Fotos: Anja Zurbrügg

Neu im Club. Sommer ist Hochsaison in Grindelwald, Touristen aus aller Welt spazieren durch das hübsche Dorf am Fusse der Eigernordwand und lassen sich zu Tausenden mit der beeindruckenden Jungfraubahn in die Höhen der hochalpinen Zauberwelten fahren. Neben dem touristischen Geschäft wurde glücklicherweise auch das kulinarische Geschehen belebt, engagierte junge Hoteliers und talentierte Küchenchefs sorgen dafür, dass das Angebot über Flammkuchen und Rösti hinaus auch für anspruchsvolle Gästen sehr attraktiv ist. Das ist auch dem Verantwortlichen von Grand Tables de Suisse aufgefallen. Die noble Vereinigung hochstehender Restaurants und Hotels hat unter Präsident Guy Ravet – ähnlich wie das Dorf Grindelwald – einen Verjüngungs- und Innovationsschub erfahren. Seit dem Sommer 2025 sind Paul Cabayé (Boutique Hotel Glacier), Urs Gschwend (Hotel Bergwelt) und Aurélien Mettler (Hotel und Restaurant Fiescherblick) neue Mitglieder im Club. «Die Vereinigung ist toll, um Kontakte zu knüpfen», sagt Aurélien Mettler stellvertretend für seine Kollegen. Als Koch komme man während der Saison kaum weg aus dem Ort, deshalb seien gemeinschaftliche Anlässe wie mit Grandes Tables eine wertvolle soziale Erfahrung. Grosses Bild oben: Paul Cabayé, Urs Gschwend und Aurélien Mettler.

Paul Cabayé The Cork Club

Koch und Läufer: Paul Cabayé im neu eröffneten The Cork Club.

Langstreckenläufer. Auch Paul Cabayé (16 Punkte) hat gerade alle Hände (und Füsse) voll zu tun. Der drahtige Franzose trainiert zurzeit täglich für den Eiger Ultra Trail, ein ziemlich herausforderndes Berg-Rennen. Ausserdem will er diesen Sommer auch noch die 150 Kilometer des Ultra-Marathons in Chamonix am Montblanc laufen. Das Training findet bei Cabayé immer morgens vor der Arbeit statt: «Ich laufe in der Regel zwischen 7 und 8 Uhr morgens los, letzte Woche habe ich 130 Kilometer zurückgelegt. Danach komme ich motiviert in die Küche», sagt er mit einem Schmunzeln.

Jan Pyott The Cork Club

Immer neue Ideen: Hotelier und Weinfachmann Jan Pyott.

The Cork Club Grindelwald

Für Weinfreunde: Mitglieder im Cork Club haben einen persönlichen Zapfenzieher.

Schweizer Weine im Dorfzentrum. Denn hauptberuflich ist Cabayé zuständig für das Gourmet-Restaurant und das Bistro im Boutique-Hotel Glacier und füllt ausserdem seit kurzem auch die Vitrine im neu eröffneten The Cork Club mit Plättli oder Patisserie. Die Weinbar im Dorfzentrum ist die jüngste Idee von «Glacier»-Besitzer Jan Pyott. Der frühere Weltklasse-Triathlet hat zusammen mit seiner Frau Justine in kurzer Zeit viel bewegt. Und hat sich ganz nebenbei noch zu einem fachkundigen Weinexperten entwickelt. «Dabei habe ich zu Beginn nicht viel mehr gewusst, als dass es Rot- und Weisswein gibt», erzählt Pyott lachend in seinem neuen Lokal, wo ein Schwerpunkt auf Schweizer Winzern liegt. Die Idee: Hier kommen Gäste auf ein Glas und etwas Kleines zu Essen vorbei, daneben gibt es Degustationen und Veranstaltungen mit Sommeliers und Wein-Produzenten. Wer Mitglied im real existierenden Wein-Club wird, bekommt ein Fach mit persönlichem Korkenzieher an der Wand.

Ramen Umami Grindelwald

Restaurant Umami: die besten Ramen im Berner Oberland.

Shota Hasegawa Grindellodge

Hat in Tokio kochen gelernt: Shota Hasegawa in der «Grindellodge».

Sushi Umami Grindelwald

Neues Angebot im Dorf: Sushi im Restaurant Umami.

Japanische Traditionen. Damit sind den Pyotts die Ideen aber noch lange nicht ausgegangen. Etwas oberhalb des Dorfes, und abseits der grossen Touristenströme, liegt die neu eröffnete Eiger Lodge, ein stilvoll eingerichtetes, aber einfaches Hotel, das Jan Pyott tiefstapelnd als «unser Bed and Breakfast» bezeichnet. Das Haus ist thematisch der Geschichte von Japanern gewidmet, die eine lange Tradition mit dem Alpinismus in Grindelwald verbindet – bis hin zum damaligen Kronprinzen, von dem es rund 100 Jahre alte, körnige Schwarzweiss-Fotos im Schnee gibt. Passend dazu gibt es im Erdgeschoss ein japanisches Restaurant namens Umami: Shota Hasegawa, der in Tokio kochen gelernt hat, bereitet hier die wohl besten Ramen-Suppen im Berner Oberland zu. Auch bunte, kunstvoll angerichtete Sushi-Platten oder knusprig-feine Tempura-Gerichte stehen auf der Karte. Sehr empfehlenswert sind die Tantamen-Ramen mit Sesam, Miso, wärmender Schärfe und zartem Schweinshals-Braten.

Lars Michel Kringle Bäckerei

«Stolz auf das dänische Gen»: Hotelier Lars Michel (r.) betreibt jetzt auch einen Bäckerladen.

Zwei Brüder setzten auf «Hygge». Auf dem Weg zurück ins Dorf kommen wir am Hotel Fiescherblick vorbei, wo die beiden Grindelwaldner Brüder Matthias und Lars Michel etwas abseits des Dorfstrassen-Trubels ihre Ideen von zeitgemässer Gastronomie umsetzen. Neben dem Hotel Fiescherblick, wo mit Aurélien Mettler ein vielversprechender junger Küchenchef ein nordisch-japanisch inspiriertes Menü serviert, haben die Michels kürzlich einen Bäckerei-Laden übernommen. Der heisst jetzt «Kringle», eine Referenz an das bekannte dänische, süsse Hefeteig-Gebäck. Als der frühere Besitzer, der immer noch die Backstube betreibt, dan Laden angeboten habe, «konnten wir nicht nein sagen», so Michel. Man habe den Laden für das Quartier aufrecht erhalten wollen.

Bäckerei Kringle Grindelwald

Dänischer Stil in Grindelwald: der Bäckereiladen Kringle.

Kardamom Bun Kringle Grindelwald

Knusprig, fluffig, würzig: das Kardamom-Bun im Kringle.

BMO und Kardamom-Buns. Die Familie Michel hat auch dänische Wurzeln – die Grosseltern – sind vor vielen Jahren ins Berner Oberland ausgewandert. Den typischen gemütlich-modernen Hygge-Stil findet sich deshalb sowohl im Hotel wie auch in der Bäckerei wieder. «Wir sind stolz auf dieses dänische Gen», sagt Lars Michel. In der Auslage findet sich deshalb neben Brot und das ebenfalls typische dänische Käse-Sandwich BMO («Bolle med Ost») auch knusprig-fluffige Kardamom-Buns, die in keiner angesagten Bäckerei in Kopenhagen fehlen dürfen und jetzt auch in Grindelwald angekommen sind. Auch das ist eine gute Nachricht aus dem Berner Oberland.