Text: Daniel Böniger I Fotos: Lucia Hunziker

«Anything goes» im Quartierlokal. So geht Wohlfühlküche! Perfekt rosa gegartes Lammgigot wird mit einem kräftigen Balsamico-Jus serviert. Dazu gibts Schlutzkrapfen mit Sauerklee-Frischkäsefüllung und sautierte Eierschwämmchen. Einige Krümel Chèvre, vom gleichen Hof wie das Lamm, setzen optisch wie aromatisch Akzente. Dieser Teller kommt auf den Tisch in der Taverne Johann mitten in Basel - ein Lokal, wo man die Wahl hat zwischen Gourmetmehrgänger und Wurst mit Kartoffelsalat. Das ungezwungene Nebeneinander der Gäste ist ein grossea Anliegen von Chris Hartmann. Grosses Bild oben: Chef Hartmann (l.) mit Bauer Stefan Itin.

Hartmann zerlegt 100 Tiere jährlich. Der 35-jährige Küchenchef ist einer, der seine Produkte genau auswählt: Da während des ganzen Jahres Wild auf seiner Karte steht, hat er beständigen Kontakt mit rund zehn Jägern. «Mehr Bio geht nicht!» Auch die Herkunft seiner Rinder kennt er genauestens, ebenso die Produzenten der Lämmer. Wohlgemerkt, die jährlich rund 100 Tiere fürs Restaurant werden ganz angeliefert, Innereien inklusive. «Das Fleisch zerlege ich manchmal am Feierabend, nach dem Service gehe ich gern noch eine Stunde in den Keller», sagt Hartmann. «Zusammen mit einem Glas Weisswein und ein wenig Countrymusik kann ich so gut herunterfahren.» Und, dies ergänzt der Koch, es kämen ihm dabei oft Ideen für die nächste Karte. Dass er nicht nur die Edelstücke verwendet, ist dabei Ehrensache: «Manchmal gibt es einige Portionen frische Leber mit Nierli auf der Karte. Mit den Knochen koche ich meine Saucen selber. Und manchmal haben die Stammgäste Glück und bekommen ein Gericht mit Zunge oder Herz.» Doch ist Hartmann längst nicht am Ziel: Er will künftig noch näher an der Quelle sein und baldmöglichst den Jagdschein machen. 

 

                               Lammgigot Taverne Johann

Wohlfühlküche in der Taverne Johann in Basel: Lammgigot mit Schlutzkrapfen & Balsamico-Jus.

Lammgigot aus dem Ofen mit Jus aus altem Balsamico, Schlutzkrapfen mit Sauerklee-Frischkäsefüllung, Eierschwämmen und «Fetana»-Bröckchen von Christoph Hartmann, Koch Taverne Johann, Basel, 12.09.2023, Foto Lucai Hunziker

Will wissen, woher seine Tiere kommen: Küchenchef Chris Hartmann.

Gut verträglich: Kuhmilch für die Lämmer. Der Mettlihof in Maisprach BL ist ziemlich genau eine halbe Autostunde von der Taverne Johann entfernt. Nicht selten kommt Bauer Stefan Itin höchstpersönlich vorbei, bringt seinen Schafskäse - und nimmt gleich das alte selbstgebackene Brot von Hartmann mit. Vorgesehen wäre es als Tierfutter, doch es sei so gut, scherzt der Bauer, dass er hin und wieder auch mal davon esse. Itin, der heute von Hartmann besucht wird, ist ein Landwirt, wie er im Buche steht: kariertes Hemd, Dächlikappe, Oberlippenbart. Auf seinem Bio-Hof auf einer Anhöhe über Dorf und Rebbergen gelegen hält er rund 150 Tiere: Mehr als die Hälfte davon sind Schafe für die Milchproduktion. Hinzu kommen etwa 30 Lämmer, von denen nicht wenige im Basler Quartierlokal landen. Nicht unwichtig sind zwei Hand voll Kühe: Sie liefern Milch für die Lammaufzucht, was den Tieren im Gegensatz zur Aufzucht mit Pulvermilch keine Bauchbeschwerden mache. 

 

 

Auf dem Hof von Stefan Itin in Maisprach BL, Christoph Hartmann, Koch Taverne Johann, Basel, 12.09.2023, Foto Lucai Hunziker

Stefan Itin, Bauer wie aus dem Buche.

Mettlihof. Auf dem Hof von Stefan Itin in Maisprach BL, Christoph Hartmann, Koch Taverne Johann, Basel, 12.09.2023, Foto Lucai Hunziker

Etwas oberhalb von Maisprach BL: der Mettlihof. 

Auf dem Hof von Stefan Itin in Maisprach BL, Christoph Hartmann, Koch Taverne Johann, Basel, 12.09.2023, Foto Lucai Hunziker

Liefern Milch für Käse und Joghurt: Itins Schafe.

Starchef & Bauer kennen sich seit Jahren. Hartmann und Itin haben offensichtlich einen guten Draht zueinander. Kein Wunder, hat der Koch doch schon an seinen früheren Stationen (u.a. Ufer 7, das wie die Taverne Johann zur Wyniger-Gruppe gehört) beim Landwirt eingekauft. Beim Besuch auf dem Hof schauen die beiden natürlich nicht zuletzt zu den Lämmern, die für die Quartierbeiz mit Anspruch reserviert sind: «Du kannst sie ruhig auch mal anfassen, solange sie noch lebendig sind», sagt der Bauer. Und die beiden kommen auf das eingangs erwähnte Gigot zu sprechen, das weniger Lammgeschmack zeigt, als oft üblich. Dies liege daran, weiss Itin, dass er Rassen verwende, die für die Milchproduktion gezüchtet worden sind. «Da sind die Fleischstücke weniger kompakt, das Aroma dafür eleganter.»  

Auf dem Hof von Stefan Itin in Maisprach BL, Christoph Hartmann, Koch Taverne Johann, Basel, 12.09.2023, Foto Lucai Hunziker

Koch und Bauer kennen sich seit Jahren: Chris Hartmann & Stefan Itin.

Ausgebucht - sogar für den Produzenten. Schliesslich entdeckt man doch noch einen klitzekleinen Makel an dieser so engen Zusammenarbeit zwischen Bauernhof und Gastwirtschaft: Stefan Itin hat noch nie bei Chris Hartmann gegessen - obwohl der Landwirt das ja eigentlich schon gewollt hätte! An einem Freitagabend vor einigen Monaten habe er sich nach einem freien Tisch erkundigt, leider erst zwei Stunden vor Servicebeginn. Die Taverne Johann war für den ganzen Abend schon ausgebucht. Und Züchter Itin war damit das Opfer desjenigen Erfolgs, zu dem auch er seinen wesentlichen Teil beiträgt.

>> www.tavernejohann.ch