Text: Kathia Baltisberger Fotos: Lucian Hunziker

Vorsicht! Marcel Heinrich-Tschalèr streift durch die Kartoffelfelder. Die lilaschaligen Uetendorfer stehen gerade in voller Blüte. Insgesamt 45 Sorten pflanzt Kartoffel-Bauer Heinrich auf seinem Bio-Hof «Las Sorts» im Albulatal an, 43 davon sind alte Sorten: King Edward, blauschalige Bristen, weisse Lötschentaler. «Im Moment muss man ganz vorsichtig durchs Feld laufen und Acht geben, dass man nichts umknickt», erklärt der 46-Jährige. Eine umgeknickte Pflanze bedeutet viel Angriffsfläche für Pilze. «Ist eine befallen, steckt sie die anderen an.» Bislang ist nichts passiert, vereinzelte Pflanzen haben Virenbefall. Doch das hat Heinrich im Griff. Sein Blick schweift über die Felder, wächst etwas nicht wie es sollte, sieht er das von Weitem. Das Kartoffel-Jahr 2018 verläuft bislang problemlos. «Der Frühling war perfekt! Wir hatten nie Frost, seit wir gesät haben.»

Bergkartoffeln von Marcel Heinrich Albulatal

Die Natur legt dem Kartoffelbauern immer wieder Steine in den Weg.

Steiniger Weg. Seit rund 15 Jahren produziert der Bündner die Bergkartoffeln. So mühelos wie dieses Jahr war das Business vor allem in den Anfangsphasen nicht immer. Der Mehrwert der Kartoffeln wurde in der Gastronomie nicht erkannt, die Vermarktung war schwierig. Hinzu kam immer wieder das Klima. «Die Kartoffeln sind sehr schnell gestresst. Hitze, Kälte, kein Wasser, zu viel Wasser oder eine Horde Hirsche, die durch das Feld rennt, das mögen die Kartoffeln nicht. Deshalb müssen wir so gut es geht vorbeugen, was wiederum mit einem überdurchschnittlichen Aufwand verbunden ist.» Die Kartoffeln verlangen einem alles ab. «Wenn es nachts stürmt, dann musst du halt um 2 Uhr aufstehen und die Felder wieder zudecken.» Der Vergleich, Heinrich behandle seine Kartoffeln wie seine Kinder, will er so nicht gelten lassen. Dennoch findet seine Frau Sabina, dass er manchmal übertreibt. «Einmal kam ich nach Hause, da zitierte sie mich ins Haus, ich solle zuerst hier Hallo sagen, bevor ich zu den Kartoffeln gehe», plaudert Heinrich aus dem Nähkästchen. «Ich kann halt nicht ohne meine Kartoffeln sein.»

Bergkartoffeln von Marcel Heinrich Albulatal

Das wird nichts: Diese Kartoffel ist von einem Virus befallen.

Bergkartoffeln von Marcel Heinrich Albulatal

Projekt Bergkartoffeln: Mit diesem Plan behält Heinrich die Übersicht über seine Felder.

Begeisterte Chefs. Heute hat sich das mit der Wertschätzung massiv verändert. Die Albula-Bergkartoffeln sind mittlerweile eines der beliebtesten Produkte der Starchefs: Andreas Caminada («Schloss Schauenstein»), Fabian Fuchs («EquiTable»), Markus Burkhard («Jakob») oder Heiko Nieder («The Restaurant») sind nur einige, bei denen die Kartoffeln fester Bestandteil auf der Karte sind. Denn der Geschmack ist einfach intensiver als bei normalen Sorten. Grund dafür sind die mineralischen Böden und das intensivere UV-Licht. «Der vermeintliche Standort-Nachteil kann auch ein Vorteil sein», sagt Heinrich. Denn die gleichen Sorten im Unterland anbauen, das ist nicht möglich. «Man bringt den Geschmack nicht so hin wie hier oben.» 

Spezialwünsche. Momentan gibts nur noch ein paar schrumplige Überbleibsel von der letzten Saison. Mit der Ernte geht es dann Ende August, anfangs September los. 70 bis 80 Tonnen Kartoffeln werden im Albulatal geerntet. Parli, Röseler, Corne de Gatte. Marcel Heinrich versucht, die Spezialwünsche der Chefs so gut wie möglich zu erfüllen. «Andreas Caminada will zum Beispiel immer extrem kleine Kartoffeln.» Für den Vertrieb und die Feinverteilung der Kartoffeln ist übrigens der ehemalige Spitzenchef Freddy Christandl zuständig. Doch trotz der Zusammenarbeit hat Heinrich die Produktionskette gerne selbst im Griff. «Ich will immer wissen, wo meine Kartoffeln hingehen.» Was nicht verkauft werden kann bleibt auf dem Hof. Und welches Kartoffelgericht mag der Bündner am liebsten? Ist ja klar: «Maluns magi u gera.»

 

www.bergkartoffeln.ch

www.lasorts.ch

>> Die Bergkartoffeln sind bei Jelmoli erhältlich.