GaultMillau Guide 2019

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GaultMillau Guide 2019

Text: David Schnapp Fotos: Francesco Tonelli, Jake Chessum, Marcus Gyger

Eis-Sandwich auf Instagram. Mit einem Bild auf Instagram hat Daniel Humm kürzlich seinen 341000 Followern ein besonderes Sandwich präsentiert. Genauer gesagt, das «Milk & Honey Ice Cream Sandwich», die jüngste Variante seines berühmtesten Desserts, einer Ikone der Patisserie. «Milk & Honey» ist das süsse Gegenstück zur gebratenen Ente mit Lavendel, dem Signature Dish, der immer als Hauptgang auf dem Menü im «Eleven Madison Park» (EMP) steht.

 

Süsser Comfort Food. «Milch und Honig ist für mich immer noch eines der besten Desserts überhaupt», sagt Daniel Humm selbstbewusst. Es sei nicht zu süss, leicht salzig, und es schmecke vor allem vertraut – «Comfort Food zum Dessert», so sieht es der weltberühmte Koch mit Aargauer Wurzeln.

«Jedes Gericht muss ein Signature Dish sein»: Daniel Humm im «Eleven Madison Park».

Warme Milch und Honig. 2010 servierte «Milk & Honey» erstmals. Das Dessert besteht aus einer Milcheis-Halbkugel mit einem Kern aus Kamillen-Honig und Tuaca-Likör, darüber kommt Milch-«Schnee». Es ist eine Referenz an seine Mutter Brigitte und an eine prägende kulinarische Erinnerung seiner Kindheit. Brigitte Humm erzählt am Telefon: «Warme Milch und Honig bekam Dani schon, als er etwa drei Jahre alt war. Es war eine intuitive Massnahme von mir, die helfen sollte, wenn er nicht schlafen konnte oder später – als Jugendlicher –, wenn er aufgewühlt war.» Dann sassen Mutter und Sohn Humm am Küchentisch und besprachen seine drängendsten Sorgen.

 

Die erste Geschmackskombination. Daniel Humm sagt, er verbinde dieses Dessert bis heute mit einem Gefühl der Geborgenheit, «und es ist vermutlich die erste Geschmackskombination, die mir geblieben ist. Der Kreis schloss sich, als Mutter Brigitte dann zum ersten Mal Daniels Variante dieser frühkindlichen Erinnerung probieren konnte: «Es war genial, als ich ‹Milk & Honey› erstmals im ‹EMP› essen konnte. Ich wusste nicht, dass Dani sich dieses Dessert ausgedacht hatte, war aber nicht einmal besonders überrascht», erzählt Brigitte Humm.

Erinnerungen aus der Kindheit. Ihr Sohn habe viele kulinarische Erinnerung aus der Kindheit mitgenommen, etwa den Geschmack der Tomaten, welche die Mutter immer von einer Nachbarin aus deren Garten bezog. «Einmal meldete sich eine Freundin, die im ‹EMP gegessen hatte und erzählte mir am Telefon, das Olivenbrot im Restaurant habe genau so geschmeckt wie jenes, das ich immer gebacken habe», so Brigitte Humm und fügt an: «Daniel kann Geschmäcker speichern und perfekt wiedergeben.»

 

Geschmack im Kopf. «Lustig, dass meine Mutter das sagt», findet Daniel Humm: «Ich glaube tatsächlich, das ist mein grösstes Talent. Wenn ich etwas esse, kann ich diesen Geschmack speichern und im Kopf damit spielen, indem ich wie aus Schubladen etwas herausziehe und kombiniere. Zum Beispiel Fisch, Gemüse und eine Sauce: Ich weiss dann genau, wie das Resultat schmecken muss.»

 

Weltkarriere eines Desserts. Milch und Honig hat vom Küchentisch der Humms in Schinznach Dorf aus eine Weltkarriere gemacht. Seit der ersten Variante mit dem bei –196°C im Flüssigstickstoff gefrorenem Milchschnee sind immer neue Spielarten dieser simplen, aber wirkungsvollen Geschmackskombination dazugekommen. Im «NoMad», Humms hochstehenden Bistros in den gleichnamigen In-Hotels in New York und Los Angeles etwa, wird eine rustikalere Version mit Honig-Karamell und -Keks sowie Milcheis serviert.

Familie Humm

Alles begann am Küchentisch: Daniel mit Mutter Brigitte und Vater Roland Humm.

Softeis und Sandwich. In Humms Fast-Food-Restaurant «Made Nice» gibt es das Dessert als Softeis im Becher und im «EMP» wird es nun als süsses Sandwich serviert: mit einem cremigen Honigkern, Honig-Shortbread, Bienenpollen und natürlich mit Milcheis (s. Rezept). «Die erste Variante des Desserts ist immer noch die Anspruchsvollste, sie verlangt hohe Präzision und exakte Temperaturen – vom Milcheis bis zu den Tellern, die gekühlt werden müssen», sagt Humm.

 

«Jedes Gericht muss ein Signature Dish sein.» Für einen Koch seien Signature Dishes wie «Milk & Honey» extrem wichtig, so Humm. «Wir gehen an jedes Gericht wie an die Entwicklung eines Produkts», sagt er. Das Ziel sei immer, etwas zu entwickeln, das – im übertragenen Sinn – die Wirkung eines Mars-Riegels habe. Ein Produkt, das jeder kenne, und das man gerne esse. «Natürlich gelingt das nicht immer, aber jedes Gericht muss ein potenzieller Signature Dish sein», sagt Humm.