Text: GaultMillau Schweiz I Fotos: Remy Steiner
13 Punkte als Einstieg. Wussten Sie, dass im Zürcher «Bellerive Studio», wo heute das gleichnamige Restaurant der Ameron-Hotelgruppe seine Gäste empfängt, eine Schweizer Version des Silvester-Sketches «Dinner for One» mit den Originaldarstellern gedreht wurde? Dies erfährt man auf der vordersten Seite der Speisekarte des 2021 eröffneten Restaurants im Zürcher Seefeld-Quartier. Dort steht Norbert Kiraly in der Küche – und glänzt mit einer Handschrift, die an Reduziertheit kaum zu übertreffen ist. Gerne schicken wir ihm 13 Punkte als Einstiegsnote.
Einstieg ins Menü: abgeflämmter Ziegenricotta mit Birnenchips & Feigensenf.
Intensives Kalt-Warm-Spiel: Luma-Entrecôte, Pilzessenz & Petersilienwurzelglace.
Perfekter Gargrad: Kalbsfilet & gegrillter Scampo mit Kartoffelmousseline.
Pilzessenz, die lange nachhallt. Man sollte sich vom Amuse-Bouche, das bloss die Grösse eines Einfränklers hat, nicht irritieren lassen: grillierten Pfirsich mit säuerlichem Frischkäse und frisch gemahlenem Pfeffer. Beim ersten Gang des Abendmenüs ist die Portion dann bereits grösser: Dekoriert mit einigen Blättern Kapuzinerkresse kommt abgeflämmter Ziegenricotta mit dehydrierten Birnenchips und pikantem Feigensenf auf den Teller. Wenige Komponenten sorgen für viel Geschmack! Ebenso schlicht dargeboten wird danach eine nur ganz kurz grillierte Tranche Luma-Entrecôte in geschmacksintensiver, lange nachhallender Pilzessenz, gekrönt von einer Nocke Petersilienwurzelglace! Das Glace ist für unseren Geschmack eine Spur zu süss, doch das Kalt-Warm-Spiel funktioniert hervorragend.
Chices «Studio Bellerive»: Es ist zugleich Grillroom, Brasserie und Bar.
Grill ist fürs Konzept essenziell. Der Zwischengang des Menüs von Kiraly? Ein pointiert säuerlicher Gurken-Gazpacho mit leicht angegrillten, von der Haut befreiten Peperonistücken als Einlage. Sie sorgen in diesem Gericht für eine passende Bitterkeit. Auch das Schnittlauchöl passt zur Kombi. Dass hier im Bellerive Studio immer wieder Zutaten auf dem Grillrost landen, ist übrigens Teil des Konzepts – man versteht sich hier als Grillroom, Brasserie und Bar gleichermassen. Und so wird als Hauptgang ein perfekt medium gebratenes Kalbsfilet serviert. Die schlicht gehaltenen Komponenten als Beilage: ein gegrillter, tranchierter Scampo, noch leicht knackig, Kartoffelmousseline und Jus.
Süsses Finale: Joghurtmousse mit dekorativem Honigbiskuit & Honigperlen.
Etwas Molekularküche zum Schluss. Schon ist man beim süssen Finale des Abends im chicen Restaurant: ein gelungenes Joghurtmousse mit dekorativem Honigbiskuit und etwas dickschaligen Honigperlen, wie man sie aus der Molekularküche kennt. Das Fazit: Die Konsequenz, mit der Norbert Kiraly seine Gerichte ohne Schnickschnack serviert, ist beeindruckend. Bleibt zu hoffen, dass er diesen eingeschlagenen Weg im Zürcher Seefeld genauso weitergeht.