The Dolder Grand
Ein Abend bei Heiko Nieder im mondänen «The Restaurant» läuft in der Regel unter dem Titel «Rituale und Überraschungen». Das beginnt mit liebgewonnen Konstanten wie dem Apéro-Reigen – ein halbes Dutzend Kleinigkeiten, die wie auf einer Grossleinwand das ganze Spektrum an Aromen, Konsistenzen, Texturen und Temperaturen abdecken. Vom warmen Dampfbrot mit Trüffel über den knackig-säuerlichen Rettich bis zur jodig-würzigen Nori-Rolle, gefüllt mit Eiersalat und Senf. Auf den bunten Apéro-Reigen folgt eine Art Wachmacher für den Gaumen: Im Glas liegen Stücke einer pochierten Gillardeau-Auster, dazu knackige Brunoise von Peperoni und Gurke sowie die frischen Aromen von Peperonisaft, mit grünem Tabasco gewürzt. Das Spiel von jodigen, grasigen und leicht scharfen Nuancen geht über in ein kleines Gericht, das als Kontrast zur vorangehenden Kombination eher cremig und Umami-lastig wirkt. Der in Würfel geschnittene Balfegó-Thunfisch wird mit Eigelb, Miso und Wasabi mariniert – das sorgt für Kraft und Würze. Heiko Nieder ist ein Meister der Menü-Dramaturgie: Die Abfolge der Speisen ist wohl durchdacht, die einzelnen Gerichte werden in viel Feinarbeit geschmacklich in der Waage gehalten. So liegen die rohen, sehr frischen Scheiben vom Hiramasa-Kingfish auf dünnen Scheiben von Rettich und Apfel, dazu gibt es Oscietra- Kaviar und eine Sauce auf Molkenbasis, die mit Wasserkresse-Öl «gesplittet» wurde, wie das junge und jung gebliebene Köche nennen. In Kombination ergibt das jodig-salzige, aber auch fruchtige Nuancen mit leichter Säure und angenehmer Harmonie. Seine kulinarische Handschrift hat der 1972 geborene Culinary Director des Hauses längst gefunden, aber er erstaunt auch Stammgäste immer wieder mit neuen oder weiterentwickelten Ideen. Etwa mit dem sanft gegarten schwarzen Seehecht, dessen festes, weisses Fleisch eine Nocke Gänseleberglace trägt. Darunter liegen Würfel von kandierter Cedro-Zitrone und eine mit Yuzu und Miso gewürzte Beurre blanc, deren Zitrus-Umami-Noten das zarte Fischaroma mit der kühlen, süss-herben Fettigkeit der Foie gras perfekt verbinden. Die fürsorglich vorgeschnittenen Stücke vom bretonischen Hummer setzt das «Team Heiko» in einen Ring aus Curry-Mayonnaise, Curry-Öl, Dill, Blütenblätter und kleinen Blumenkohlstücken, die eine würzige, aber nicht zu aufdringliche Basis legen, auf welcher der süss-herbe Geschmack des Krustentiers ideal zur Geltung kommt. Den nächsten Gang könnte man profan als «Suppe mit Einlage» bezeichnen, aber dieser «Nieder»-Klassiker ist viel mehr und genial gut: Norwegischer Kaisergranat, präzis gebraten, liegt in einer würzigen, süss-scharfen Essenz auf der Basis eines Krustentierfonds, der durch das Abschmecken mit Ingwer, Chili, Thai-Basilikum und Limettensaft gerade so viel Säure und Schärfe erhält, damit das Gericht auch bei konservativeren Gästen Begeisterung auslöst. Überhaupt ist der Umgang mit teilweise schwierigen Aromastoffen und -komponenten eine herausragende Fähigkeit Heiko Nieders: Auch wenn er auf seinen Reisen durch die Fantasiewelten des Geschmacks Wagnisse eingeht, verliert er kaum je das Gleichgewicht. Auch nicht bei der mit Kalbsfarce und -innereien gefüllten Riesenmorchel, die auf einem eher mild gewürzten Salat aus Kalbskopf und -haxe, Erbsen und Kerbel liegt sowie mit Erbsenschaum und Kalbsjus aromatisiert wird. Aufs Wesentliche reduziert ist der grillierte Rinderrücken mit einer Salat-Kräuter-Spargel-Rolle und einem Jus, der mit roter Mojo auf der Basis roter Peperoni gewürzt ist.
Die Desserts sind bildschöne Abbilder des Sommers: Pochierte und zum Sorbet verarbeitete Aprikosen gibt es mit Stücken eines Getreideriegels, dazu die angenehme Frische von Kakaofruchtsaft und die homöopathisch dosierte Würze von Yuzu-Pfeffer. Nach der Kombination aus Walderdbeeren, Basilikum und Amazake (fermentierter Reis) folgen als abschliessendes Ritual fünf süsse Kleinigkeiten und die Erkenntnis, dass Heiko Nieder auch nach 18 Jahren im «The Restaurant» immer noch die Kraft hat, zu überraschen, ohne auf seine Klassiker zu verzichten. An der Front setzt Chef Heiko seit Jahren auf Frauenpower: Katharina Sarrot ist eine erstklassige Sommelière, Evelyn Igl leitet souverän und mit bewundernswerter Gelassenheit den Service. Sie ist Teil des Erfolgs und GaultMillaus «Gastgeberin des Jahres».


