Wie stressig ist für Sie die Zeit zwischen den Festtagen und Neujahr?
Langweilig wird mir ganz sicher nicht. Schon ab der Woche vor Weihnachten brummt das Geschäft hier in Zermatt und bei uns im Hotel The Omnia gewaltig. Viele Gäste wünschen sich Klassiker wie Filet Wellington oder einen Fisch in der Salzkruste. Für uns bedeutet das neben dem Menü eine Extrameile, die wir aber sehr gerne gehen. Manche Stammgäste bleiben drei Wochen. Mit ihnen setze ich mich zusammen, um herauszufinden, wie wir sie jeden Tag von neuem begeistern können. Dabei ist auch das Frühstück sehr wichtig. Wie im Menü setzten wir dort auf Fantasie und möglichst viele regionale Produkte. Vom Sauerteigbrot aus dem Dorf bis zum selbst gemachten Joghurt aus Zermatter Heumilch.

Sie kochen nicht nur für die Gäste, sondern auch für das Personal des «Omnia». Bleibt dafür überhaupt Zeit in der Hochsaison?
Es muss! Ein glückliches Team ist die Basis für Kontinuität und damit für glückliche Gäste. An den Festtagen sollen die Menschen, die hier arbeiten, etwas Besonderes essen. Ein Filet im Teig zum Beispiel oder Germknödel von unserer neuen Patissière Anna Saurer. Sehr am Herzen liegt mir auch das Weihnachtsfest für die Kinder der «Omnia»-Belegschaft. Die Kids lieben unsere Fischknusperli mit Walliser Egli, aber auch hausgemachte Pasta oder Wiener Schnitzel.

Welche Momente aus dem Jahr 2025 sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Die Rückkehr von Junior-Souschef Andreas Petzel in unser Team hat mich sehr gefreut. An seinem ersten Tag sind wir gleich an die Mailänder Möbelmesse gefahren, wo wir im Auftrag von USM-Chef und «Omnia»-Besitzer Alexander Schärer ein Pop-up-Restaurant auf die Beine gestellt haben. Eine tolle Erfahrung waren auch die Four Hands Dinners mit Paul Cabayé und Gilles Varone.

Kneubühler

Perfektes Handwerk: Taube mit Rotkraut, Marroni und Sanddorn. À part serviert gibt es noch ein Pastetli mit Taubenragout.

Apropos Four Hands: Mit wem möchten Sie im neuen Jahr gerne einmal in der Küche stehen?
Ganz klar: mit Marco Böhler. Er ist wie ein grosser Bruder für mich und neben Tanja Grandits mein wichtigster Mentor. Ich kenne hier oben ziemlich viele Jäger, und Marco hat auch schon einmal gefragt, ob er mit einem von ihnen mitgehen könne. Die Jagd ist ja nach dem Kochen seine zweite grosse Leidenschaft. Ich hoffe also, dass ich ihn so ins Wallis locken kann, obwohl er immer sehr viel um die Ohren hat.

Gibt es ein Restaurant, das sie 2026 unbedingt besuchen wollen?
Zu Gilles Varone möchte ich auf jeden Fall. Was er Ende November beim UBS Four Hands Dinner in seinem Restaurant in Savièse serviert hat, war bärenstark. Das will ich als Gast erleben. Auch die «Taverne zum Schäfli» in Wigoltingen steht auf meiner Liste. Bei Christian Kuchler hatte ich mein bestes Essen im Jahr 2025. Seine Gerichte sind perfekt abgeschmeckt, haben richtig Power. Dazu imponiert mir sein spielerischer Umgang mit den grossen Klassikern der Haute Cuisine.

Kneubühler

André Kneubühler (l.) und Gilles Varone lernten sich durch das UBS Four Hands Dinner in Savièse kennen. Varones Küche begeisterte den «Omnia»-Chef.

Welche Produkte, die Sie in der Natur gesammelt haben, spielen derzeit eine Rolle in Ihrem Menü?
An den Berberitzen habe ich grosse Freude. Sie sind das saurer Element auf den Tartelettes mit Steinbock- oder Gams-Tatar, die wir zum Einstieg reichen. Auch die Arven-Essenz, die wir aus den jungen Zapfen umgestürzter Bäume gekocht haben, setzt in verschiedenen Gerichten spannende alpine Akzente. Zum Beispiel in einem Dessert mit weisser Schokolade und eingelegten Aprikosen. Man muss bei der Dosierung vorsichtig sein, findet man das richtige Mass, ist die Arven-Essenz aber eine fantastische Zutat, ebenso wie die Nadeln des Baums. Arve funktioniert am besten mit einer fettreichen Komponente. Darum ist auch die «Andeerer Arve» von Martin «Floh» Bienerth und Maria Meyer ein so grossartiger Käse.

Bleiben wir bei den alpinen Aromen. Wird es auch 2026 eine Kreation mit Genepi geben? Die Wermut-Pflanze ist ja typisch fürs Wallis.
Ich nenne Genepi immer «Hustensaft-Kraut», weil wir daraus ein Sorbet gemacht haben, das wie Hustensaft schmeckt, nur viel besser. In der einen oder anderen Form wird dieses Produkt bestimmt wieder auftauchen. Das Hustensaft-Kraut reizt mich noch immer!

Wie sieht es mit den Plänen für den alpinen Garten aus, den Sie an einem Hang hinter dem Hotel anlegen wollen?
Die Planung geht gut voran. Wir haben etwa fünf Fussminuten vom «Omnia» entfernt eine passende Stelle gefunden. Wegen der kurzen Vegetationszeit hier oben in den Bergen werden wir vor allem Kräuter und Gewächse mit essbaren Blüten anpflanzen. Dazu Kürbisse und Bergkartoffeln. Wir wissen aber, dass das nicht einfach wird. In Zermatt ist es entweder sehr kalt oder sehr warm. Die Sonne kann ganz schön brennen, dann muss man den Pflanzen dreimal täglich Wasser geben. Um die Bedingungen zu testen, haben wir im letzten Frühling einen kleinen Garten im Dorf angelegt.

Was haben Sie sich für 2026 sonst noch vorgenommen?
Ich möchte einfach mit meinem Team den gemeinsamen Weg weitergehen. Ich habe das grosse Glück, mit sehr talentierten, passionierten und sympathischen Leuten zusammenarbeiten zu dürfen. Bis jetzt sind wir immer ein wenig besser geworden. Kürzlich habe ich Bilder unseres ersten Menüs angeschaut und konnte so die Entwicklung nachvollziehen. Mit Anna Saurer, die sich um die Patisserie kümmert, haben wir ein neues Teammitglied. Sie bringt einen super Vibe mit und passt perfekt zu uns.

>> André Kneubühler ist Executive Chef im Hotel The Omnia in Zermatt. Er war GaultMillaus «Entdeckung des Jahres 2025» und schaffte im aktuellen Guide in seinem zweiten «Omnia»-Jahr den Sprung von 16 auf 17 Punkte. Als Koch haben ihn nicht zuletzt die sieben Jahr bei Tanja Grandits und Marco Böhler im «Stucki» in Basel sehr geprägt. 

www.the-omnia.com

Fotos: Olivia Pulver, Sedrik Nemeth, Roy Matter