Text: Urs Heller

Festtage wie noch nie! «In meinen 25 Jahren als «Palace»-Direktor habe ich noch nie solche Festtage erlebt», sagt Andrea Scherz, «Palace»-Besitzer in dritter Generation, «fast alle unsere Restaurants sind bis in den Januar hinein ausgebucht.» Dichtestress auch in der berühmten Lobby. Und im Kult-Nachtclub «Greengo». Auf der Promenade im Dorf surfen die Gstaad-Gäste gut gelaunt von Boutique zu Boutique, von Galerie zu Galerie. Bei Labels wie Louis Vuitton oder Hermès stehen sie in ihren Designerklamotten (und oft mit mehreren Hunden!) geduldig Schlange, bis ihnen Einlass gewährt wird. Small-talk-Thema Nummer 1: Wo kriegt man denn heute Abend noch einen Tisch im Restaurant? Grosses Bild oben: «Bellevue»-Chef Francesco De Bartolomeis.

«Le Grand Bellevue» mitten im Dorf: Die gewaltigen Seafood Platters, serviert im Klub, sind der Geheimtipp.

«Le Grand Bellevue» mitten im Dorf: Die gewaltigen Seafood Platters, serviert im Klub, sind der Geheimtipp.

«Le Grand Bellevue»: Le Grand Spaghettone! Die GaultMillau-Köche, die den Festtagssturm mit einem Lächeln überstehen, verdienen einen Orden. Sie arbeiten mit ihren Brigaden rund um die Uhr, erfüllen auch Sonderwünsche klaglos. «So ist Gstaad», sagt Francesco De Bartolomeis im Swiss Deluxe Hotel «Le Grand Bellevue»: «Das Restaurant Leonard’s ist mehrfach ausgebucht, Bar und Lobby ebenfalls, und ein paar Caterings in die umliegenden Chalets stehen auch noch an.» Die Qualität stimmt trotzdem. Die besten Gänge in Francescos «Chef’s Menu»: Fantastische Plin-Ravioli mit einem «Ragout Genovese», 30jährigem Parmesan und einer sympathischen Überdosis von weissem Trüffel. Die butterzarte Lammschulter. Und «Le Grand Spaghettone»: Ein Topf mit dicken Benedetto Cavalieri-Spaghetti aus Apulien (Kochzeit 24 Minuten), dazu eine Sauce aus fünf verschiedenen Tomatensorten.

 

Austern im Dutzend von der Weltmeisterin. Geheimtipp im Haus: Unten im Keller, im «Club Bouquet», öffnet diesen Winter die Französin Sonia Bichet (2020 Winner of the Oyster Shuker World Championship) mit scharfem Messer Dutzende von Austern. Auch Gambas, Langoustinen, King Crabs und Hummer kommen auf die gewaltigen Etagèren. Der grösste Sea Food Platter mit dem Besten aus dem Meer für eine ziemlich grosse Tischrunde heisst «The Queen Mary» und kostet 1600 CHF.
 

Er schreibt das nächste Kapitel im «Chlösterli»: Martin Bieri.

Er schreibt das nächste Kapitel im «Chlösterli»: Martin Bieri.

Er powert im «Bernerhof» an allen Fronten: Marcel Reist.

Er powert im «Bernerhof» an allen Fronten: Marcel Reist.

Luxusküche im «Alpina», nachhaltiger Foodtruck: Martin Göschel.

Luxusküche im «Alpina», nachhaltiger Foodtruck: Martin Göschel.

«The Alpina»: Bienenwachs & Offcut-Foodtruck. Im Swiss Deluxe Hotel «The Alpina» ist man zurecht stolz auf Executive Chef Martin Göschel, der exklusiv-luxuriös und alternativ auch sehr nachhaltig kochen kann. Das will belohnt sein: Das Top-Restaurant «Sommet» (18 GaultMillau-Punkte) trägt jetzt seinen Namen. Den Kultgang im Degustationsmenü hat er weiterentwickelt: Neu werden Forellen aus Zweisimmen und nicht mehr Seezungen aus der Bretagne mit 120 Grad heissem Bienenwachs von den Hotelbienen übergossen und am Tisch gegart. Im «Megu» ist Sushimaster Tom Kugota nach zehn Dienstjahren zum Chef aufgestiegen und kommt mit der neuen Verantwortung gut zurecht. Grösste Überraschung: «The Alpina» betreibt auf dem «Vorderen Eggli» einen spektakulären Offcut-Foodtruck. Martin Göschel erklärt: «Abschnitte von Top-Produkten, die wir in der Gourmetküche nicht verwerten, werden für unsere Foodtruck-Gerichte eingesetzt. Für «Tsukane Meetballs» beispielsweise, mit Koriander, Lemongras und einem Avocado-Kanzuri-Dip. Nachhaltigkeit am Pistenrand!

