Spagat zwischen Bodenständigkeit und Raffinesse. Die hoch über dem Zürichsee gelegene, mehr als 100 Jahre alte «Buech» ist kein Restaurant wie jedes andere. Es ist eine echte Institution. Und: So mancher Goldküsten-Gourmand trauert dem alten Konzept mit Klassikern wie Wiener Schnitzel oder Kalbsleberli nach. Eine Knacknuss für Andreas Caminada und sein Team vor Ort! Küchenchef Nicolas Schröder, zuvor Daniel Zeindlhofers rechte Hand im Zürcher «Igniv», bleibt trotzdem cool, meistert mit seiner ersten Karte den Spagat zwischen Bodenständigkeit und Raffinesse souverän. Das Angebot reicht von erfrischend bis sinnlich-üppig, von Kingfish mit Quitten-Ceviche und Kohlrabi bis zu Sauerrahm-Mohn-Schmarrn mit Heidelbeeren und Vanilleglace. Für die Fans der grossen Klassik gibt es Pâté en croûte mit Selleriesalat oder schaumige Krustentiersuppe, für Pasta-Liebhaberinnen und -Liebhaber Mezzelune mit Spinat. Bild oben: Küchenchef Nicolas Schröder und Gastgeberin Fabiola Reimund.

Portrait: Andreas Caminada, Schloss Schauenstein, GR

Andreas Caminada hat der «Buech» ihr neues kulinarisches Konzept auf den Leib geschneidert.

Jalapeños zum Tatar. Doch das ist längst nicht alles: Auch auf Rindstatar mit Jalapeños und knusprigem Schwarzbrot, dünn aufgeschnittenes Kalbfleisch mit Nussbutter-Mayonnaise und Trüffel, Rehrücken, konfierte Entenschenkel, Fleischvögel oder Tarte Tatin dürfen sich die Gäste freuen. «Bei der Komposition der Karte haben wir unsere Lieblingsgerichte als Ausgangspunkt genommen und dann überlegt, wie wir den Bogen zwischen der Tradition des Hauses und dem Geist der nahen Metropole Zürich schlagen können», erklärt Chef Nicolas. Der 31-Jährige, ein gebürtiger Belgier, ist im süssen Bereich ebenso beschlagen wie im herzhaften. Kein Wunder: Er war Chef-Patissier auf «Schloss Schauenstein» und auch im «Igniv» für die Desserts verantwortlich. Teil der Caminada-Familie ist Schröder seit 2020. Er betont: «Ich möchte unseren Gästen zeigen, wie sehr mich die besondere Atmosphäre der ‹Buech› inspiriert, und sie mit geradlinigem, gutem Essen begeistert.»

Restaurant Buech, Herrliberg, ZH

Gepolsterte Sessel sorgen in der neuen Stube für Gemütlichkeit, auf Tischdecken wurde bewusst verzichtet.

Restaurant Buech, Herrliberg, ZH

Beeindruckende kulinarische Visitenkarte: Geflämmter Kingfish mit Quitten-Ceviche und Kohlrabi.

Ein traumhafter Zander. Der Star auf der Karte ist für uns der Zander mit Sauerkraut, karamellisierten Trauben und Beurre Blanc. Eine veritable «Götterspeise», sinnlich und elegant zugleich, mit perfekt dosierter Säure. Der als Beilage servierte Kartoffelstock ist mit Nussbutter «gepimpt». Clever und verdammt gut! Schön frisch und leicht sind beim ersten Lunch die Vorspeisen: Von den Bittersalaten mit eingelegten Mirabellen und Haselnüssen über den sanft geräucherten Saibling mit Radieschen, Meerrettich und Kräuteröl bis zur komplexesten Kreation: Kingfish mit Quitten-Ceviche, Kohlrabi und Physalis. Im Ceviche-Sud stecken jede Menge Zwiebeln; Zitronengras und Koriander sorgen für einen asiatischen Akzent. Der geflämmte Fisch wurde mit Essig gebeizt und in Öl eingelegt, was ihm zu einer wunderbaren Konsistenz verhilft. Zum süssen Abschluss gibt es ein Dessert, das seine Wurzeln auf «Schloss Schauenstein» hat: karamellisierter Apfel mit Zimtwaffel, Apfel-Butter-Glace und Apfelsud. Perfekt für den Winter und eine Umarmung für die Seele.

Buech

Einzigartiger Charme: Blick in die Zuberhütte, einer der drei Winzerhütten der «Buech».

Restaurant Buech, Herrliberg, ZH

Der mit Radieschen, Meerrettich und Kräuteröl servierte Saibling ist sanft geräuchert.

«Ein Ort mit unendlichen Möglichkeiten». «Die ‹Buech› ist ein unglaublicher Ort mit unendlichen Möglichkeiten», schwärmt Andreas Caminada und hält fest: «Uns war es wichtig, ihren Charakter zu bewahren und gleichzeitig das Profil des Restaurants mit ein paar kreativen Akzenten zu schärfen.» Das ist auch dem Interieur anzusehen. Die «Buech 2.0» wirkt frischer, aber genauso gemütlich wie zuvor. Farblich auf die einzelnen Räume abgestimmte Sitzpolster sind die augenfälligste Neuerung. «In jedem Bereich soll eine Verbindung zur umliegenden Natur und de Kunst an den Wänden spürbar sein», erklärt Caminada, der hier mit dem Interior-Design-Team des Atelier Zürich zusammenspannte. Mit dem Ziel, «den schwer in Worte zu fassenden Puls der Stadt spürbar zu machen.»

