Text: Stephan Thomas
Wein statt Beton. Des einen Leid ist manchmal des anderen Freud. Der Plan einer Siedlung in einem Rebbaugebiet bei Muttenz musste nach einem Erdrutsch 1952 aufgegeben werden; das Gelände wurde darauf wieder bestockt und ist heute Teil einer der schönsten Reblagen des Baselbiets. Etwas verborgen auf der Südseite der ersten Jurahöhe, von Bahn und Autobahn nicht zu sehen. Fast menschenleer, obwohl Basel in Fussdistanz ist, und richtig idyllisch - ein kleines Paradies. Bild oben: (v.l.) Urs Jauslin mit Sohn Adrian.
Lebensinhalt. Diese Lage teilt sich eine Handvoll Winzer, aber der Löwenanteil gehört der Familie Jauslin. Sie winzert hier seit Generationen; schon der Urgrossvater hat den Wein für die ganze Gemeinde gekeltert. Urs ist die vierte Generation und der erste, der beruflich ganz auf den Wein gesetzt hat. Adrian, die fünfte Generation, steht in den Startlöchern für die geplante Betriebsübergabe. «Bei uns dreht sich das ganze Leben um den Weinbau. Unsere Ferien verbringen wir bevorzugt in Weinbaugebieten. Das Winzern ist für uns kein Job - eher ein grosses Hobby, das wir geschäftlich führen.»

Landschaftsparadies in Fussdistanz zu downtown Basel: Der Muttenzer Rebberg.
Wie ein Chefkoch. Urs Jauslin freut sich auf die Zeit im zweiten Glied, besonders die Kellerarbeit. «Da geht es einem wie einem Koch, der über den Markt spaziert, die schönen Produkte sieht und sich überlegt, was er damit anstellen könnte.» Jauslins sind gut etabliert und bekannt dafür, regelmässig an den grossen Wettbewerben Preise abzuräumen. Das ist die Frucht grosser Anstrengung. «Es ist ein Knochenjob», sagt der Winzer. «Die Baselbieter Weine waren früher eher wenig bekannt. Heute stehen unsere Flaschen in den Karten vieler Spitzenrestaurants im ganzen Land, erfreulicherweise auch in der Westschweiz.»
Konkurrenz für das Waadtland. Etwa die Hälfte der Produktion entfällt auf Pinot noir. Dazu gehört der prächtige Paradewein «Hohle Gasse». Er ist Schatzkammerwein im Archiv der renommierten Vereinigung «Mémoire des Vins Suisses». In Top-Jahren darf er das Attribut «Grand Cru» tragen. Zu Recht stolz ist man auch auf die Weissen, besonders den Sauvignon blanc. Eine Besonderheit ist der Chasselas mit nur teilweisem Säureabbau und einer Spur Holz - ein Projektwein, der nur mit dem aktuellen Jahrgang zu haben ist. Gewissermassen eine Antithese zu den Waadtländer Chasselas, der an viele Gerichte andocken kann.

Viel Platz im Barrique-Keller: Jauslins setzen auf das kleine Holz.
Coup de Coeur: Pinot noir «Hohle Gasse» 2003 (Urs Jauslin), Pinot noir «Hohle Gasse» Grand Cru 2016 (Adrian Jauslin)
Das liegt im Keller: Pinot noir «Hohle Gasse» 2023; Pinot Gris 2023; Sauvignon Blanc 2024
Drei GaultMillau-Köche mit Jauslin-Weinen: Michael Baader im «Teufelhof/Bel Etage» Basel (16 Punkte). Flavio Fermi im «Ackermannshof» Basel (16 Punkte). Björn Inniger im «Alpenblick» Adelboden (17 Punkte)
Das passt zusammen: Kalbsbraten, niedergegart im Gusseisentopf, mit leichtem Jus, geschmorten Rüebli, Sellerie und Lauch (nach Rezept von Ehefrau Regula), zu Pinot noir «Hohle Gasse».
Fotos: HO
