Marco Campanella, hat Sie der Titel «Koch des Jahres» verändert?
So schnell man aufsteigt, kann man auch wieder auf dem Boden landen. Ich putze immer noch die Küche mit nach dem Service. Ich bleibe der Marco, der ich schon davor war und versuche auch die Balance zwischen Beruf und Familie zu halten. Was sich hingegen verändert hat, ist die Menge an Arbeit. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass wir so viel mehr Gäste haben – das waren locker 30 bis 40 Prozent mehr. Ich hoffe natürlich, dass das so bleibt.


Können Sie sich an den Moment erinnern, wo Sie sich an die neue Rolle und die 19 Punkte gewöhnt hatten?
Zu Beginn war ich unglaublich nervös, alle Augen waren auf uns gerichtet, die Erwartungen der Gäste sind sehr hoch. Aber die Feedbacks waren sehr positiv und viele sind auch mehr als einmal gekommen. Ab Mitte Januar war ich in Arosa etwas gelassener, aber als die Sommersaison in Ascona wieder angefangen hat, kam auch die Nervosität zurück. Und wenn ich an den Moment denke, als wir zusammen auf den Titel angestossen haben in der Küche, ist das immer noch sehr emotional.


Haben sich die Gespräche mit den Gästen verändert in diesem Jahr?
Die Gäste sind neugieriger geworden und wollen alles wissen über meinen Werdegang, meine Ferienpläne oder über meine Saucen. Bei zu viel Lob werde ich immer noch rot. Ich lege auf Wert darauf, mein Team in den Vordergrund zu stellen, ohne die Kollegen wäre das alles nicht möglich.

Koch des Jahres Guide GaultMillau 2025 - 19er Bild -

Emotionaler Moment im «Eden Roc» Ascona: Mit einem Negroni am Pass feiern Marco Campanella und sein Team den Titel und 19 Punkte.

Hat Sie die Auszeichnung eher beflügelt oder sogar gelähmt?
Druck hat man immer, es braucht ständig neue Ideen. In dieser Hinsicht haben mir die Ferien in Südkorea und Japan sehr geholfen, und jetzt freue ich mich auf meine nächste Reise. Ich fliege ja im Auftrag der Grandes Tables Suisses nach China. Aber es ist auch so, dass es immer schwieriger wird, kreativ zu sein, je länger man kocht. Ich will einfach meiner Linie treu bleiben und gleichzeitig versuchen, neue Impulse einzuarbeiten.


Welches Erlebnis, das Sie als Koch des Jahres hatten, bleibt unvergessen?
Dass wir die 19 Punkte auch in Arosa bekommen haben, hätte ich nicht gedacht. Das Schönste für mich ist aber, dass mein Team motiviert bleibt. Das ist nicht selbstverständlich. 

Koch des Jahres Guide GaultMillau 2025 - Marco Campanella

Campanella-Klassiker: Rinder-Tatar mit Gurke.

Marco Campanella Famile

Zeit für die Familie: Campanella mit Ehefrau Sara und Töchterchen Enola.

Koch des Jahres Guide GaultMillau 2025 - Marco Campanella

Kein Menü ohne Pasta: Ravioli mit Parmesan und Trüffel.

Was kommt als nächstes, welche Ziele setzt sich ein ambitionierter Koch wie Sie noch, wenn er schon fast alles erreicht hat?
Ich habe sehr grossen Respekt davor, dass mich der Erfolg verändern könnte. Das möchte ich auf keinen Fall. Meine Bodenständigkeit zu behalten, ist mir sehr wichtig. An andere Ziele wie den dritten Stern, nach dem ich viel gefragt werde, denke ich gar nicht. 

Mit Alexander Fink beginnt bald ein Top-Patissier bei Ihnen. Gibt es weitere Stellschrauben an denen Sie drehen wollen?
Ich versuche immer überall noch etwas besser zu werden. Wenn man als Koch denkt, man kann nichts mehr lernen, hat man schon verloren. Jemand wie Alex bringt neue Ideen, das ist für uns alle interessant. Mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, ist das Wichtigste für mich. 

Koch des Jahres Guide GaultMillau 2025 - Marco Campanella

Fast jeden Abend ausgebucht: «La Brezza» im Hotel Eden Roc in Ascona.

Koch des Jahres Guide GaultMillau 2025 - 19er Bild -

Markenbotscharter: Campanella mit seinem EQE SUV und Christian Berg von Mercedes Schweiz.

Ihr Nachfolger kommt aus der Romandie, welchen Tipp geben Sie Jérémy Desbraux?
Mein Tipp ist, dass man seiner Linie treu bleibt und den Moment geniesst. Bei den allermeisten kommt er schliesslich nur einmal im Leben. Und er soll sich die Zeit nehmen, mit seinem Team zu feiern!

>> Marco Campanella war GaultMillaus «Koch des Jahres 2025» und «die grösste Entdeckung seit Andreas Caminada» (Urs Heller). Er arbeitet im Sommer im Swiss Deluxe Hotel Eden Roc Ascona und im Winter im «Tschuggen», Arosa. Beide Restaurants sind mit 19 Punkten und je zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Campanella (geb.1992) ist in Immenstaad am Bodensee in einer apulischen Familie aufgewachsen. Die Eltern führte jahrelang das Ristorante La Mezzaluna. Seine Lehre machte Campanella im Hotel Krone in Schnetzenhausen, einem Familienbetrieb mit klassischer schwäbischer Küche. Seit 2018 arbeitet er für die Tschuggen Collection der Familie Bechtolsheimer-Kipp.

Fotos: Adrian Bretscher, Joan Minder