Weisse Fliege. Schwarzer Schwalbenschanz. Dazu 100-jähriges, liebevoll poliertes Tafelsilber. Und eine «Lampada» an jedem Tisch. Im «Badrutt’s Palace» wird noch vor dem Gast flambiert, tranchiert, filetiert. Nicht überall im Hotel, aber wenigstens noch im grandiosen «Le Restaurant» (im Winter) und im intimeren «Le Relais» (im Sommer). «Silver Service, tableside» heisst das auf Fachchinesisch. Erfunden hat’s Hans Wiedemann, heute der Verwaltungsratsdelegierte im Haus: «Als ich hier 2004 als General Manager startete, liess ich das Tafelsilber aus dem Keller holen. Wenigstens in einem Outlet im Haus wollen wir Dining noch so zelebrieren wie früher.» Bild oben: Nobu Matsuhisa.
Qualitätskontrolle: Vasileios Kalogeropoulos (r.) und sein Supervisor Mark Edwards.
Ein Klassiker auf der Matsuhisa-Karte: Sea Bass Tiradito.
Spaghetti Felicetti à la Tsar. «Tableside» gibt’s nicht nur wie in jedem Grand Hotel eine «Crêpe Suzette», sondern auch Bœuf Stroganoff, Pojarski Façon Helen Badrutt, Poularde de Bresse und natürlich auch die Lieblingspasta der «Palace»-Society: Spaghetti Felicetti à la Tsar, mit Räucherlachs, Crème fraîche und zwanzig Gramm Caviar Gold «Réserve du Palace» für 160 Franken; man gönnt sich ja sonst nichts. Hammergang: «Homard Sauce Cocktail». Der junge Kellner aus «Bella Italia» rührt die Cocktail-Sauce aus sieben Komponenten an, knackt dann pro Person einen ganzen Hummer und richtet den Teller zauberhaft an. Harte Ausbildung, pralle Leidenschaft.
Sehnsuchtsort der Palace Society: Die «Chesa Veglia» mitten im Dorf.
Neu: Die längste Hotel-Rolltreppe der Schweiz führt direkt in die «Chesa Veglia».
Sehnsuchtsgericht der Palace Society: Pizza «Dama Bianca» in der «Chesa Veglia».
Die berühmteste Pizza des Engadins. Alles nur Silber, Glanz & Gloria in den elf Restaurants des «Badrutt’s Palace»? Überhaupt nicht. Die «Chesa Veglia» etwa, neu in 70 Sekunden erreichbar über die unterirdische, längste Hotel-Rolltreppe der Schweiz, ist so ziemlich das Gegenteil von Schickimicki. Im ältesten Bauernhaus des Dorfes (Baujahr 1685) ist die Millionärs- und Milliardärsdichte zwar enorm, aber die Gäste, die da Schulter an Schulter an langen Tischen sitzen, wollen eigentlich nur das eine: Pizza! Eine «Dama Bianca» um genau zu sein, mit fünf verschiedenen Käsesorten und reichlich schwarzem Trüffel. Natürlich gibt es auch hier einen fantastischen Hummersalat. Langzeit-Maître Alessandro Bellan (36 Jahre in der «Chesa»), knackt den Krebs mit dem Handrücken und zerlegt ihn mit einem kleinen Rüstmesser flink in seine Einzelteile. Die «Chesa» ist im Winter zweimal täglich ausgebucht. Ein Love Brand.
«Paradiso Mountain Club»: Riesige Speisekarte, Traumsicht auf die Engadiner Berge.
Ghackets mit Hörnli. Wunderbar! Auch über dem «Paradiso», der luxuriösesten Berghütte der Schweiz, weht die «Palace»-Flagge. Die Gäste kämpfen um einen Tisch auf dem «Music Deck» und eine Etage tiefer in der «VIP-Zone» (Eintritt 40 Franken). Küchenchef Andrea Panatti (Markenzeichen: riesige weisse Toque, schräg aufgesetzt) ist der beste Pilzsammler und Fischer im Tal. Was er pflückt und fischt, kommt zumindest im Sommer auf die Karte. Im Winter ist das Angebot seltsam, aber angenehm breit: Ghackets mit hausgemachten Hörnli. Eine fantastische Gerstensuppe. Aber auch «Le Big Potato», eine ausgehöhlte Ofenkartoffel, gefüllt mit geräuchertem Lachs, Beluga Wodka und 30 Gramm Imperial Kaviar. Die Weinkarte ist atemberaubend. Selbst die Domaine de la Romanée-Conti ist gut vertreten; in der Rubrik «500+» findet man Grossflaschen, vorzugsweise aus der Bündner Herrschaft. Zur Talstation (oder zum Privatjet auf dem Flughafen Samedan) wird man in einer Edel-Limousine gefahren: GR 163, Rolls Royce Phantom, Jahrgang 1968. Frühere Besitzerin: Her Majesty The Queen of England, Elisabeth II.
Nobu-San fliegt mit dem Privatjet ein. Nicht alle Nobu-Restaurants dieser Welt sind wirklich gut. Aber im «Matsuhisa» in der ehemaligen Tennishalle des Swiss Deluxe Hotels lässt Nobu-San wirklich nichts anbrennen. Supervisors aus den USA fliegen regelmässig zur Qualitäts- und Reiskontrolle (!) ein. Einmal pro Jahr kommt Mister Matsuhisa persönlich, und das Management weiss, was vorzukehren ist: Eine Landeerlaubnis für den Privatjet in Samedan, zwei Paar nigelnagelneue, weisse «Nike Air» auf die Suite.
Mykonos – St. Moritz – Mykonos. In St. Moritz kocht der Grieche Vasileios Kalageropoulos, ein hochbegabter Chef, der mit seiner kompletten Brigade auf Mykonos übersommert. Gang des Abends beim letzten Besuch: Seabream (Goldbrasse) aus der Toban-Pfanne. Jalapeño-Streifen und «Ito Tagarashi» (getrockneter Chili) sorgen für angenehme Schärfe. Ein Weltstar kommt im «Palace» selten allein: Jeden Winter checkt ein anderer Koch für ein Highend-Pop-up ein. Diesmal soll’s ein «50 Best»-Chef aus Peru. sein. Der stille Star hinter den Kulissen? Executive Pastry Chef Stefan Gerber, unermüdlich überall unterwegs, für jeden Extrawunsch zu haben. Und davon gibt’s im «Palace» viele.
Der Maestro der «Renaissance Bar»: Matteo Oddo, im massgeschneiderten «Armani»-Anzug.
Die Ragazzi an der Bar tragen Giorgio Armani. Hotspots im Haus sind nicht die Restaurants der berühmten Chefs, sondern «Social Spaces». Die ikonische Hotelhalle gehört dazu, eine Art Catwalk für Schöne, ehemals Schöne und tendenziell Reiche. Der fantastische indische Chef Jatinder Kumar ist in der «Grand Hall» Liebling der Gäste. Sein «Butter Chicken» und sein «Murgh Biryani» wird im ganzen Hotel bestellt, auch dort, wo wohl das Herz des «Badrutt’s Palace» schlägt – in der berühmten «Renaissance Bar», souverän geleitet von Matteo Oddo. Die Ragazzi hinter der Theke sehen sehr elegant aus. Die massgeschneiderten Anzüge hat ihnen ein Stammgast ins Engadin geliefert, weil ihm die alten Hotel-Uniformen nicht so gefallen haben. Ein Gast mit klingendem Namen: Giorgio Armani.
Fotos: Olivia Pulver, Thomas Buchwalder, Steve Herud, Andrea Furger, HO