Andreas Caminada & Marcel Skibba, 19 Punkte (Schloss Schauenstein, Fürstenau GR)

Wenn Caminada und Skibba Spareribs servieren, ist das kein rustikales Grillfest, sondern Präzisionsarbeit im Barbecue-Gewand. Rauchig aus dem Smoker, lackiert mit einer Sauce aus karamellisierten Zwiebeln und Balsamico, flankiert von einer BBQ-Crème und Achiote-Coulis. Das Fleisch ist bereits vom Knochen gelöst, als hätte es dort nie hingehört. Zart genug, um das Messer – und fast auch meine Zähne – überflüssig zu machen. Eine Brunoise aus Kohlrabi, Peperoni, Chili und Rettich sorgt für Knack, Kapuzinerkresse und Chiliöl für einen gezielten Hauch Schärfe. Comfort Food auf höchstem Niveau. Spareribs ab jetzt bitte immer so!

Tanja Grandits

O-Ton Guide GaultMillau 2025: «Tanja Grandits ist eine faszinierende Frau mit mitreissender, eigenständiger Küche und modern-entspanntem Führungsstil.»

Grandits

Dieses Jahr war der Dresscode bei Team Tanja weiss: Jakobsmuschel mit Mandel-Ceviche und Blumenkohl.

Tanja Grandits, 19 Punkte (Stucki, Basel)

Bei Tanja haben die Teller einen Dresscode. Dieses Jahr: Weiss – und so brav, wie es aussieht, schmeckt es definitiv nicht. Die Jakobsmuschel kommt roh und gebraten, Blumenkohl als Püree, Cracker und eingelegt. Mandelmilch-Yuzu dient als Marinade für das Ceviche, während Yuzu-Sake-Gelee, Kornblumen und Korianderblüten punktuell Säure und Würze liefern. Jeder Löffel erzählt eine andere Geschichte – mal nussig, mal jodig, mal frisch-sauer. Reduziert in der Optik, komplex im Geschmack. Typisch Tanja.

Heiko

Filigran und doch geschmacklich unfassbar präzise: Hummer mit Blumenkohl-Curry und Dill.

Heiko Nieder

Zur Ruhe kommt Heiko Nieder nie. Er führt vier Restaurants in den GaultMillau und eröffnet ein Pop-up nach dem anderen.

Heiko Nieder, 19 Punkte (Dolder, The Restaurant, Zürich)

Hummer, der sich im Blumenkohl-Curry sonnt. Der luftig-schaumige Kokosmilch-Sud – inspiriert vom Thai-Klassiker Tom Kha Gai – bringt milde Schärfe, Blumenkohlpüree und -Couscous liefern die Buttrigkeit, gezupfter Dill, Dillöl und Ponzu-Gel setzen Akzente. Säure blitzt auf, verschwindet wieder, macht Platz für cremiges Umami. Filigran und doch geschmacklich so präzise austariert für 500 Gäste bei 30 Grad? Chapeau, Heiko! Er meinte, hier sei es natürlich nicht ganz so raffiniert wie im Restaurant. Ich hätte auch das Gegenteil geglaubt.

Sven Wassmer

Alpen-Kaviar für Svens Alpenküche! Der Oona Alpenkaviar ist eine Exklusivität, ultrafrisch, weniger salzig als üblich.

Sven

Ruhig, stimmig, mutig einfach: «Ultrafrischer Kaviar» auf Schlossere-Merrettich-Mousse, umgeben von einem Meerrettich-Sud aus Rahm und Schnittlauchöl.

Sven Wassmer, 18 Punkte (Grand Resort, Memories, Bad Ragaz SG)

«Ultrafrischer Kaviar» in Kooperation mit Oona aus Frutigen BE – innerhalb von vier Tagen vom Fisch auf den Löffel. Eine Nocke cremig-buttriger, minimal gesalzener Kaviar auf Schlossere-Meerrettich-Mousse – eine alte Sorte aus Herisau mit sehr dezenter Schärfe –, umrahmt von einem Meerrettich-Rahmsud und Schnittlauchöl. Minimalismus, der das Wesentliche leuchten lässt: Der Kaviar schmeckt unmissverständlich nach Ei und hat eine einzigartige Cremigkeit. Das Öl steuert Kräuterfrische bei, der Meerrettich eher Geschmack als Schärfe. Eine ruhige, stimmige und mutig einfache Komposition, die sich in mein Gedächtnis einbrennt.

