Fotos: Nik Hunger

Bloss nicht aufhören! «Brot ist einfach!», sagt Dietmar Sawyere gleich zu Beginn des Treffens. Und weil ich da grundsätzlich eine andere Meinung vertrete, bin ich bei ihm im «Kreuz» Dallenwil (NW) zu Besuch, um mich in die Kunst des Brotbackens einführen zu lassen. Man muss wissen: In seinem «Gourmet Stübli» serviert der 17-Punkte-Chef ein perfekt gehaltvolles und vor allem geschmacksintensives Brot. Es ist aussen bemerkenswert knusprig, innen wunderbar feucht. «Weil ich nach der Eröffnung noch keinen guten Bäcker gefunden hatte, machte ich es erst mal selbst», erzählt er schmunzelnd. «Nachher wurde ich von allen Seiten angefleht, bloss nicht mehr damit aufzuhören.» 

Wasser gibt er nach Gefühl hinzu. Sawyere führt mich ins Untergeschoss, wo er sich einen Raum für die Patisserie-Produktion eingerichtet hat. Hier bäckt er auch täglich: «Nach dem Abendservice, bevor wir putzen, bereite ich den Teig vor, damit er über Nacht aufgehen kann.» Und das geht im Wesentlichen so: Zu einem grosszügigen Löffel seines Sauerteig-Starters gibt er 500 Gramm seiner Mischung aus Weiss-, Vollkorn-, Roggen- und Gerstenmalzmehl. Darin enthalten sind zudem Haferflocken, Sesamsamen, etwas getrocknete Hefe und Meersalz. Ins Gefäss kommt nicht zuletzt ein guter Schluck Olivenöl und Wasser. «Letztere zwei Zutaten gebe ich nach Gefühl dazu», so Sawyere. Und das schürt wiederum meine Zweifel: Wenn Köche oder Bäcker von «Gefühl» sprechen, bin ich einfach nicht sicher, ob ich das daheim dann auch könnte. Das Kneten des Teigs übernimmt die Kitchen Aid – auch eine solche habe ich nicht zu Hause. «Es geht ebenso gut von Hand», beruhigt mich der Starchef. 

Wilde Hefen zuhauf. Was macht Grandes-Tables-Chef Dietmar Sawyere eigentlich mit seinem Sauerteig-Starter, wenn er in die Ferien geht? «Gar nichts», sagt er ganz überraschend. «Nach den Ferien mache ich einfach einen neuen! Mische etwas Apfelmost mit Mehl und warte ab!» Es seien hier genug wilde Hefen in der Luft, das sei jeweils überhaupt kein Problem. Er habe, sagt er ergänzend, auch schon mit frischer Hefe Brot gebacken, auch dies funktioniere – allerdings fehle dann die gewünschte, leicht säuerliche Note im Brot. 

Das Brot wird kreuzweise eingeschnitten. Den über Nacht aufgegangenen Teig formt Dietmar Sawyere zu einer Wurst, die er mit einem Messer in sechs ungefähr gleich grosse Teile teilt. «Es macht nix, wenn ein Brot kleiner ist als das andere, es gibt ja auch Zweier- und Dreiertische», kommentiert er. Jetzt darf ich auch anpacken, das Brot nochmals kurz kneten, zu einem kreisrunden Laib formen und mit etwas Mehl bestäuben. Dafür gibt er mir Plastikhandschuhe, weil der Teig so nicht unter den Nägeln oder an den Ringen klebt. Zuletzt wird das Brot, ganz passend zum Namen des Gasthauses mit Ursprung im 16. Jahrhundert, kreuzweise eingeschnitten. Eine halbe Stunde darf es nochmals ruhen, bevor es in den Ofen kommt. 

Brot by Dietmar Sawyère, im Restaurant Kreuz in Dallenwil

Was braucht man mehr? Sawyeres Brot wird mit Butter und Frischkäse serviert.

Brot, Butter … und vielleicht etwas Lardo. Wann serviert er das Brot im Menü? «Erst nach dem Gruss aus der Küche und dem ersten Gang», sagt Dietmar Sawyere. «Sonst essen die Gäste zu viel davon und halten nicht bis zum Dessert durch!» Dazu kommt gesalzene Butter auf den Tisch, und je nach Saison Frischkäse mit Blüten oder geschmolzenes Wagyu-Fett. Der 62-Jährige ist ja selbst einer, der sich von Brot und Butter ernähren könnte. «Wobei: vielleicht passt noch etwas Lardo, Rohschinken, Käse dazu!» Im kleineren Restaurant «Bijou», wo ein asiatisch inspirierter Mehrgänger angeboten wird, gibt es kein Brot auf dem Tisch. Den Gästen wird aber ein Laib fürs nächste Zmorge daheim als Give-Away eingepackt. 

Brot by Dietmar Sawyère, im Restaurant Kreuz in Dallenwil

Das «Kreuz» in Dallenwil NW vereint zwei Konzepte: «Gourmet Stübli» & «Bijou».

Brot by Dietmar Sawyère, im Restaurant Kreuz in Dallenwil, Ehepaar Dietmar und Nicole

Auch Nicole Sawyere hat ihren Ehemann angefleht, nicht mit Backen aufzuhören.

Aroma ist nicht ums, sondern im Brot. Der Wecker, den der Chef sich an Revers geheftet hat, klingelt nach gut einer halben Stunde. «Unser täglich Brot» ist fertig gebacken. Es riecht in der Backstube weniger intensiv, als ich erwartet hätte. Vermutlich, weil das ganze Aroma im Brot steckt – quasi umgekehrt proportional zu den Brezeln, die in den Bahnhöfen angeboten werden, geht es mir durch den Kopf. Die Laibe müssen nun noch ein wenig auskühlen, damit sie ihre Form behalten. «Wenn die Struktur fest geworden ist, kann man es vor dem Service nochmals kurz aufwärmen. Das macht die Kruste noch besser», verrät Dietmar Sawyere. Und das war wirklich schon alles? Ja, meint der Starchef und überreicht mir sein Rezept. Vielleicht probiere ich es wirklich mal daheim aus – aber erst wenn das Kreuz-Brot, das er mir zum Abschied schenkt, aufgegessen ist. 

>> www.kreuz-dallenwil.ch