Jonathan Pichler, wie mögen Sie Erdbeeren am liebsten?

In meiner Kindheit gab es jeweils während zwei oder drei Wochen pro Jahr vollreife Erdbeeren vom Bio-Bauern in der Nachbarschaft. Wir assen sie jeweils bloss mit Schlagrahm oder mit Vanilleglace. Und so habe ich sie bis heute am liebsten! 

Macht es Sinn, Erdbeeren mit Zucker zu würzen?

Wenn sie vollreif sind, kann man sich das getrost sparen! Nicht mal der Schlagrahm dazu sollte meiner Meinung nach gesüsst werden.

Wie erkenne ich denn vollreife Früchte?

Das ist in der Tat gar nicht so einfach. Auch tiefrote Erdbeeren können wässrig schmecken – und darum sollte man sie wenn immer möglich probieren. Bloss, dass das im Supermarkt leider nicht geht.

Gibt es denn nichts, worauf ich achten kann?

Ich sag mal so: Alles, was vor dem Mai oder nach August ins Gestell kommt, kann gar nicht gut sein. Und von Ware aus Holland oder Spanien würde ich im Normalfall abraten. Zudem sagt auch die Grösse überhaupt nichts aus über den Geschmack. Eigentlich ist es wie bei den Tomaten: Gute Erdbeeren sind wirklich selten zu finden. Allenfalls achtet man auf die Sorte, ich mag zum Beispiel die rare Sorte «Mieze Schindler» besonders gern, die schmeckt fast schon kitschig, ist aber in der Schweiz kaum zu bekommen. Köstlich ist auch die französische «Mara des Bois», sie wird in bester Qualität unter anderem im Kanton Thurgau geerntet.

Können Sie uns eine einfache Zubereitung nennen, die trotzdem überrascht?

Die Kombinationsmöglichkeiten sind ungeheuer vielfältig. Zu Erdbeeren passt Spargel, Sauerampfer, Schokolade oder auch Stangensellerie.

Stangensellerie?

Ja. Lassen Sie etwas Zucker karamellisieren und löschen ihn mit einem Schluck Weisswein ab. Dann geben Sie Erdbeeren hinzu und lassen das Ganze einkochen. Schliesslich wird das Kompott abgekühlt und kleingeschnittener Stangensellerie und etwas gehackter Ingwer untergehoben. So passt es hervorragend zu einem Soufflé oder zu Kaiserschmarren. Neulich habe ich auch einen Essig angesetzt.

Restaurant Magdalena; Rickenbach SZ; Schwyz, Jonathan Pichler

Patissier Jonathan Pichler kombiniert auch mal Erdbeere & Stangensellerie.

Dessert Jonathan Pichler

Ausserhalb der Erdbeersaison sind die Nachspeisen des Magdalena-Patissiers meist aufwändiger.

Restaurant Magdalena, Rickenbach SZ, Schwyz, Dominik Hartmann, Adriana Hartmann, Marco Appert, Jonathan Pichler Restaurant Magdalena in Rickenbach, Redesign, SZ 2024

Das Lokal in Rickenbach SZ, wo Pichler arbeitet, wurde jüngst einem Redesign unterzogen.

Wie geht denn Erdbeer-Essig?

Man füllt ein Glas mit voll- oder gar überreifen Erdbeeren und leert dann heissen Essig drüber. Deckel drauf und eine Woche warten – fertig ist ein schön roter, sehr intensiver Erdbeer-Essig. Er kann für Vinaigrettes oder in Sorbets als Würze verwendet werden.

Was halten Sie davon, wenn man Erdbeeren in einen salzigen Zusammenhang stellt?

Da muss man vorsichtig sein und verwendet wohl am besten einfach die frischen Früchte – aber das funktioniert schon. Ich könnte mir auch vorstellen, dass man die Erdbeeren noch leicht unreif pflückt und eine Art Umeboshi herstellt, so wie es in Japan mit Pflaumen üblich ist.

Frisch sind Erdbeeren ja offensichtlich am besten, aber kann ich sie trotzdem einen oder zwei Tage aufbewahren? 

Man sollte sie dann aber unbedingt aus der Kartonschale nehmen und so auf ein Blech geben, dass sich die einzelnen Früchte nicht berühren. Wichtig ist zudem, dass man sie erst dann wäscht, wenn man sie danach gleich isst. Es ist auch hier wie bei den Tomaten: Wenn sie im Kühlschrank waren, sollte man sie unbedingt vor dem Genuss temperieren!

 

 

>> Jonathan Pichler ist Patissier im vegetarischen Restaurant Magdalena in Rickenbach SZ. Er punktet oft mit Nachspeisen, die auch mal aus 15 bis 20 verschiedenen Komponenten bestehen. (Lesen Sie hier!) Das Restaurant in der Nähe von Schwyz ist aktuell mit 17 GaultMillau-Punkten ausgezeichnet. 

 

Fotos: Digitale Massarbeit und Olivia Pulver