Marco

Das Gerichte des aktuellen «Koch des Jahres»: Lostallo-Lachs, Erbse und Lardo.

Marco Campanella

Marco, das jüngste Mitglied im «Club des 19», gehört zur «Wir geben alles»-Fraktion: Tagelange Arbeit und Extrameilen bereits fürs kleinste Amuse-bouche.

Marco Campanella, 19 Punkte (Eden Roc, La Brezza, Ascona)

Lachs aus Lostallo, der mehr Wellness erlebt hat als mancher Hotelgast: erst Salzlake, dann Abflämmen, anschliessend ein Bad in geklärter Butter. Dazu Erbsenmiso, Erbsenpüree, frische Erbsen in P.X.-Essig und ein Dashi-Miso-Schaum. Obenauf ein Streifen Lardo – weil etwas mehr Fett schadet selten. Buttrig-zart, mit frischer Schärfe von Kresse, knusprigen Reispuffs und einem Schaum, der Süsse und Säure elegant austariert. Tiefgang ohne Schwere, wie es sich für den aktuellen «Koch des Jahres» gehört.

Silvio

Silvio Germann ist Caminadas bester Mann und geht am Bodensee seinen eigenen Weg. Mit Erfolg: «Koch des Jahres 2024»!

Silvio

Germanns «Garden Party»-Gericht: Dorade mit Tomate mit fermentierten Stachelbeeren, Stangensellerie, Jalapeño.

Silvio Germann, 18 Punkte (Mammertsberg, Freidorf TG)

Dorade im klaren Tomatensud mit Chardonnay-Essig, der süss-sauer startet – und dann von einer eisgekühlten Crème fraîche unterbrochen wird, als hätte der Sommer kurz einen Schneeball geworfen. Jalapeñocreme, Chutney aus Tomate, Jalapeño und Peperoni, fermentierte Stachelbeere und Selleriejulienne sorgen für Schärfe, Frische und Crunch. Eine Punktlandung zwischen Sommerfrische und geschmacklicher Tiefe.

ravet

Das Party-Gericht des Präsidents der Grandes Tables Suisse: Wagyu-Rindsbacke, 36 Stunden gegart mit fermentierte Agria-Kartoffel und Ochsenschwanz-Consommé.

Guy

Im Restaurant Emotions von Guy Ravet ist Fine Dining angesagt. In der «Brasserie Chic» kriegen vertraute Gerichte den Ravet-Twist.

Guy Ravet, 17 Punkte (Grand Hôtel du Lac, Vevey VD)

Der Star auf Ravets Teller: Wagyu-Rindsbacke, die unter der Gabel nachgibt wie Butter in der Sonne. Dazu ein Espuma aus fermentierter Agria-Kartoffel und ein reichhaltiger Ochsenschwanz-Consommé, begleitet von eingelegter Kohlrabi, Kefe und Kartoffelchips. Ein Hauch Binchotanöl setzt den Schlusspunkt. Optisch präzise gearbeitet, geschmacklich bodenständige Wärme mit feiner Handschrift – cremig, buttrig, reichhaltig. Mit Miniatur-Gemüse als verspieltes Gegengewicht zum opulenten Schmorfleisch.

stefan

Heilemanns Leidenschaft? Klassisch-französische Küche, aber auch thailändisches Streetfood. In Bad Ragaz kocht er zusammen mit seinem Freund Christian Kuchler.

Stefan

Das Gericht des Starchef-Duos vom Azado-Grill: Thai-Beef-Salat!

Stefan Heilemann & Christian Kuchler, je 18 Punkte (Widder, Zürich / Taverne zum Schäfli, Wigoltingen TG)

Entrecôte vom Château Raymontpierre, von «Luma» veredelt und grilliert auf dem Azado-Grill, dann nach Bad Ragaz geschickt mit einem Zwischenstopp in Thailand. Das typische Thai-Trio im Dressing: Fischsauce, Limettensaft, Chili. Obenauf ein Kräutersalat aus Koriander, Minze, Frühlingszwiebeln, Gewürzwegerich und Minze, darunter ein mildes Thai-Curry. Schärfe, Säure und Salzigkeit halten sich in zurückhaltender Balance – als «Luk khrueng» (Halb-Thai) hätte ich deshalb nach der doppelten Menge Dressing fragen sollen.

Hartmann

Macht wacher als ein Doppio zum Zmorge: Hartmanns Kombination aus Tomate, Raps und Himbeere.