Ein Abend bei Heiko Nieder im mondänen «The Restaurant» läuft in der Regel unter dem Titel «Rituale und Überraschungen». Das beginnt mit liebgewonnen Konstanten wie dem Apéro-Reigen – ein halbes Dutzend Kleinigkeiten, die wie auf einer Grossleinwand das ganze Spektrum an Aromen, Konsistenzen, Texturen und Temperaturen abdecken. Vom warmen Dampfbrot mit Trüffel über den knackig-säuerlichen Rettich bis zur jodig-würzigen Nori-Rolle, gefüllt mit Eiersalat und Senf. Auf den bunten Apéro-Reigen folgt eine Art Wachmacher für den Gaumen: Im Glas liegen Stücke einer pochierten Gillardeau-Auster, dazu knackige Brunoise von Peperoni und Gurke sowie die frischen Aromen von Peperonisaft, mit grünem Tabasco gewürzt. Das Spiel von jodigen, grasigen und leicht scharfen Nuancen geht über in ein kleines Gericht, das als Kontrast zur vorangehenden Kombination eher cremig und Umami-lastig wirkt. Der in Würfel geschnittene Balfegó-Thunfisch wird mit Eigelb, Miso und Wasabi mariniert – das sorgt für Kraft und Würze. Heiko Nieder ist ein Meister der Menü-Dramaturgie: Die Abfolge der Speisen ist wohl durchdacht, die einzelnen Gerichte werden in viel Feinarbeit geschmacklich in der Waage gehalten. So liegen die rohen, sehr frischen Scheiben vom Hiramasa-Kingfish auf dünnen Scheiben von Rettich und Apfel, dazu gibt es Oscietra- Kaviar und eine Sauce auf Molkenbasis, die mit Wasserkresse-Öl «gesplittet» wurde, wie das junge und jung gebliebene Köche nennen. In Kombination ergibt das jodig-salzige, aber auch fruchtige Nuancen mit leichter Säure und angenehmer Harmonie. Seine kulinarische Handschrift hat der 1972 geborene Culinary Director des Hauses längst gefunden, aber er erstaunt auch Stammgäste immer wieder mit neuen oder weiterentwickelten Ideen. Etwa mit dem sanft gegarten schwarzen Seehecht, dessen festes, weisses Fleisch eine Nocke Gänseleberglace trägt. Darunter liegen Würfel von kandierter Cedro-Zitrone und eine mit Yuzu und Miso gewürzte Beurre blanc, deren Zitrus-Umami-Noten das zarte Fischaroma mit der kühlen, süss-herben Fettigkeit der Foie gras perfekt verbinden. Die fürsorglich vorgeschnittenen Stücke vom bretonischen Hummer setzt das «Team Heiko» in einen Ring aus Curry-Mayonnaise, Curry-Öl, Dill, Blütenblätter und kleinen Blumenkohlstücken, die eine würzige, aber nicht zu aufdringliche Basis legen, auf welcher der süss-herbe Geschmack des Krustentiers ideal zur Geltung kommt. Den nächsten Gang könnte man profan als «Suppe mit Einlage» bezeichnen, aber dieser «Nieder»-Klassiker ist viel mehr und genial gut: Norwegischer Kaisergranat, präzis gebraten, liegt in einer würzigen, süss-scharfen Essenz auf der Basis eines Krustentierfonds, der durch das Abschmecken mit Ingwer, Chili, Thai-Basilikum und Limettensaft gerade so viel Säure und Schärfe erhält, damit das Gericht auch bei konservativeren Gästen Begeisterung auslöst. Überhaupt ist der Umgang mit teilweise schwierigen Aromastoffen und -komponenten eine herausragende Fähigkeit Heiko Nieders: Auch wenn er auf seinen Reisen durch die Fantasiewelten des Geschmacks Wagnisse eingeht, verliert er kaum je das Gleichgewicht. Auch nicht bei der mit Kalbsfarce und -innereien gefüllten Riesenmorchel, die auf einem eher mild gewürzten Salat aus Kalbskopf und -haxe, Erbsen und Kerbel liegt sowie mit Erbsenschaum und Kalbsjus aromatisiert wird. Aufs Wesentliche reduziert ist der grillierte Rinderrücken mit einer Salat-Kräuter-Spargel-Rolle und einem Jus, der mit roter Mojo auf der Basis roter Peperoni gewürzt ist.
Die Desserts sind bildschöne Abbilder des Sommers: Pochierte und zum Sorbet verarbeitete Aprikosen gibt es mit Stücken eines Getreideriegels, dazu die angenehme Frische von Kakaofruchtsaft und die homöopathisch dosierte Würze von Yuzu-Pfeffer. Nach der Kombination aus Walderdbeeren, Basilikum und Amazake (fermentierter Reis) folgen als abschliessendes Ritual fünf süsse Kleinigkeiten und die Erkenntnis, dass Heiko Nieder auch nach 18 Jahren im «The Restaurant» immer noch die Kraft hat, zu überraschen, ohne auf seine Klassiker zu verzichten. An der Front setzt Chef Heiko seit Jahren auf Frauenpower: Katharina Sarrot ist eine erstklassige Sommelière, Evelyn Igl leitet souverän und mit bewundernswerter Gelassenheit den Service. Sie ist Teil des Erfolgs und GaultMillaus «Gastgeberin des Jahres».