Diplomatische Offensive. Es war eine Art diplomatische Offensive von Guy Ravet, dem Präsidenten der sehr aktiven Vereinigung Les Grandes Tables de Suisse, welche die Türen für einige Schweizer Küchenchefs nach China geöffnet hat. Kürzlich kehrte 19-Punkte-Koch Marco Campanella, Chef der La-Brezza-Restaurants in Ascona und Arosa, zurück aus Asien. Einen Monat ist er durch das Reich der Mitte gereist, auf kulinarischer Entdeckungsreise mit seiner Familie und seinen Mitarbeitern, dazu kam ein zehntägiger Gastkoch-Auftritt im Aman Hotel in Shanghai. «Am Montag sind wir im Hotel angekommen, am Dienstag haben wir schon zusammen mit Guy Ravet auf Einladung von V-ZUG ein 4-Hands-Dinner ausgerichtet», erzählt Campanella. Grosses Bild oben: Marco Campanella bei seinem Auftritt im Aman Hotel in Shanghai.

Exklusiv: 4-Hands-Dinner von Marco Campanella und Guy Ravet im Aman Hotel in Shanghai.

Auf Einladung von V-ZUG: Marco Campanella und Guy Ravet in Shanghai.
Abenteuerliche Logistik. Die Organisation und Logistik für ein Engagement als Gastkoch in einer so exotischen Destination sei anspruchsvoll und bisweilen abenteuerlich gewesen, berichtet Marco Campanella. «Wir hatten einen Monat im Voraus Listen und Rezepte für Zutaten und Vorbereitungsarbeiten geschickt. Davon konnten aber nur ein kleinerer Teil erledigt werden.» Ein Teil der Bestellungen sei ausserdem vergessen gegangen. «Als wir dann da waren, traf alle paar Stunden wieder etwas ein, während wir schon miten in den Vorbereitungen waren», sagt Campanella. Aber der Koch des Jahres 2025 lässt sich von solchen Erschwernissen nicht aufhalten: «Ich war trotz allem sehr entspannt. Mir war wichtig, dass die Gerichte schmecken. Mein Anspruch war nicht, dass wir denselben Aufwand betreiben wie zu Hause.»

Grosses Medien-Interesse: Marco Campanella im Gespräch mit einer chinesischen Journalistin.

Grosse Begeisterung: 10 Abende mit je 40 Gäste kochte Campanella in China.
Viele Journalisten-Fragen. Unter den Gästen in Shanghai waren Verantwortliche renommierter Schweizer Unternehmen wie V-ZUG oder Läderach, aber auch viele Journalisten und TV-Teams: «Die chinesischen Medien waren sehr interessiert an europäischem Essen und haben viele Fragen gestellt», so Marco Campanella. Zusammen mit seinem Sous-Chef Alessio Losauro und Saucier Konrad Heineke sowie 13 Köche als Unterstützung aus dem Hotel hat die Schweizer Delegation an zehn Abenden für jeweils rund 40 Leute gekocht. «Wir mussten unseren Stil dafür schon etwas anpassen und haben beispielsweise viel weniger Salz verwendet», berichtet Campanella.

Dessert by Marco Campanella: Joghurt, Apfel und Matcha-Tee für die chinesischen Gäste.
Quallen, Dumplings, Szechuan-Pfeffer. Vor und nach dem Auftritt als «Team Switzerland» in Shanghai machte sich der Koch mit den Geschmackswelten Chinas vertraut. In der Hauptstadt des Riesenlandes etwa hatte Campanella die Gelegenheit, die angeblich «beste Peking-Ente in Peking» zu essen: «Wir sassen in einem Privat Dining-Room und uns wurde so viel Essen serviert, dass es zur Herausforderung wurde. Aber die Ente war fantastisch, so etwas habe ich noch nie gegessen», sagt er. In Shanghai wiederum hat Marco Campanella viel Streetfood probiert: Einen Knödel, gefüllt mit Krabbenbisque, die man mit einem Strohalm schlürft, bevor der Dumpling mit der Krabbenfüllung gegessen wird. «Ich habe auch Qualle gegessen, die war etwas gummig und hat sehr nach Meer geschmeckt», so Campanella. Am besten habe ihm ein gebratener, knusprig-fluffiger Dumpling, gefüllt mit Garnelen und Gemüse, gefallen. Etwas gewöhnungsbedürftig sei hingegen die omnipräsente Schärfe und die exzessive Verwendung von Szechuan-Pfeffer gewesen. «Die leicht betäubende Wirkung des Pfeffers am Gaumen wurde irgendwann zu viel», sagt er. Trotzdem hat etwas von dem typischen chinesischen Gewürz den Weg in die Schweiz gefunden: «Ich habe von einem chinesischen Koch einen besonderen Pfeffer geschenkt bekommen, den ich jetzt in meiner Küche verwende», so Marco Campanella.