Hartmann

Wer in Dominik Hartmanns «Magdalena» isst, merkt: Auch eine vegetarische Küche kennt in Sachen Vielfalt keine Grenzen.

Dominik Hartmann, 18 Punkte (Magdalena, Rickenbach SZ)

Die Kreativität der vegetarischen Küche des «Aufsteiger des Jahres» kennt keine Grenzen. Seine Tomate kommt in allen Aggregatszuständen: gebacken, eingelegt, angetrocknet, als Sud mit Himbeere und Basilikum, dazu gefrorene Sellerie- und Himbeerperlen. Die Scheibe Ochsenherztomate hat eine fast fleischige Konsistenz. Rapszederkern-Crumble und eine Zederkern-Mayo bringen Tiefe, eingelegte grüne Tomaten sorgen für Säure. Der erste Löffel wirkt belebender als ein doppelter Espresso am Morgen nach der Streetparade – fruchtig-beerig, kühl, knackig, cremig.

Nicolas

 Nicolas kocht, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen – grandios und naturnah!

Nicolas

Das Gericht des «La Pinte des Mossettes»-Chefs: Perlhuhn aus der Bresse, grilliert und auf dem Teller aufgeteilt in Brust und Schenkelfleisch mit Lauchjus.

Nicolas Darnauguilhem, 17 Punkte (La Pinte des Mossettes, Cerniat FR)

Perlhuhn aus der Bresse, ganz grilliert, auf dem Teller aufgeteilt in Brust mit knuspriger Haut und saftigem Schenkelfleisch. Dazu ein Lauchjus, der einen ganzen Tag einreduziert wird, verfeinert mit hausgebranntem Tresterbrand – dicht, süsslich, leicht bitter und voller Röstaromen. Der Lauch selbst kommt geschmort dazu, die Sauce haftet am Fleisch wie eine verlässliche Stütze. Mutig, ein ganzes Perlhuhn punktgenau zu grillieren – und ein Lehrstück darin, wie wenige Zutaten mit viel Sorgfalt zu etwas Grossem werden können. Keine Frage: Mein erster Besuch in der «Pinte» ist längst überfällig.

Federico

Comfort Food mit mediterranem Akzent: Tortelli, gefüllt mit Schafsfleisch aus dem Muggiotal, auf Kartoffelstock und Schwarzkohl-Essenz.

Federico

Kleines Dorf, grosse Küche. Federico Palladinos «Cuntitt» ist jeden Umweg wert.

Federico Palladino, 16 Punkte (L’Osteria Enoteca Cuntitt, Castel San Pietro TI)

Millimetergenau gefaltete Tortelli, gefüllt mit Schafsfleisch aus dem Muggiotal, ruhen auf cremigem Kartoffelstock und einer intensiven Schwarzkohl-Essenz. Ein Schaf-Jus rundet ab, der Pastateig ist al dente, das Fleisch mürbe und aromatisch. Reichhaltig und warm – Comfort Food mit mediterranem Akzent, das ebenfalls mit seiner Einfachheit besticht.

Reto

Rolf Fliegaufs Abschiedsgeschenk im «Giardino»? Er vermittelte mit Reto Brändli einen hochbegabten Nachfolger und überliess ihm eine perfekt eingespielte Brigade.

Reto

Brändlis Party-Gericht in Bad Ragaz: Brüggli-Lachsforelle, gebeizt und mit eingelegtem Rettich zu einer Rose geformt. Dazu ein erfrischendes, grünes Gazpacho.

Reto Brändli, 18 Punkte (Giardino Hotel, Ecco, Ascona)

Ein Teller, der die Sommerhitze elegant austrickst: Buttrige Brüggli-Lachsforelle, gebeizt und mit eingelegtem Rettich zu einer Rose geformt. Dazu ein erfrischendes, grünes Gazpacho aus Stangensellerie, Avocado, grünem Apfel, Gurke, Jalapeño und grüner Paprika, gekrönt von Oscietra-Kaviar und Zitronengel. Eine dezente Schärfe setzt den Schlusspunkt und hallt noch angenehm nach im Gaumen.

Khezzar

Khezzars Gericht für Bad Ragaz: Cappuccino «en trompe l'œil» aus Kartoffel und Sauerteigbrot.

Danny

Showtime! Danny Khezzar kocht in Genf, Paris und im TGV. Er ist ein Star auf Instagram und Musterschüler von Grossmeister Michel Roth.

