«S.Zimmer» in Adelboden: Solo für zwei

«Wir sind klein.» Wie ein Restaurant sieht es eigentlich nicht aus, das kleine Lokal mitten im Dorf. Eher wie eine gemütliche Stube mit ein paar Tischen, einem grossen Bücherregal und einer sehr persönlichen Atmosphäre. Und genau so soll es sein. «Wir sind klein», sagt Stefan Zimmermann (34) und meint damit den Rahmen des Restaurants S.Zimmer, das er gemeinsam mit seiner Frau Tünde (39) führt. Die Geschichte des sympathischen Paares ist eine gastronomische «Love Story» – der Koch aus Thun und die Restaurantfachfrau aus Ungarn haben sich 2015 in Adelboden kennengelernt, als beide im weltbekannten Skiort während der Wintersaison gearbeitet haben. «Nach Feierabend sassen wir im Time Out Pub plötzlich zusammen an einem Tisch, so hat sich das ergeben», erzählt Tünde Zimmermann mit einem Lächeln.

«Solo für zwei.» Zehn Jahre später führt das Paar mit Erfolg ein kleines Restaurant, das bewusst klein gehalten und so organisiert ist, dass es von den beiden ohne weiteres Personal geführt werden kann. Nur während der Wintersaison werden bei Bedarf zusätzliche Leute engagiert, ansonsten ist der Betrieb des «S.Zimmer» ein «Solo für zwei» - und dies auf durchaus beeindruckende Weise. Stefan Zimmermann kocht, richtet an und spült dazwischen auch das Geschirr selbst, während seine Frau an der Front für eine persönliche Atmosphäre sorgt, für welche das kleine Restaurant nicht zuletzt bekannt ist. 

24 Stunden Gemeinsamkeit. «Am Anfang hatten wir Angst davor», sagt Stefan Zimmermann über das Lebens- und Arbeitsmodell mit 24 Stunden Gemeinsamkeit am Tag. Aber mittlerweile habe sich dieser Weg bewährt: «Wir arbeiten hervorragend zusammen und verstehen uns so gut, dass es für das gegenseitige Verständnis nicht viele Worte braucht.» Allerdings habe sich die Work-Life-Balance insofern verändert, als dass als dass das Geschäft fast 24 Stunden lang ein Thema war, mittlerweile wird aber der geschäftliche Teil abends nach dem Service in Ruhe bei einem Glas Wein im Restaurant abgeschlossen. «Zu Hause und in den Ferien reden wir nicht mehr über die Arbeit», so Stefan Zimmermann.

Zugänglich und raffiniert. Die neu gewonnene Lockerheit hat auch damit zu tun, dass sich das «S.Zimmer» längst als eine von vier Fine-Dining-Adressen mit guten Noten im GaultMillau etabliert hat. Fünf Jahre habe das gebraucht, sagt das Paar. Stefan Zimmermann pflegt einen zugänglichen, aber raffinierte Art des Kochens und schätzt seine eigenen Fähigkeiten auf bodenständige Art realistisch ein: «Ich bin noch zu jung für einen unverkennbaren eigenen Stil», sagt er etwa. Damit die Gäste nicht nur zufrieden sind, sondern auch wiederkommen, komme es auf den Geschmack der Gerichte und die Qualität der Produkte an, findet der junge Berner. Er koche auf französischer Basis mit «coolen Saucen» und einer Neuinterpretation der klassischen Küche, beschreibt er ausserdem seine Herangehensweise.

Ehrliche Dankbarkeit der Gäste. Aufgewachsen ist Stefan Zimmermann in einer Familie, in der Gastronomie und Hotellerie zwar fester Bestandteil des Lebens waren, aber «zu Hause habe ich nie gekocht», sagt er. Als es um die Berufswahl ging, hat sich Zimmermann auch als Maurer versucht und zwischendurch auch mal auf dem Bau gearbeitet. Am Ende wurde er dennoch Koch, denn «in der Küche war es auch im Winter warm», sagt er lachend. Richtig kochen gelernt habe er nach einem holprigen Start ins Berufsleben erst bei Heinz Rufibach. Der langjährige Küchenchef des «Zermatterhofs», der kürzlich unter nicht besonders heiteren Umständen seinen Job verloren hat, sei als Mentor prägend gewesen, so Zimmermann. Dass er seine Arbeit gerne macht, hat mit der «ehrlichen Dankbarkeit» zu tun, die man als Koch und Gastgeber von seinen Kunden erfährt, sagt er. «Das hat man in keinem anderen Job und dafür lohnt es sich, morgens aufzustehen.»

Edel und frisch. Und weil er meist ganz alleine in der Küche steht, ist seine Frau Tünde heute seine wichtigste Ansprechpartnerin – gerade auch, wenn es um kreative Entscheidungen geht. Sie hat aus ihrer Heimat Ungarn einen Sinn für eine «pikante Note» mitgebracht, wie sie es selbst ausdrückt. Als Start ins Menü gibt es im «S.Zimmer» traditionell etwas Lángos, das frittierte Fladenbrot, ohne das auch an Foodfestivals kein ungarischer Anbieter auskommt. Bei einem Stück gebratenen Zander bringt Stefan Zimmermann eine besondere Würznote in Form einer Jalapeño-Hollandaise ein, während er bei einer Kombination aus Tatar vom Schweizer Kalb mit Gelbflossenthunfisch vielmehr das klassische Thema des Vitello Tonnato neu interpretiert: Mit Shiso-Sorbet und Petersilienvinaigrette wird aus der Fisch-Fleisch-Kombination eine ebenso edle wie frische Vorspeise. 

300 Kochbücher zu Hause. Zu Inspirationszwecken geht das Paar viel essen, ausserdem stehen über 300 Kochbücher in der Bibliothek zu Hause – einige davon sind auch ins Buchregal im Restaurant ausgelagert. Aber es sei nicht immer einfach, als Alleinkoch Ideen zu entwickeln, gibt Stefan Zimmermann ehrlich zu. «Ich bin nicht immer gleich kreativ», sagt er ehrlich. Jeder gute Einfall müsse auch noch umsetzbar sein und auf Akzeptanz bei den Gästen stossen. «Wir sind hier immer noch in Adelboden», sagen die Zimmermanns. Offensichtlich hat sich das Gastronomen-Paar perfekt an die Verhältnisse in ihrem kleinen, charmanten Restaurant sowie an die Gegebenheiten dieses besonderen Ortes im Berner Oberland angepasst, was für eine erfolgreiche Geschäftskarriere beste Voraussetzungen sind. 

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