Text: Stephan Thomas

Ohne Fleiss kein Preis. «Man muss die Rebe machen lassen. Wir halten uns zurück. Die Rebe ist die Heldin. Wir beobachten einfach - und wir sind fleissig.» So haben wir noch nie einen reden gehört, der den grössten Teil seiner Trauben verkauft. 90 Prozent gibt Andreas Neukomm nach gut klettgauischer Tradition weg. An Strada, aber auch an Markus Ruch. Die 1,5 Hektaren, die er selber keltert, haben es allerdings in sich. Besonders der Vorzeige-Pinot «St.Maurice», spontan vergoren wie alle Roten aus dem Hause Neukomm. Ihm trauen wir einiges Lagerpotential zu.

 

Prickelnde Überraschung. Für die grösste Überraschung sorgt ein lebendig prickelnder PetNat aus Hochstamm-Äpfeln. Sauergruech, Boskoop und Berner Rosen stecken in dieser aussergewöhnlichen Flasche. Hier kreuzen sich die PetNat-Noten, wie wir sie vom Wein kennen, mit delikater Apfel-Aromatik - ein Wurf! Verantwortlich dafür zeichnet Junior Elias, der nach absolvierter Winzerlehre schon kräftig im Betrieb mitmischt. Auch sein Rosé-PetNat ist besser als manches, was diesen modischen Namen trägt. Elias steuert mit Entschlossenheit in Richtung Bio und Biodynamie, wie viele seiner Generation.

 

Naturwein gegen Corona. Andreas Neukomm ist ein Philosoph. «Man darf die Rebe nicht zu sehr hätscheln. Sie muss ihre Resistenzen entwickeln. Wir Menschen auch, wie sich heute zeigt. Das tun wir etwa, indem wir solchen naturbelassenen Wein trinken. Überhaupt ist vieles für den Menschen gut, was für die Rebe gut ist. Fürs Schlechte gilt das ebenfalls, etwa die Übersäuerung.» Richtig nach Zen tönt es, wenn er vom Hagel redet, der ihm schon übel mitgespielt hat. «Man darf sich vom Risiko nicht verrückt machen lassen. Man muss hergeben können, loslassen können. Seit ich so denke, hat es bei mir nicht mehr gehagelt.»

 

Von wegen trocken. Der Hallauer Bildhauer C.C. Rahm, ein Verwandter der Neukomms, hat einmal gesagt: «Der Klettgau ist eine trockene Gegend!». Er soll damit weder die Niederschläge noch den fehlenden Wein gemeint haben. Vielmehr soll er auf den manchmal eigenwilligen Menschenschlag angespielt haben. Davon haben wir allerdings bei Neukomms nichts gemerkt. Dafür eine ungebrochene Begeisterung für die Mysterien Rebe und Wein - auch nach Jahrzehnten in diesem anstrengenden Beruf.

 

Das liegt im Keller: Cuvée «Bürgerwy» (Merlot, Cabernet Jura) 2018. Merlot «Merlino» 2018. PetNat Rosé «Rosaly».

 

«Coup de coeur»: Pinot Noir «St.Maurice» 2015

 

Drei Restaurants mit Neukomm-Weinen: Fabrice Bischoff in der «Wirtschaft zum Frieden» Schaffhausen (13 Punkte). Urs Blättler im Zeughauskeller Zürich. Christine Ryser und Ursula Flückiger in der Fritzenfluh Wyssachen.

 

Das passt zusammen: Entrecôte, auf starker Glut aus Rebholz medium gebraten, mit frischen Ofenkartoffeln, zu Pinot Noir «St.Maurice» 2015

 

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