Von Kathia Baltisberger und Pascal Grob

Schaufensterpuppen. Im ehemaligen OVS an der Bahnhofstrasse ist ein Pop-up eingezogen. Die Chance, dass man hier neben einem entblössten Oberkörper oder einem nackten Hintern speist, ist gross. Denn überall erinnern ausrangierte Schaufensterpuppen an das gescheiterte Modehaus. Auch der Name ist daran angelehnt: Warenhaus. Es dürfte neben der Stadthalle von Nenad Mlinarevic eines der grössten Pop-ups in Zürich sein. Auf drei Stöcken kann geschlemmt werden. Im UG gibt es Drinks und Disco, im 1. Stock findet sich eine Art Selbstbedienungsrestaurant mit Salaten, Sandwiches und co. für den unkomplizierten Zmittag (auch als Take-away). Im 2. Stock befindet sich die «Kantine», das Restaurant für gemütliche Abendstunden. Mit dem Möbelgeschäft im EG teilt man sich lediglich den Eingang.

Vreni Giger Warenhaus Zürich

Vieles erinnert noch an das ehemalige Modehaus OVS.

Vreni Giger Warenhaus Zürich

10 verschiedene Vorspeisen gibt es zum selber holen.

Pop-up-Neuling. Veranstalter des Pop-ups ist der ZVF, Henris Catering (Live on Sunset) und Statement (Rundfunk). Mit von der Partie ist auch Vreni Giger, ehemalige Köchin des Jahres, die aktuell die Betriebsleitung im «Rigiblick» (16 Punkte) hat. Giger bringt viel Erfahrung aus der Gastronomie mit, in puncto Pop-up ist sie allerdings ein Neuling. Wie kam sie zu diesem Job? «Dave Barbaruk, der Geschäftsleiter von Henris kam auf mich zu und fragte mich, ob ich das Food-Konzept machen möchte. Ich dachte, das ist mal etwas anderes und sicher eine Herausforderung», so die Chefin. 

 

Microgreens. Das Konzept ist mit saisonalen und regionalen Produkten frisch zu kochen. «Es entspricht ungefähr dem, was ich auch im Rigiblick im Bistro anbiete. Die Qualität passt sich zwar dem Fine Dining an, aber wir fahren hier keine Gourmet-Schiene.» Soll heissen: Das Warenhaus ist für jedermann zugänglich, soll nicht elitär sein. Vreni Giger hat aber nicht Gerichte vordiktiert und die Köche im operativen Geschäft müssen ausführen. Nettes Detail: Auf allen Tischen stehen ganz viele Microgreens des Zürcher Start-ups Umami, die man sich beliebig pflücken und auf die Gerichte geben kann. «Unbedingt die Radiesli probieren, die haben so eine schöne Schärfe und passen zu allem», empfiehlt Vreni Giger.
 

Vreni Giger Warenhaus Zürich

Lieblos: In der «Kantine» gibt es Kantinen-Essen.

Vreni Giger Warenhaus Zürich

Auch das Dessertbüffet überzeugte nicht.

Fazit: Die nüchterne Erkenntnis nach dem Eröffnungsabend? Wir hätten mehr von einem Event unter der kulinarischen Leitung einer ehemaligen Köchin des Jahres erwartet. Vielleicht war es die Nervosität des ersten Abends, die für technische Fehler wie halbrohe Kartoffeln, Risotto mit der Konsistenz eines klebrigen Breis oder schwammiges Rindfleisch ohne nennenswerten Geschmack sorgte. Wir erwarten keine Pinzettenarbeit. Aber etwas liebevoller angerichtet als aufgewärmtes Essen vom Vortag dürfte es schon sein. Und vielleicht sollte sich ein Unternehmen dieser Grössenordnung gar nicht an das Projekt «Pop-up» wagen, das ein Sprungbrett darstellt für junge, ambitionierte Gastronomen ohne Portokasse. Schon gar nicht, wenn es daran scheitert, sich von seiner Identität als Kantinenbetreiber (produziert wird an der Universität Irchel) zu distanzieren hinsichtlich Ambiente und Qualität der Speisen. Lob gebührt jedoch dem Service-Team, das sich rührend um jeden Gast kümmerte, der sich in die Restaurant-Stockwerke verirrte.

 

www.warenhauszurich.ch