Fotos: Lukas Lienhard
Es riecht nach Mittelmeer. Die frühere Brasserie Süd heisst jetzt nur noch «Süd», und der Name ist Programm. Schon beim Eintreten riecht es nach dieser unverkennbaren Mischung, die entsteht, wenn Parmesan frisch über einen warmen Pastateller gerieben wird. Genau darum geht es beim neuen Konzept, das Küchenchef Andrea Vailati mit Engagement und Raffinement umsetzt. Pasta wird mehrmals wöchentlich frisch zubereitet und mit klassischen Toppings wie Cacio e Pepe, aber auch modernen Saucen wie einer Kombination aus Federkohl, Büffelricotta und Eigelb serviert. Dazu finden sich auf der Karte ansprechende mediterrane Gerichte und Klassiker wie Beef Tatar. Und, wenn man so will, alle Wege führen in den Süden: Taxis, Tram, Bus, S-Bahn und Intercity-Züge halten vor dem Restaurant, das verkehrstechnisch wohl besser angebunden ist als die meisten Lokale im Land. Grosses Bild oben: «Süd»-Küchenchef Andrea Vailati & Tavolata

Auf mediterrane Art: Beef Tatar mit Topinambur-Chips, Haselnüssen und Kapuzinerkresse-Blätter.

Pasta auf moderne Art: Trombette mit Federkohl, Büffelricotta und Eigelb.
Das gewisse Etwas. Chef Andrea Vailati hat eine gute Balance gefunden zwischen den Erwartungen der Gäste an italienische Küche, die er scheinbar mühelos zu erfüllen vermag und seinen eigenen kreativen Vorstellungen. Es gelingt ihm immer wieder, mit kleinen Einfällen die Erwartungen zu übertreffen. Das zart-bittere Wintergericht aus cremiger Burrata, knackigem Radicchio und dünnen Scheiben reifer Blutorange erhält mit etwas Olivenöl und Rauchmandeln eine Würz- und Salznote und einen gewissen «Twist». Beim hervorragend geschmorten Ragù, welches die dafür bestens geeigneten Conchiglie schön aufnehmen können, sorgt etwas Basilikumöl für Frische, die gut zum breiten, süsslichen Umami-Geschmack der klassischen Sauce passt. Die Pasta ist präzise gekocht, wobei man die schweizerische Vorstellung von «al dente» trifft und nicht den bisweilen etwas forcierten italienischen Gargrad. Kräuter – diesmal in Form eines Pestos – machen auch bei den wunderbar und traditionell auf Wurzelgemüse geschmorten Kalbskopfbacken auf Bramata den feinen Unterschied.

Liebe und Leidenschaft: Chef Andrea Vailati ist mit italienischer Küche aufgewachsen.

Perfekt geschmort: hausgemachte Conchiglie mit klassischem Ragù und Basilikum-Öl.

Viele Wege führen nach Süden: Restaurant Süd am Hauptbahnhof.
Mit voller Überzeugung. Nach mehreren Besuchen im neuen «Süd» verfestigt sich der Eindruck, dass das Team um Andrea Vailati das Konzept mit Überzeugung und dem festen Glauben an die eigene Idee umsetzt. In den ersten Wochen ist auch zu spüren, dass Details kontinuierlich verfeinert und verbessert wurde. Und genau darum ging es bei der Neuausrichtung, welche die beiden verantwortlichen Gastronomen Nenad Mlinarevic und Valentin Diem («Neumarkt», «Bauernschänke», «Neue Taverne») vorgenommen haben. «Wir hatten uns für ein Konzept entschieden, welches uns nicht hundertprozentig entsprochen hat», sagte Diem im Interview mit dem GaultMillau-Channel über die frühere Brasserie Süd. Das ist jetzt, wo die Brasserie aus dem Namen gestrichen wurde, offensichtlich anders. Nenad Mlinarevic sprach im selben Gespräch davon, dass Andrea Vailati «mit Liebe und Leidenschaft an die neue Aufgabe» herangehe. Genau diesen Eindruck machen die Gerichte, die jetzt serviert werden.

Dafür sollte Platz bleiben: das Tiramisu nach traditioneller Zubereitungsmethode.
The place to b. Das Menü mit fairen Preisen (Pasta und Gnocchi zwischen 19 und 39 Franken) bietet mittags viele A-la-Carte-Optionen sowie drei Gerichte an, die «rapido» serviert werden. Bei den Pasta-Tellern stehen immer zwei Portionengrössen zur Auswahl. Abends kann man sich ausserdem auf eine mediterrane Tavolata einlassen und einen kulinarischen Rundgang durch südliche Gefilde unternehmen. Es empfiehlt sich, dabei etwas Platz fürs Dessert zu lassen: Das klassisch zubereitete Tiramisu ist allein schon die Bahnfahrt wert. Wegen seiner guten Lage ist das «Süd» vor allem mittags für Business-Meetings sehr beliebt, eine Reservation ist deshalb empfehlenswert. GaultMillau-Rating noch ausstehend.
Die GaultMillau-Tester stellen im Auftrag der UBS jede Woche einen «Place to b.» vor: Adressen für den gepflegten Businesslunch, für den Brunch am Wochenende, für ein Essen mit Freunden, für Trendsetter & Entdecker, für Verliebte. Bereits erschienene «Tipps der Woche» finden Sie hier.

