Text: Kathia Baltisberger

Umweg über China. Im Sommer kocht Rolf Fliegauf im «Ecco» in Ascona, im Winter in St. Moritz. Um von A nach B zu gelangen, macht er dieses Jahr einen kleinen Umweg – und zwar über Peking. Das ist nicht gerade naheliegend, aber dafür sehr cool. Denn der 39-Jährige wurde von der Schweizer Botschaft eingeladen, an der fünften «Swiss Gastronomic Week» im Hotel Éclat in Peking zu kochen. «Es war eine ziemliche Challenge – aber auch eine tolle Aufgabe», schwärmt Fliegauf nach dem Einsatz. Die Küche im Restaurant George ist zwar bestens ausgerüstet, im Vergleich zu Schweizer Küchen aber halt trotzdem immer ein bisschen anders. «Am Ende hatten wir den Wok ziemlich im Griff.»

Rolf Fliegauf China

Adaptiertes Gericht aus der Heimat: Wolfsbarsch an einer Dashi-Beurre-blanc.

Rolf Fliegauf China

Fliegauf hatte beim Gastspiel die Unterstützung der «Éclat»-Küchencrew.

Rolf Fliegauf China

Fliegaufs Fazit zur Szechuan-Küche: «Boah, ist das scharf!»

Keine Schweizer Produkte! Auch was die Produkte betrifft, musste der «Aufsteiger des Jahres 2020» ein paar Kompromisse eingehen. «Es ist strengstens verboten, Lebensmittel nach China einzufliegen.» Also musste er mit Produkten vor Ort vorliebnehmen. «Die haben natürlich tolle Gemüseproduzenten und auch super Gänseleber, aber gerade bei Fisch und Krustentieren war ich schon etwas skeptisch.» Völlig zu Unrecht, wie sich herausstellt. «Wir hatten einen sensationellen Barsch.»

Rolf Fliegauf China

Die Pekingenten sind ein Muss in Peking!

Wenig Salz. Ziel der «Swiss Gastronomic Week» ist es zu zeigen, dass die Schweiz mehr zu bieten hat als Schokolade und Fondue. Deshalb brachte Fliegauf einen Mix aus klassischen «Ecco»-Gerichten und adaptierten Sachen mit. Das «Birchermüesli» zum Beispiel. Doch Fliegauf serviert es nicht so, wie es der Schweizer gewohnt ist. Es handelt sich um Gänseleber mit eingelegten Äpfeln und karamellisiertem Müsli. Zum Fisch gab es statt wie gewohnt einer Sauerkraut-Beurre-Blanc eine Dashi-Beurre-Blanc. Und Fliegauf musste noch andere Anpassungen machen. «Die Chinesen essen viel weniger Salz als wir. Mit entsprechend weniger habe ich auch gekocht.» Für die passenden Weine sorgte ebenfalls ein Schweizer: Gilles Besses vom Weingut Jean René Germanier in Vétroz VS.

Rolf Fliegauf China

Sogar ein chinesisches Fernsehteam interessiert sich für Rolf Fliegauf und seine Küche.

Sightseeing & lokale Küche. Eine Woche lang nur harte Arbeit? Fliegauf und seine Crew – er nahm seine Frau Jenny, Souschef Matthias Koppenwallner und Peter Lauterbach (Ex-Souschef im «Ecco» in Zürich) mit – liessen es sich nicht nehmen, auch noch ein wenig Sightseeing zu betreiben. Die Verbotene Stadt und die Chinesische Mauer standen auf dem Programm – letztere war zu Fliegaufs erstaunen völlig leer. Und die Schweizer kamen auch in den Genuss der chinesischen Küche. «Der Küchenchef des Éclat hat uns ein bisschen die Szechuan-Küche nähergebracht. Er ging mit uns in ein ganz kleines Restaurant, wo wir einen ganzen Fisch in Chili-Marinade assen. Boah, war das scharf! Aber auch sehr lecker.» In einem anderen Lokal hingen die Pekingenten im Schaufenster. «Das ist natürlich auch ein Muss, wenn man hier ist.» Unvergesslich bleibt der Trip nach China für Fliegauf übrigens auch wegen einem neu entdeckten Lebensmittel: fermentierte Sojabohnen-Paste. «Das ist mit Abstand das Ekelhafteste, das ich je gerochen habe.» 

 

Grosses Bild oben: Souschef Matthias Koppenwallner, Jenny und Rolf Fliegauf, Peter Lauterbach (v.l.).

 

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