GMC, Laurent Perrier, Franz W. Fäh, Chef

Seine «Palace»-Buffets sind in Gstaad Legende: Franz Faeh.

«Palace»-Power! «Le Buffet de Fruits de mer». Glanzvoll ist es im «Palace» Gstaad immer und zum Jahreswechsel ganz besonders. Dann läuft Küchendirektor Franz Faeh (15 GaultMillau-Punkte) zur Hochform auf. «The Last Dinner» mit Oscietra-Kaviar «Sélection Palace», Langustenschwänze, Turbot, «Rossini» mit Simmentaler Rind. Beim «Buffet de Fruits de mer» (in der Hochsaison jeweils am Sonntag) biegen sich die Tischplatten: Auf Eis liegen Austern, halbe Hummer, Langustinen aus Südafrika, später gibt’s Spaghetti mit Vongole, Penne mit Wodka und Hummer, Riesencrevetten vom indischen Chefkoch, Loup de mer, Cotechino & Zampone, Simmentaler Entrecôte & Kalbscarré, Dessertbuffet. Der «Eintritt» in Faehs Schlaraffenlad kostet 285 CHF.

 

«Bernerhof»: Kon Bon & Jarret de Veau. Der «Bernerhof» beim Bahnhof? Vier Sterne, angenehme Zimmer, 42 GaultMillau-Punkte unter einem Dach, eine echte «Grandes Tables»-Adresse! Die Stars im Haus: Executive Chef Marcel Reist, China-Chef Kah Hing Loke. Im «Blun-Chi» sollte man rechtzeitig reservieren und ein Paradegericht nicht verpassen: «Kon Bon», Rindfleisch nach mongolischer Art geschmort und unerschrocken gepfeffert. Auch die Szechuan-Ravioli können wir empfehlen. Im Top-Restaurant «Esprit» kriegen Brigitte und Thomas Frei zwei Gerichte nie mehr von der Karte: Das «Jarret de veau» (Riesen-Kalbshaxe) nach einem Originalrezept der Familie Ravet. Und das «Entrecôte flambée à l’Armagnac», das etwas nostalgisch am Tisch vollendet und mit einem Gratin aus eigenen Kartoffeln (Abländschen) serviert wird. Geheimtipp im gemütlichen «La Gare»: Marcel Reists Kalbfleisch-Pastete, zubereitet mit Kalbsschulter, kurz angebratener Kalbsleber und einem tollen Madeira-Gelée. «Habe ich in meinen zehn Jahren im «Palace» von Peter Wyss und Hugo Weibel gelernt. Eine harte, aber eine gute Schule», sagt Reist.

 

«Chlösterli»: Schafft Martin Bieri das Comeback? «Comeback-Time» im «Chlösterli» vor den Toren Gstaads. Das riesige Kult-Chalet erwacht nach jahrelanger Pause dank des Gstaader Immobilienkönigs Marcel Bach aus dem Dornröschenschlaf, und Martin Bieri (16 Punkte im «Guarda Val» Lenzerheide) will sich als Spitzenkoch zurückmelden. Der Start ist geglückt: Balfego-Tuna mit einem elaborierten, erstklassigen Sud. Champagner-Süppchen mit raffinierter Säure. Kalbshaxen-Ravioli mit Entenleber in der Füllung für die Crèmigkeit. Im Hauptgang eine dicke Tranche vom saftigen Simmentaler Kalbsrücken. Die Challenge für Bieri: Er muss das wunderschöne «Gourmetstübli» füllen, die «Alpenbrasserie» und den Dancefloor gleich auch noch.

Ultima Gstaad

Ultima: Fünfsterne-Boutiquehotel in Gstaad, italienischer Chef fürs Restaurant.

«Ultima»: Andreas Agnolotti & Lammschulter-Cannolo. Das «Ultima» ist Gstaads neuestes Fünfsterne-Hotel – und keiner im Dorf spricht davon. Wir fuhren trotzdem hin und liessen uns von Andrea Franceschi im unspektakulären Restaurant bekochen. Der italienische Chef ist im GaultMillau nicht «aktenkundig», bringt aber stolze Referenzen mit: Er hat bei Gordon Ramsay und beim leider verstorbenen Joël Robuchon gearbeitet. Seine besten Gerichte im Gstaader Boutiquehotel: «Agnolotti di Andrea» mit Entenconfit und einer hohen Dosierung Fois gras in der Füllung, ein hervorragendes Stück Sisteron-Milchlamm mit raffinierter Chimichurri-Kruste. Das Beste wurde in einem kleinen «Cannolo» dazu serviert: Geschmorte Lamm-Schulter!

 

Fotos: Kurt Reichenbach, Adrian Ehrbar, Dave Brüllman, Stavros Habakis