer Winzer! Die Fortschritte in allen sieben Regionen sind enorm, eine neue, hervorragend ausgebildete Generation übernimmt mit dem nötigen Respekt vor den Erfahrungen ihrer Eltern das Weingut der Familie. Die Besten haben internationale Klasse. Dass sie international eine kleine Rolle spielen, liegt nicht an der Qualität, sondern an der beschränkten Menge. Nur die Pioniere Martha und Daniel Gantenbein und jetzt auch Martin Donatsch verkaufen einen markanten Teil ihrer Produktion gezielt ins Ausland.

Trend #10: Gute Chefs sind auch gute Ausbildner

Wer in den letzten Jahren bei GaultMillau und Michelin in höhere Sphären aufgestiegen ist, hat in den meisten Fällen ein paar harte Jahre im Dienste eines Spitzenkochs hinter sich. Wir finden: Ein guter Chef muss auch ein guter Ausbildner sein! Drei Beispiele: Andreas Caminada entdeckte und förderte viele junge Köche. Beispielsweise Silvio Germann, «Koch des Jahres 2024». Bei Franck Giovannini haben zwei trainiert, die ganz nach oben wollen: Benoît Carcenat (Rougemont) VD und Jérémy Desbraux (Le Noirmont JU). Tanja Grandits arbeitet am liebsten mit blutjungen Talenten; nach ein paar Jahren sind sie reif für höhere Aufgaben, wie «Entdeckung des Jahres» André Kneubühler in Zermatt.