Text: David Schnapp

«Cooles Gefühl» Kurzbesuch bei Stefan Heilemann, drei Tage nachdem der sympathische Deutsche im Stadthotel Widder in Zürich zum Koch des Jahres 2021 gekürt wurde: «Wer hätte das noch im April gedacht?», sagt der sichtlich freudig bewegte Küchenchef. Im Frühjahr hatte die Karriere des 37-Jährigen eine abrupte Unterbrechung erfahren, als das Hotel Atlantis by Giardino geschlossen wurde. Ein paar Monate später folgte der Wechsel ins Stadtzentrum: Heilemanns komplettes Team wurde von der Living Circle Gruppe übernommen, zu der das Widder Hotel gehört. Und schliesslich noch die höchste Auszeichnung in der Schweizer Gastronomie. «Es ist schon ein cooles Gefühl, wenn man auf diese Weise die Bestätigung bekommt für alles, was man gemacht hat», fasst Heilemann sein verrücktes Jahr zusammen.

 

Neuer Dienstwagen. Zu den schönen Seiten der Auszeichnung gehört auch ein neuer Dienstwagen. Der Koch des Jahres fährt BMW, und Stefan Heilemann hat sich bereits einen M135i xDrive ausgesucht, der in den nächsten Tagen im BMW Brand Experience Center in Dielsdorf konfiguriert werden soll – ausführliche Testfahrt inbegriffen. «Eine Lackierung in grau metallic fände ich sehr schön», sagt er. Den «Einser» hat der Küchenchef gezielt gewählt. Ein grosses Auto sei nichts für ihn, «ich bin Kompaktwagen-Fan», so Heilemann.

Stefan Heilemann 2020

Erst Schliessung des Restaurants, dann Koch des Jahres: Stefan Heilemann.

Ohne Druck. Vieles wird anders als Koch des Jahres, aber zusätzlichen Druck verspürt Stefan Heilemann nicht – im Gegenteil. «Natürlich müssen wir konstant gut kochen, aber wir können auch mehr wagen. Wenn ich heute Stammgästen knusprige Schweinsohren serviere, wird das kaum in Frage gestellt. Die Haltung der Gäste ist dann eher, ‹der wird schon wissen, was er macht›.» Überhaupt sind die Stammgäste ein sicherer Wert für Stefan Heilemann: Rund 1000 Whatsapp-Nachrichten von Kunden und Kollegen hat er seit Montag bekommen, 300 zusätzliche Reservationen wurden bereits verbucht.

 

Glückwünsche aus Basel. Auch Stefan Heilemanns Vorgängerin ist begeistert über den neuen Koch des Jahres: «Stefan ist ein angenehmer Mensch, der sich bei allem Ehrgeiz selber nicht zu wichtig nimmt», sagt Tanja Grandits. Die beiden Starchefs haben eine gemeinsame Heimat im süddeutschen Schwabenland und waren beide auch in der legendären «Schwarzwaldstube» in Baiersbronn tätig. «Das ist eine Lebensschule, auch wenn ich als Lehrling da war, und Stefan später bei Harald Wohlfahrt gearbeitet hat, und davon wohl in seinem Kochstil stärker geprägt wurde als ich», sagt die 19-Punkte-Köchin. Auch wenn die Gerichte der beiden aus verschiedenen kulinarischen Universen zu stammen scheinen, gefällt der «Stucki»-Chefin, wie ihr Kollege «aus dem Vollen schöpft. Immer wenn ich ein Gericht von ihm sehe, weiss ich, dass mir das schmecken würde», sagt Tanja Grandits.

Tanja Grandits

«Ein Koch, der sich selber nicht zu wichtig nimmt»:Tanja Grandits über Stefan Heilemann.

Christian Kuchler

«Wir setzen beide kompromisslos auf die beste Qualität»: Christian Kuchler.

«Ein feiner Typ» Kaum jemand kennt den Koch und Menschen Stefan Heilemann besser als sein Kollege aus dem «Schäfli» in Wigoltingen TG, Christian Kuchler. Die beiden sind freundschaftlich verbunden, Heilemann ist der Götti von Kuchlers Tochter Lara und beide haben die gleiche Auffassung, was gute Küche ausmacht. «Wir gehören nicht zu denen, die frühmorgens im Wald Kräuter pflücken, sondern setzen kompromisslos auf die Qualität der besten erhältlichen Produkte», fasst Christian Kuchler den Kern seiner Kochphilosophie zusammen, die er auch bei Stefan Heilemann sieht. Dessen Gerichte sähen zwar fast schon unkompliziert und spontan aus, dahinter stehe aber eine kompromisslose Grundeinstellung. «In seiner Küche ist alles bis ins Detail überlegt und rezeptiert», weiss Kuchler. Und er hält fest: «Stefan ist einfach ein feiner Typ. Er gehört zu jenen Freunden, die einen auch morgens um 4 Uhr irgendwo abholen, wenn es mal nötig ist.»

27.08.2020; Zürich: GM Channel; Portrait von Antonio Colaianni Restaurant Ornellaia; Chefkoch Antonio Colaianni im Restaurant Ornellaia in Zürich. © Valeriano Di Domenico

«Ich bin Fan von Stefans Küche»: Antonio Colaianni.

Heiko Nieder

«Gut für Zürich, gut für uns Köche»: Heiko Nieder.

Hotspot Bahnhofstrasse. Falls er ihn abholen wollen würde, wären es nur ein paar Schritte zu Fuss: Zum neuen Zürcher Fine-Dining-Hotspot an der Bahnhofstrasse gehört seit kurzem auch Antonio Colaianni, der im «Ornellaia» eine neue Aufgabe übernommen hat. Er sei Fan der Küche von Stefan Heilemann sagt der Italo-Berner. «Stefan kann alles: klassische Küche, moderne Küche, er kann mit jedem Fisch und jedem Federvieh etwas anfangen  – das bewundere ich», so Colaianni. Dass mit «Widder», «Ornellaia», «Neue Taverne» oder «Pavillon» eine ganze Reihe guter Restaurants lediglich in Gehdistanz voneinander entfernt sind, sieht Antonio Colaianni nur als Vorteil: «Ich bin überzeugt, dass mehr gute Restaurants an einem Ort auch mehr gute Gäste anziehen.»

 

Zürichs Aufstieg. Ganz ähnlich tönt es oben auf dem Zürichberg, wo Heiko Nieder, Koch des Jahres 2019 im Swiss Deluxe Hotel The Dolder Grand «zu Hause ist». «Als ich vor über zehn Jahren in Zürich angefangen habe, gab es nicht viele sehr gute Restaurant-Adressen. Das hat sich dramatisch geändert, und dass ist gut für die Stadt und gut für uns Köche», sagt Nieder. Er freue sich sehr für seinen jüngeren Kollegen, bei dem er schon ausgezeichnet gegessen habe, sagt Heiko Nieder, bevor der Lunch-Service im ausgebuchten «The Restaurant» losgeht. Stefan Heilemann, soviel steht fest, ist in Zürich angekommen. Er hat die Herzen der Gäste erobert, und die Sympathie seiner Kollegen hat er auch noch.

 

>> Am 13.12.2020 gibt es mittags ein exklusives Trüffelmenü bei Koch des Jahres Stefan Heilemann. Reservation via www.widderhotel.com.

>> Fotos: Thomas Buchwalder, Lucia Hunziker, David Schnapp, Valeriano Di Domenico, Filip Zuan