Fotos: Claudia Link
Gemüsekönig - Seit acht Jahren. Er trägt an diesem verregneten Nachmittag im September Gummistiefel. Und so glaubt man es Pascal Steffen sofort, dass er öfters hier auf dem Birsmattehof vorbeischaut. Der Starchef im Basler «Roots», ausgezeichnet mit 18 Punkten, setzt in seinem mehrgängigen Menü gleich mehrfach auf Produkte des bio-zertifizierten Bauernhofs etwas ausserhalb der Stadt. GaultMillau und Titelsponsor Bio Cuisine zeichnen ihn als «Green Chef of the Year» aus. «Mich freut es, dass der vor bald acht Jahren eingeschlagene Weg nun gewürdigt wird», sagt der 39-Jährige.
Fisch und Fleisch gibt's auch! Wohlgemerkt, der Küchenchef ist alles andere als ein Dogmatiker: Er verzichtet weder auf Fisch und Fleisch, noch auf Périgordtrüffel oder italienische Weine – aber er ersinnt seine Kreationen halt in aller Regel ausgehend vom Gemüse. «Was ich letztendlich auftische, wird meistens auf dem Acker entschieden.» Was Saison hat und in genug grosser Menge geliefert werden kann, landet auf dem Teller. Will heissen: Weil er an diesem Nachmittag noch die letzten Maiskolben des Jahres ergattern kann und in den Kofferraum seines Autos lädt, wird auch der «Mais, zubereitet wie ein Risotto» noch ein paar Tage im Menü bleiben. Unglaublich Umami ist dieses Gericht, das neben Mais auch 4-jährigen Sbrinz und gehobelte Steinpilze enthält. Sogar die Spindel des Maiskolbens wird verwendet, für den Sud. Es ist eines der Gerichte, die Steffen zum unbestrittenen «Gemüsekönig» machen. Seine Vorgänger als «Green Chefs»: Paolo Casanova und Nicolas Darnauguilhem.
Steffens Snacks: Tomaten-Essenz, Gougère mit Comté-Füllung, Daikon, Tartelette mit Aubergine.
Signature Dish «Roots Garden» – immer im Menü, täglich anders.
Mais sei Dank: Der «Green Chef 2026» kann's nicht nur mit Gemüse, sondern auch mit Kühen.
Lehrjahre bei Andreas Caminada. Auf dem Rückweg in die Stadt ins Bachlettenquartier dreht sich das Gespräch um die Frage, wie man überhaupt zum «grünen» Chef wird. Pascal Steffen erzählt von seinem Elternhaus im Luzernischen St. Urban, wo immer Eier, frisch gepresster Süssmost und Gemüse vom Bauernhof vorrätig waren. Oder von seiner Zeit auf Schloss Schauenstein unter dem damals noch jugendlich-ungestümen Andreas Caminada: «Dort habe ich gelernt, dass man auch in der gehobenen Gastronomie mal spontan kurz vor dem Service ein Gericht kreieren kann», sagt er.
Durch die Saisons hindurch stets im Austausch: Bäuerin Nicole Tanner und Pascal Steffen.
«Roots Garden» aus 30 Komponenten. Doch so kurzfristig Pascal Steffen manchmal Neues kreiert – ein typisches Gericht wird er einfach nicht mehr los: Es ist der Signature Dish «Roots Garden», der sich fast täglich ändert. Je nach Saison werden rund 30 verschiedene Gemüse – alle vom Birsmattehof – kunstvoll drapiert und mit einer giftgrünen Kopfsalatsauce angegossen. Der zweite Gang im Menü ist, je nachdem, was man auf dem Löffel hat, mal knackig, scharf, herb, cremig, sauer. Verleidet ihm dieses Gericht, das er seit Beginn zubereitet, denn nicht? «Manchmal würde ich den fixen Platz im Menü gern anders besetzen – aber die Gäste lieben diesen Klassiker.»
Beim Green Chef 2026 sind sogar die Wände im Restaurant grün.
Süsslich-herbe Spitzpaprika begleiten das Entrecôte mit Zwiebelcreme.
Mousse aus Fischabschnitten. Der neu gekürte Green Chef verzichtet in aller Regel auf Tuna, Austern oder Gänseleber. Und so sind bei den meisten Gerichten regionale Gemüse im Fokus. Marinierte Gurken-Perlen treffen auf Kapuzinerkresse und Tatar von der Felche aus dem Vierwaldstättersee. Sogar die Abschnitte des Fischs werden verwendet: Sie werden zu einem Dashi verarbeitet, der leicht geräuchert und mit Rahm und Gelatine zur Mousse gebunden wird. Intensiv der Hauptgang: Hier trifft eine Tranche geschmackvolles Rindsentrecôte, das Steffen inhouse mit einem Koji-Pilz nachreift, auf wunderbar süss-herben Spitzpaprika, der zu langen Spaghetti geschnitten ist. Supplement nebenher: Chawanmushi im «Gremolata-Style».
So kocht Pascal Steffen ganz privat. Braucht er eigentlich auch privat regionale, bio-zertifizierte Produkte? «Ich gehe am Samstagmorgen oft auf den Wochenmarkt», erzählt Pascal Steffen. «Und am Sonntag koche ich dann mit den Einkäufen für mich und meine Partnerin.» Fleisch stehe auch daheim nicht unbedingt im Zentrum. Gerade letztes Wochenende habe es beispielsweise gratinierten Lauch mit Feta und gerösteten Baumnüssen gegeben. Aus übrig gebliebenen Laugenbrot habe er Crumble dazu gemacht, aus Eierschwämmchen und Favabohnen eine Vinaigrette. Zu Hause die Füsse hochlegen? Das scheint nicht Steffens Fall zu sein.
Pascal Steffen, GaultMillaus «Green Chef of the Year» (l.): Sandro Batoni, Bio Cuisine, gratuliert ihm als erster.
Let the Rave begin! Inzwischen hat Pascal Steffen die Gummistiefel aus-, die Kochjacke angezogen. Auf einer Anrichte im «Roots» werden bereits Rande, eingelegte Radiesli, Salatblätter, marinierter Brokkoli für den «Roots Garden» auf Tellern arrangiert. Und wie immer um 18:23 Uhr, diesbezüglich ist er alles andere als spontan, zischt und wummert in der Küche Sam Paganinis «Rave» aus der Lautsprecherbox. Zeichen fürs Team, das in wenigen Minuten der Abendservice beim neu gekürten «Green Chef 2026» startet.
Foto von Preisübergabe: Lucia Hunziker