Interview: Daniel Böniger

Jonathan Pichler, Ihr Dessert war heute der Knaller! Was war alles auf dem Teller? 

Im Zentrum steht das Schokoküchlein. Das weisse Sorbet war aus Koa, dem Saft der Kakaofrucht; das rote Sorbet aus Blutorange. Die Schalen der Orange habe ich mit Zucker eingekocht und damit die auffällige Spirale obendrauf geformt. Crumble aus gerösteten Kakaobohnen war dabei. Dann noch die Hagebutten-Sphäre auf einer Mousse aus Amaranth und Bionda-Schokolade. Rosmarin setze ich als Pulver und als Creme ein - damit muss man vorsichtig sein, sonst schmeckt das schnell medizinal… 
 

Bevor wir den Überblick verlieren - wie viele Komponenten waren es? 

Ich habe sie nicht gezählt - normalerweise kommen bei mir zwischen 15 und 20 Bestandteile zusammen. Ich achte darauf, dass jede Komponente einzeln gut schmeckt - aber es soll ja vor allem als ganzes Gericht funktionieren. 
 

Wie probiert man als Patissier sein eigenes Gericht? 

Ich richte ein Dessert fertig an und setze mich dann ins Restaurant, um es zu essen wie ein Gast. Wenn nebendran jemand grad 20 Liter Jus kocht, fehlt mir einfach die Konzentration! 
 

Nehmen Sie möglichst alle Komponenten auf den Löffel? 

Tatsächlich mache ich das so. Aber ich probiere auch in sinnvollen Gruppen: Beim Dessert von heute zum Beispiel ein wenig vom Kuchen, etwas Blutorangensorbet und Rosmarincreme. Mein Ziel ist es, dass das die Kreation auch beim dritten Löffel nicht langweilig wird. 
 

Hand aufs Herz - sind alle Zutaten wegen des Aromas gewählt? Oder arbeiten Sie auch mal mit Ingredienzen, die Sie wegen der Optik auswählen? 

Zugegeben, die Blütenblätter, mit denen ich ausdekoriert habe, sind am Gaumen wohl für die meisten kaum wahrzunehmen. Aber eigentlich sollte alles aromatisch schon Sinn ergeben. 
 

Barkeeper Philipp Kössl bereitet den Signature Drink Bloody Rosemary (Rosmarinkombucha, Mandarinenshrub, Ingwersirup und Randen) zu - IGNIV Zürich - Chefkoch Daniel Zeindlhofer und Gastgeberin Ines Triebenbacher - Freitag, 22. Mai 2020 - Copyright Olivia Pulver Igniv, Zürich, Daniel Zeindlhofer © Olivia Pulver

Hat es Jonathan Pichler angetan: Die Bar im Igniv, Zürich - hier mit Barkeeper Philipp Kössl.

Ist es eigentlich Vor- oder Nachteil, als Patissier den Abschluss des Abends zu bestreiten? 

Es ist manchmal schon eine Challenge, wenn all die Gänge zuvor fordernd sind. Da ist der Gast weniger parat, als am Anfang des Abends… Wenn man es dann allerdings schafft, den Spannungsbogen beizubehalten, dann ist der Job enorm befriedigend. 

 

Wo essen Sie selber gerne Desserts?  

Sensationell fand ich das Room4Dessert in Bali und das Coda in Berlin. Bei solchen Dessertrestaurants macht es durchaus Sinn, wenn auch mal Aubergine im Zentrum eines süssen Gangs steht. Mit Gemüse im Restaurant muss man ja eher vorsichtig sein… 

 

Und wo geniessen Sie ein ganzes Essen? 

Ich gehe gern gutbürgerlich essen, auch hier im Kanton Schwyz. Im Landgasthaus Bauernhof Lauerz gibt es etwa ein wunderbares Cordon bleu! In Zürich mag ich das Igniv, wegen der tollen Bar dort! 

 

>> Jonathan Pichler (29) ist Chef-Patissier und Sous-Chef im vegetarischen Restaurant Magdalena in Rickenbach SZ, das mit 17 GaultMillau-Punkten ausgezeichnet ist. Der gelernte Konditor aus Vorarlberg war zuvor unter anderem bei Jan Hartwig im «Atelier» in München, bei Andreas Caminada auf Schloss Schauenstein und im «Einsunternull» in Berlin tätig.

 
 

Foto-Collage: Digitale Massarbeit, Foto Igniv: Olivia Pulver.