Text: David Schnapp І Fotos: Olivia Pulver
Verschlungene Wege. Als erstes fällt einem beim Betreten des «Lorenzini» in der Altstadt von Bern die hübsche Bar auf. Sie bietet sich für einen Espresso oder – später am Tag – für einen Negroni an. «Enoteca» heisst dieser Teil des weitläufigen Ristorante auf der Seite der Hotelgasse. Hier bekommt man auch einfach ein Sandwich, und immer donnerstags findet der «Aperitivo Toscano» statt mit Antipasti-Buffett à discrétion. Geht man dann die Treppe hinauf in die erste Etage, kommt man auf verschlungenen Wegen in immer neue Räume, kleine Säle und eine pittoreske Terrasse, die wie ein Innenhof rundum geschützt ist durch die umliegenden Hauswände. Grosses Bild oben: das «Lorenzini» von der Hotelgasse aus, Geschäftsführer Lukas Hlavatovic.
Ganztags geöffnet: die «Enoteca» im Eingangsbereich des Restaurants.
An der Bar: Hier findet man das perfekte Setting für Espresso oder Negroni.
Klasse und Qualität. Seit dem Jahr 2010 wird das «Lorenzini» von der Familie Bindella betrieben. Die verschiedenen Gasträume und «Salotti», wie man hier sagt, strahlen ein angenehmes Mass an Ehrwürdigkeit und Klasse aus. Und der engagierte Geschäftsführer Lukas Hlavatovic sagt, er identifiziere sich voll mit der Kultur der Italianità, die bei Bindella gepflegt werde: «Ich mag es klassisch, präzise und habe gern Qualität.»
Charmantes Führungs-Duo: Geschäftsführer Lukas Hlavatovic und Chefkoch Ricardo Rombola auf der Innenhof-Terrasse.
Bundesrat im Pisa-Saal. Das «Lorenzini» hat im Wortsinn durchaus eine staatstragende Funktion in der Bundesstadt, es sei eine der wichtigsten gastronomischen Adressen für Parlamentarier oder Regierungsmitglieder, sagen die Verantwortlichen. Während den Sessionen trifft sich im Pisa-Saal regelmässig der Bundesrat zu Arbeitsessen. Politiker im Allgemeinen, verrät der Gastgeber zudem, seien keine anspruchsvollen Gäste. Höchstens zusätzliche Sicherheitsmassnahmen könnten bisweilen eine Herausforderung sein. Vor allem aber ist das Ristorante, das sich über zwei verschiedene Hausteile erstreckt, beliebt bei Stammgästen. Bis zu 450 Leute werden auf den rund 200 Sitzplätzen an einem guten Tag bewirtet – «ganze Generationen schätzen das ‹Lorenzini›», sagt Geschäftsführer Hlavatovic. «Die Gäste suchen hier diese gewisse Eleganz, für die wir stehen», so der 39-Jährige, der in einer Gastronomenfamilie in der Slowakei aufgewachsen ist.
Elegant: in einem der vier «Salotti» trifft sich auch der Bundesrat zu Arbeitsessen.
«Kein Hipster-Gastronom». Für kulinarische Klassik auf italienische Art sorgt in der Küche der 37-jährige Ricardo Rombola aus Tropea in Kalabrien, der Heimat der berühmten Zwiebeln. Der Koch arbeitet seit zehn Jahren im «Lorenzini» und legt besonderen Wert auf eine frische, gradlinige Fischküche. «Ich bin in Kalabrien mit Fisch aufgewachsen», sagt Rombola. Der «Fisch des Tages» beispielsweise ist heute ein Seeteufel, beliebt sind auch ganze Fische, die am Tisch filetiert werden – ganz im Sinne der klassischen Tugenden, die Lukas Hlavatovic so wichtig sind, wenn er mit einem gewissen Stolz sagt: «Ich bin alte Schule und kein Hipster-Gastronom.»
Lange und mit Liebe gekocht: Pappardelle al sugo «Lorenzini».
«Ich mag Qualität»: Lukas Hlavatovic mit hausgemachtem Tiramisu.
«Grigliata mista di mare»: Riesencrevetten, Oktopus, Tintenfisch und Seeteufel.
Italienische Lebensfreude. Sein Kollege in der Küche geht zwar mit Meeresprodukten virtuos um, kümmert sich aber ebenso liebevoll ums Fleisch in einem Lokal, das konsequent für italienische Lebensfreude und Esskultur steht. Gut zu sehen am Sugo: «In meinen Sugo kommt eine Mischung aus Kalb- und Rindfleisch, dazu Stangensellerie, Karotten, Zwiebeln, Lorbeer und bloss Salz und Pfeffer. Und viel Amore», sagt Küchenchef Rombola lachend. Die Sauce köchle fast den ganzen Tag vor sich hin. An sieben Tagen der Woche ist das Ristorante Lorenzini geöffnet, es gibt hier durchgehend etwas zu essen. Auf das Team von Lukas Hlavatovic und Ricardo Rombola kann sich «Tout Berne» verlassen – vom hohen Minister bis zum einfachen Bürger.