Restaurant Buech, Herrliberg, ZH

Herzstück der neuen Stube: eine lange Tafel mit Sofa, auf dem man am liebsten den ganzen Tag sitzen bleiben würde.

Der «Mammertsberg» lässt grüssen. Dass die Caminada Group in der «Buech» Einzug gehalten hat, sieht man auch an diversen Details. Auf dem Spirituosenwägeli etwa steht neben Destillaten von Christian Orator aus Pfungen und dem wunderbaren Bündner Heuschnaps von Carina Lipp-Kunz aus Maienfeld eine Flasche «Thurgoni». Die Thurgauer Antwort auf den Negroni ist der Signature Drink des Restaurants Mammertsberg in Freidorf TG, das Caminada zusammen mit Silvio Germann gepachtet hat. Aus den Lautsprechern klingt entspannte Lounge-Musik. Super stylish sind die Tischlampen mit Marmorsockel und Lampenschirm aus Korbgeflecht. Die spektakuläre Kunst an den Wänden – unter anderem Werke von Henri Matisse, Andy Warhol und Pablo Picasso – war schon vor Caminada da. 

Gastgeberin mit Herz. Als Bindeglied zwischen Küche und Gästen fungiert Fabiola Reimund. Sie leitet zum ersten Mal ein Restaurant und freut sich riesig über das Vertrauen von Andreas Caminada. «In Zürich fühle ich mich zu Hause, und ich möchte, dass unsere Gäste meine Liebe zur Region spüren», sagt sie. «Diesen traditionsreichen Betrieb mit Leben zu füllen, ist eine wunderbare und spannende Aufgabe.» Fabiola, die innerhalb der Caminada Group auf Schloss Schauenstein und zuletzt im «Igniv» in Bangkok arbeitete, kennt die Region Zürich aus ihrer Zeit als stellvertretende Restaurantleiterin bei Stefan Heilemann im «Widder». Von der Lage der «Buech» ist sie hellauf begeistert: «Was gibt's Schöneres, als bei einem Glas Wein und gutem Essen die Sicht auf See und Berge zu geniessen?»

Spezial-Job für Ines. Ines Triebenbacher, die Restaurantleiterin des Zürcher «Igniv», steht Fabiola als Ansprechperson für alle möglichen und unmöglichen Fragen zur Verfügung. Auch die Weinkarte hat GaultMillau «Gastgeberin des Jahres 2025» zusammengestellt. Das Ergebnis ist beglückend, unter anderem dank spannenden Champagnern und Zürcher Weinen. Sogar einen 2002er Chardonnay vom Weingut Schipf gibt es. Die Preise? Mehr als fair! «Wir sind sehr happy, dass uns Ines' Expertise auch hier zugutekommt», sagt Andreas Caminada.

Buech

Blick in die grosse Stube: Der rustikale Charme der «Buech» ist bei der sanften Renovation unangetastet geblieben.

Caminada denkt auch an spontane Gäste. Neben dem Hauptgebäude mit der grossen und zwei kleineren Stuben gehören zur «Buech» drei charmante Winzerhütten, die für private Veranstaltungen gemietet werden können. Die neue Stube, der einzige Raum, von dem man nicht auf den See sieht, ist besonders stilvoll eingerichtet. Mit zahlreichen Bildern, einer grossen Tafel, drei Polsterstühlen und einem Sofa, auf dem man am liebsten den ganzen Tag sitzen bleiben würde. Das gemütlichste Plätzchen befindet sich aber in der kleinen Stube, direkt hinter dem Kachelofen. Hier sitzt man auf zwei Bänkli gleich unterhalb des Picasso. Im Frühling eröffnet in der Trotte neben dem Restaurant das «Atelier Caminada», eine Mischung aus Café und Lädeli, wo spontane Gäste ein Birchermüesli, eine Tasse Kaffee oder ein Glas Wein geniessen können. «Wir freuen uns sehr, die Zusammenarbeit mit Andreas Caminada an diesem besonderen Ort zu intensivieren», sagt Marco Zanolari, der CEO von The Living Circle. «Da Andreas' Frau Sarah in Herrliberg aufgewachsen ist, war es nicht schwierig, ihn zu überreden, hierher zu kommen.»

Tag der offenen Tür im Dezember. Am Sonntag. 7. Dezember lädt die «Buech» von 9 bis 16 Uhr zum Tag der offenen Tür. Ab Donnerstag, 20. November ist das Restaurant offiziell geöffnet, jeweils von Mittwoch bis Sonntag von 11.30 bis 15 Uhr und von 18 bis 23 Uhr.

Fotos: Digitale Massarbeit, Rémy Steiner, HO The Living Circle