Danny Khezzar, 18 Punkte (Bayview, Genf)

Ein Kartoffelgericht, das den Namen Cappuccino trägt – und tatsächlich in einer grossen Tasse über die Kochstation wandert. Unten cremiger Kartoffelstock, oben ein Schaum aus grilliertem Sauerteigbrot, bestäubt mit Brotkrümeln und kurz abgeflämmt, damit schon der Duft den ersten Hunger weckt. Reichhaltig, buttrig – und so grosszügig portioniert, dass ich vor der Hälfte aufhören muss, um noch Platz für die übrigen Gerichte zu lassen.

Jordan

Weltstar Anne-Sophie Pic ist stolz auf ihr neu designtes Restaurant am Lac Léman – und auf ihren jungen Statthalter Jordan Theurillat.

Jordaj

Theurillat kocht in Bad Ragaz im Auftrag von Madame Anne-Sophie einen Pic-Klassiker: Berlingots (Ravioli) mit Schafskäse und Safran aus dem Jura.

Jordan Theurillat, 18 Punkte (Beau-Rivage Palace, Lausanne VD)

Seine Chefin ist weltberühmt: Anne-Sophie Pic. An die Garden Party brachte er ihr Signature Dish «Les Berlingots»: Zylinderförmige Ravioli, gefüllt mit Schafskäse vom Mont-Gibloux. Mais übernimmt gleich mehrere Rollen: als Püree, als Soufflé, als knuspriges Popcorn. Dazu Ziegenkäse, Crème double de Gruyère, Safran und ein Hauch Lavendel. Die Sauce – ein selbst gebrauter Maisblatt-Kombucha mit Butter – bindet alles zu einer süsslich-floralen, cremigen Komposition. Erkenntnis des Tages: Popcorn gehört nicht nur ins Kino, sondern auch auf die besten Tische des Landes.

Claudia

Das Ceviche von Claudia Canessa: Tuna-Tiradito mit Aji-Amarillo-Leche de Tigre und Maniokchip.

Claudia

Zweierlei sollten Gäste im «Amaru» von Claudia Canessa immer bestellen: Den Pisco zum Apéro, ein Ceviche zum Start.

Claudia Canessa, 16 Punkte (Kulm Hotel, St. Moritz GR)

Tuna-Tiradito mit einer Leche de Tigre aus Jalapeño und Aji Amarillo, so säure- und schärfebeladen, wie es sich gehört. Maniokchips und Jalapeñopulver bringen Textur und Tiefe, das Gemüse-Brunoise darauf liefert Frische. Die Knusprigkeit des Chips musste sich leider der Sommerhitze geschlagen geben – tat dem Gericht aber keinen Abbruch.

Atsushi

Atsushi-San kocht im «Dolder Grand» in einer geheimnisvollen Suite, am Omakase-Tresen sitzen nur sechs Gäste.

AT

Hiraokis Gericht für die Garden Party: Hamachi, Yuzu-Kosho, Zitrusfrüchte und Shiso.

Atsushi Hiraoka, 16 Punkte (Mikuriya, Zürich)

Kingfish aus Dänemark, mariniert in Yuzu-Öl und Sudachi, dazu eine Zitronensauce mit Shochu und ein Dressing aus Yuzu-Kosho. Tonburi und Schweizer Forellenrogen, in Sojasauce und Mirin mariniert, bringen Textur und Salzigkeit. Der Sud ist sauer und herausfordernd scharf, der Fisch dagegen zart und buttrig. Ein Gericht wie ein kurzer, knackiger Satz: direkt und ohne Umschweife.

Memories

Ein Waldspaziergang à la «Memories» von Patissière Nicole Lüthi mit Sauerklee, Arve und Holunder.

Nicole Lüthi (Sven Wassmer Memories, Bad Ragaz SG)

Ihr Signature-Dessert heisst «Waldspaziergang» – und hält, was es verspricht. Arvencreme und Sauerkleesorbet, überdeckt von einem Holunderschaum, darüber ein in Zuckersirup kandiertes Tannenzäpfchen, flankiert von Meringue. Weiss und luftig wie frisch gefallener Schnee, darunter das Sorbet, dessen feine Säure für Frische sorgt. Das kandierte Zapfenstück bringt Süsse und einen Hauch Bitterkeit und den Geschmack eines Sommerwaldes. Merci für den Ausflug ins Grüne – ohne Wanderschuhe, aber mit Löffel.

 

Fotos: Pascal Grob, Olivia Pulver, Thomas Buchwalder, David Birri, David Biedert.