Text: Urs Heller Fotos: Thomas Buchwalder

Magadino statt Miéral. Mattias Roock ist ein international erprobter Chef und hat seine Perlhühner immer beim berühmtesten Züchter bezogen: Bei der Familie Jean-Claude Miéral in der Bresse (F). Jetzt kocht er im Swiss Deluxe Hotel «Castello del Sole» in Ascona, setzt auf «Farm to table» und hat auch für sein Geflügel eine Alternative vor der Haustüre gefunden: Bauer Claudio Guerra in der Magadino-Ebene. «Die Adresse hat mir der Geflügelzüchterverband vermittelt. Ich bin von der Fleischqualität begeistert. Aber irgendwann sagte ich mir: Die Perlhühner legen doch bestimmt auch Eier.» Bauer Guerra war etwas verwundert über die Anfrage («die Faraona-Eier esse ich sonst selber»), aber er liefert zuverlässig ins Fünfsterne-Resort, 90 Stück pro Woche. Roock schätzt «den höheren Eigelb-Anteil und den crèmigen Geschmack», verwertet sie zu Onsen-Eiern. Die Perlhuhn-Leber verarbeitet er ebenfalls – zu geschmacksintensivem Parfait. Brust und Keule von der «Faraona» gibt es in der «Locanda Barbarossa» im Hauptgang.

Castello del Sole 2020: Raviolo vom Bierschwein –Piora-Alp Rohschinken –Senfsaat –Bergkräuter

Mattias Roocks Meiserwerk: Das gedämpfte Raviolo vom Bierschwein mit Senfsaat und Bergkräutern.

«Dry aged by Rapelli». Auch Rooks Rinder stammen aus dem Tessin, von einer kleinen Herde in Magadino. Der Chef: «Ich will Rinder, die am Knochen abhängen. Mit Übersee-Ware aus dem Vakuumsack kann ich nichts anfangen. Ich bestelle mein Rindfleisch zwei Monate im voraus, lasse es dann bei Rapelli in Stabio abhängen. Dry aged Rind kostet ein paar Franken mehr, aber das muss es uns Köchen und auch dem Gast wert sein.» Ideale Beilagen; Auberginen oder Kürbis und die eigene Polenta von den «Terreni alla Maggia». Tessiner Kalb schafft es im «The Living Circle»-Flaggschiff trotz beschränkter Menge auch auf die Karte: Als Tatar und als Involtino.

 

3500 Schinken auf der Alpe Piora. Mattias Roocks neueste Entdeckung: Schinken und Käse von der Alpe Piora auf 2000 Metern! Der Chef: «Rapelli»-Chef Glauco Martinetti hat mich mitgenommen auf diese Alp. Unglaublich: 250 Milchkühe weiden hier im Freien, 2000 durchnummerierte Alpkäse werden gelagert, und in den alten Melkständen hängen den Sommer über 3500 Schinken!» Das regt die Fantasie an: Roock hat mit Reismehl aus dem eigenen Gutsbetrieb ein Reisravioli entwickelt. Gefüllt wird das asiatisch anmutende Teil mit Bierschwein-Fleisch. Die Tessiner Variante des technisch sehr anspruchsvollen Shanghai-Dumplings!

Pascal Favre & seine «Nera Verzasca». Der 18-Punktechef hat auch für Gitzi eine heisse Quelle: Pascal Favre im Val d’Osura. Der ehemalige Lehrer züchtet die rare Rasse «Nera Verzasca». 60 Ziegen gehen jeden Frühling für 100 Tage auf die Alp. Dieses Jahr war «Lockdown», nicht Gitzi-Time. Aber Roock hat dem Bauern trotzdem ein paar Tiere abgekauft. «Ich kann ihn ja nicht auf seinen Ziegen sitzen lassen», sagt der deutsche Chef Roock, der mit seinen Tessiner Lieferanten ein freundschaftliches Verhältnis pflegt: «In den ersten Jahren musste ich mich per «Siri» und «Google Translator» verständigen. Inzwischen ist mein Italienisch etwas besser geworden.» Chef Mattias ist im Tessin angekommen.

 

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