Text: Urs Heller I Fotos: Thomas Buchwalder, Gian Giovanoli

P wie Paloma. P wie Perfektion. Weltstar Mauro Colagreco (von 2019 bis 2021 die Nummer 1 bei «The Worlds 50Best Restaurants») kann getrost seinen vielen Geschäften auf verschiedenen Kontinenten nachjagen, seine Landsfrau Paloma Boitier, hat den «Laden» im Swiss Deluxe Hotel «Kulm» St. Moritz im Griff. Erstaunlich, wie die erst 27-jährige Argentinierin die Vorgaben ihres Mentors aus Menton umsetzt, Klassiker aus dem «Mirazur» in die Berge exportiert und geschickt auch eigene Ideen einfliessen lässt. Senora Paloma steht für 17 GaultMillau-Punkte und für Perfektion; muss so sein, denn die stolzen 450 Franken fürs grosse Menü bedeuten wohl Schweizer Rekord. Grosses Bild oben: Paloma Boitier und Mauro Colagreco.

The K by Mauro Colagreco

Stolz des Hauses: «The K by Mauro Colagreco» im Kulm Hotel St. Moritz

Léman-Forelle, Toggenburger Kalb. Colagreco hat seiner fröhlichen Statthalterin für den zweiten Winter im Engadin eine Zusatzaufgabe gestellt: Produkte aus der Schweiz entdecken und in die Karte integrieren! Das gelingt zweimal ausgezeichnet: «La Truite», eine prächtige Seeforelle aus dem Lac Léman, kann man nicht besser zubereiten. Paloma Boitier bearbeitet den elegant zugeschnittenen Fisch mit Mandarine und verbrannter Zitrone. Wir staunen: Mandarine im Menü geht meistens schief, aber die Chefin kriegt das hin. Die Zitrone («sie bleibt im Ofen bis sie schwarz wird und karamellisiert») liefert die gewünschte Säure für dieses erfrischende Gericht. Im Hauptgang ist Kalb aus dem Toggenburg angesagt, in einer Cocotte und auf Heu zubereitet. Paloma Boitier ist hell begeistert von der Qualität: «Schweizer Kalb ist leicht zu bearbeiten, delikat, angenehm im Goût», freut sich die junge Chefin.

Mauro Colagreco 2020

Signature Dish: Rande aus Menton, Kaviar in der Sauce. 

Mauro Colagreco 2020

Torteau-Cannelloni! Krabbenfleisch, eingewickelt in grünem Apfel.

Mauro Colagreco 2020

Wildschwein-Consommé mit Deluxe-Einlage: Foie gras-Ravioli. 

Krebs & Kaviar. Der Gang des Abends? Gambero rosso aus Mazara del Vallo. Der Prachtskrebs aus Sizilien ist zurückhaltend und perfekt gegart, bewahrt seinen eigenen, leicht süsslichen Geschmack und kriegt luxuriöse Begleitung: Eine volle Ladung Kaviar (Maison Sturia, Bordeaux) in der crèmigen Sauce, dazu Radicchio Rosso (mit geschickt gezähmter Bitternote), Kräuteröl und Nüsse, damit auch noch etwas «crunchy» ist in diesem sonst so sanften Gericht. Zweiter Volltreffer: Ravioli, gefüllt mit 36 Monate altem Comté-Käse, verziert mit Nori-Streifen. Die letzten Alba-Trüffel der Saison werden darüber gehobelt, in grosszügiger Portionierung. Ein Löffelgericht aus der Luxusklasse. Alles perfekt also? Fast! Beim Pilzgang waren wir etwas weniger begeistert. Das Chawanmushi (der Eierstich der Japaner) mit Lamellen vom Shiitake-Pilz sah fantastisch aus und schmeckte auch so, das kleine Pastetchen mit den «Champignon de Paris» passte ebenfalls. Aber die in einem Glas servierte Pilz-Dashi (mit Totentrompeten) war dann des Guten doch zu viel. Perfekt der Schlusspunkt: «Naranjo en Flor», das Signature Dessert von Mauro Colagreco (mit Safran).

Die Geschichte mit der Riesen-Rande. Das «Team Colagreco» scheut im «Kulm» keinen Aufwand. Der Gast wählt zwischen Menü und à la carte-Angebot und hat so auch immer Zugang zur verblüffendsten Kreation aus Menton: Colagreco lagert über den Winter Randen aus dem eigenen Garten, setzt sie im Frühling nochmals ein! Ergebnis: Viel Power in den bis zu vier Kilo schweren Dingern. Die «Betterave» wird wie sonst ein Loup de mer im Salzteig in den Ofen geschoben, auf dem Silbertablett präsentiert und hauchdünn zum Carpaccio aufgeschnitten. Die Sauce dazu? Kaviar! «Redefining luxury», kommentiert der Chef ganz einen Signature Dish cool. Überraschung bei der Weinbegleitung: Entkorkt werden oft zwei Flaschen gleichzeitig, der Gast fahndet selbst nach dem besseren «Pairing». Weine aus der Bündner Herrschaft sind auch dabei (Chardonnay von Christian Hermann, «Pilgrim»-Pinot Noir von Sina und Matthias Gubler-Möhr); sie setzen sich gegen die Konkurrenz aus Burgund und Bordeaux souverän durch.

 

>> www.kulm.com