Fotos: Fabian Häfeli

Heiko Nieder, Ihr erstes Buch, «The Restaurant», war die höchste Schwierigkeitsstufe 10. Auf welchem Niveau ordnet sich das neue «Private Dining» ein, das dieser Tage erscheint?
Ich würde meinen auf Stufe 5 bis 6 – je nach Rezept. Es sind nicht alle gleich anspruchsvoll. Man braucht natürlich Lust aufs Kochen für die Gerichte in diesem Buch, aber mit etwas Motivation sind sie für jeden machbar.


«The Restaurant» war das Buch mit den Original-Rezepten aus einem 19-Punkte-Restaurant. Wohin wollten Sie mit «Private Dining»?
Mein Ausgangsprinzip war immer, dass es ein Buch mit Gerichten sein soll, die man zu Hause für Gäste kochen kann. Es sollte keine Punke- oder Sterneküche sein, aber trotzdem einen gewissen Anspruch haben – einfach, aber nicht simpel. Und mir was es gleichzeitig wichtig, dass einige der Outlets im «The Dolder Grand» in den Rezepten wiederzuerkennen sind. In den Jahren seit ich die Rolle des Culinary Directors übernommen habe, hat sich hier einiges angesammelt.


Woran denken Sie da?
Es hat Rezepte dabei, die im Hotel für das Frühstück zubereitet werden, es sind Gerichte aus dem vegetarischen Gartenrestaurant Blooms, aus einem Pop-up wie dem «Lobster Club», aber auch aus «The Restaurant» – halt in vereinfachter Form.

Kochen für Gäste Heiko Nieder

Kochen für Gäste: Apero aus «Private Dining».

Lachs Private Dining

«Lust aufs Kochen»: Lachs mit Yuzu und Beurre blanc.

Aus welchem Zeitraum stammen die Rezepte?
Diese Rezepte sind von 2020 bis heute entstanden. Angefangen hat es eigentlich mit dem Backhendl, das war eines der Lockdown-Rezept auf dem GaultMillau-Channel, welches wir bei mir zu Hause realisiert haben. Es wurde zu einem echten Renner und fand seinen Weg dann zurück ins Hotel. Als Culinary Director musste ich plötzlich ein sehr breites Spektrum abdecken, was mir bis heute wahnsinnig viel Spass macht. Dieser Spass steckt in dem Buch. 


Manchen Köchen auf Ihrem Niveau fällt es schwer, einfachere Gerichte zu kreieren. Wie gelingt Ihnen das?
Man entwickelt sich als Koch immer weiter. Manche Idee hat vermutlich in mir geschlummert, und konnte jetzt rauskommen. Es gibt Gerichte, die haben den Weg von zu Hause ins «Dolder» genommen – und umgekehrt. 


Muss man für dieses Vergnügen bereit sein, loszulassen und die Einfachheit zu suchen?
Das muss man! An eine solche Aufgabe sollte man als Koch nicht zu verkrampft rangehen. Die Frage muss immer sein, «was macht mir Spass zu essen?» Und dann geht es darum, ein Gericht in Szene zu setzen.

Beef Salat Private Dining

Salat auf Heiko-Art: Rinderfilet mit Tomaten und Mango.

Heiko Nieder im Garten

«Was macht mir Spass?»: Koch und Autor Heiko Nieder im Garten.

Kalbsfilet Pomme Dauphine

Die Stimmung des Tages eingefangen: Kalbsfilet mit Pommes Dauphine.

Die Fotos von Fabian Häfeli entstanden in Ihrer privaten Küche und im Wohnzimmer zu Hause. Man braucht also keine Restaurantküche, um mit den Rezepten klarzukommen?
«Private Dining» sollte immer der kleine Bruder des grossen Kochbuchs sein, so dass der Leser das Gefühl hat, «es ist machbar». Es gibt sicher Dinge, die man zuerst üben muss. Aber so ist es im Leben, man schafft nicht alles aus dem Handgelenk. Ich wollte auch kein Buch mit 15-Minuten-Gerichten veröffentlichen. Davon gibt es genug, dazu braucht es meinen Beitrag nicht. 


Wie fand es eigentlich Ihre Frau Daniela, dass Ihre Stube zeitweise zum Fotostudio wurde?
Ich sage mal so: Ich stand unter einem gewissen inneren Zeitdruck, das Haus nach dem Shooting jeweils wieder so herzurichten, dass man von der Arbeit nichts mehr bemerkt. Daniela hat sich aber jeweils sehr über die Reste gefreut, die übrig geblieben sind.


Welchen Auftrag habe Sie Fotograf Häfeli gegeben, welche Stimmung sollten die Bilder transportieren?
Ich wollte, dass man die private Atmosphäre und auch die Stimmung des Tages spürt: Das Licht ändert sich, manchmal sieht man einen Schatten, je nachdem wie die Sonne durchs Fenster scheint. Wichtig war mir auch, dass man das Gericht sieht und erkennt, wie es aufgebaut und angerichtet ist. Fabian und ich haben uns da auch schnell gefunden in einem gemeinsamen Stilverständnis.

Private Dining

von Heiko Nieder

mit Fotos von Fabian Häfeli

70 Rezepte, 272 Seiten, Fr. 64.90

Matthaes Verlag

 

Heiko Nieder Private Dining

Welches Gericht aus dem Buch ist bei Ihnen zu Hause der Bestseller?
Das Backhendl ist bestimmt so etwas wie ein Familienstandard geworden. Im Buch hat es auch ein Rezept meiner jüngeren Tochter Amelie: Ihren Bienenstich gibt es seither auch immer wieder bei uns. Und den Tomaten-Erdbeersalataus aus dem «Blooms» haben auch alle sehr gern.


Was ist heute schwieriger für Kochbuch-Nutzer, die Technik oder die Beschaffung der Zutaten?
Das Kochen ist sicher schwieriger. Im Internet-Zeitalter ist die Beschaffung der Zutaten wirklich sehr einfach geworden, vieles bekommt man online. Und selbst in einer grösseren Coop-Filiale gibt es schon viele gute Produkte – Himalaya-Salz oder japanische Zuaten beispielsweise. Vielleicht bekommt man auf den Land nicht jeden Fisch. Aber wenn es keinen Hamachi gibt, nimmt man halt einen guten Lachs. Das ist mir sowieso sehr wichtig: Ein Rezept ist nur eine Wegleitung, kein Gesetz. Oft hilft es, kurz nachzudenken, wie man etwas ersetzen kann. Dazu gibt es im Buch auch viele Tipps. Improvisation gehört zum Kochen.

 

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