Text: Kathia Baltisberger Fotos: Olivia Pulver

Die Zeichen stehen auf Genuss: Bis am 23. September ist Lugano die «Città del Gusto», ein Food Festival, das Feinschmecker aus aller Welt ins Tessin locken und ihnen Spezialitäten der Sonnenstube näher bringen soll. Risotto, Polenta und Merlot sind bekannt Doch wussten Sie, dass das Tessin auch einen eigenen Gin hat? Bisbino heisst er und kommt aus dem Valle Muggio. Seit zwei Jahren produzieren vier junge Männer den Bio-Gin. Martino Mombelli zieht in seinem Garten in Sagno die Kräuter für den Gin: «Wacholder, Melisse, Koriander, Eisenkraut, Holunderblüten –  und ein paar Geheimzutaten, die wir natürlich nicht verraten», sagt Mombelli. Obwohl in den vergangenen Jahren verschiedene Gins wie Pilze aus dem Boden schossen, war es gar nicht so einfach eine gute Rezeptur zu entwickeln. «Martino hat mich angerufen und gesagt, er habe ein tolles Rezept. Wir haben es probiert und das war wirklich überhaupt nicht gut», erinnert sich Rupen Nacaroglu. 

Gin Bisbino Tessin

Der Gin Bisbino besteht aus getrockneten Bio-Kräutern aus dem Valle Muggio.

Gin Bisbino Tessin

Martino (links) und Rupen vom Bisbino-Team stellten ihren Gin in Lugano vor.

Erfolg. Rund acht Monate brauchten die vier Freunde, bis der Gin etwas taugte. Produziert wird in Mendrisio in der Destillerie Jelmini, die eigentlich auf Grappa spezialisiert ist. 15'000 Flaschen pro Jahr. Erfolg haben die Tessiner vorwiegend in der Westschweiz, aber auch in Zürich (z.B. Globus, J.B. Labat) gibt es den Gin mit dem Fuchs-Logo zu kaufen. Bisbino ist ein leichter Gin, der sich sehr gut zum Mixen eignet – am besten natürlich mit einem Tessiner Tonic. Dass der Gin-Hype wieder abflaut und Tequila oder Mezcal interessieren, wissen die Jungs. «Gin wurde schon immer getrunken und ich denke, wir haben ein gutes Produkt, mit dem wir uns hoffentlich langfristig im Markt behaupten können. Aber das ist sicher eine Herausforderung», sagt Nacaroglu. 

Stargast. Der Event will aber nicht nur die Region Lugano und deren Produkte präsentieren. Das Festival dient auch dem Austausch. Deshalb liess Dany Stauffacher von Sapori Ticino gleich einen regelrechten Superstar einfliegen: Joan Roca, Chef im «El Celler de Can Roca» im spanischen Girona. Joan führt das Restaurant zusammen mit seinen Brüdern: Josep ist der Sommelier, Jordi der Pâtissier. Das Restaurant wurde von «50 Best Restaurants» zweimal zum besten Restaurant der Welt gekürt, aktuell rangiert es auf Platz 2. «Natürlich sind solche Auszeichnungen sehr wichtig für uns», sagt Roca im Gespräch mit dem GaultMillau-Channel. «Weniger für mich als Person, aber es ehrt natürlich die Arbeit der ganzen Brigade.» Doch die Bedeutung solcher Titel gehe noch weiter: «Wenn man es mal an die Spitze geschafft hat, ist das Restaurant sowieso jeden Tag voll», sagt Roca (für einen Tisch muss man ein Jahr vorher reservieren!) Ein solcher Status sei deshalb wertvoll für die ganze Region. Girona liegt in der Costa Brava, genau zwischen den Pyrenäen und dem Meer. 

Citta del Gusto

Daniela Gugliotta Bagaian (Lugano Turismo), Joan Roca, Giancarlo Dillena (Moderator) und Dany Stauffacher (v.l.n.r.)

Grosszügigkeit. Der 3-Sterne-Chef nutzt seine Bekanntheit deshalb auch, um sein Wissen zu teilen. «Das Wichtigste ist Grosszügigkeit: Wir müssen unser Wissen weitergeben. Ich denke, wir Spanier sind sowas wie Pioniere darin. Ich sehe die anderen Restaurants in der Costa Brava nicht als Konkurrenz, es handelt sich mehr um eine Zusammenarbeit. Wir müssen ein gewisses Bild gegen aussen vermitteln, weil unsere Region abhängig vom Tourismus ist.» Das bedeutet für Roca auch, Traditionen zu bewahren. Regionale Traditionen, aber auch ganz persönliche. «Wir haben ein Gericht, das von einer Suppe meiner Mutter inspiriert ist. «Die ist ganz einfach und besteht aus dem, was man noch übrig hat: Wasser, Brot, Olivenöl, Minze und ein Ei. Diese Suppe entstand nach dem spanischen Bürgerkrieg», sagt Roca. 

Citta del Gusto Lugano

Jeden Tag kocht einer anderer Chef im Schlemmerdorf.

Lorenzo Albrici Polpette

Lorenzo Albrici («Locanda Orico», Bellinzona) machte Hirsch-Polpette.

Ein Symbol fürs Tessin. Ein Restessen kennen natürlich auch die Tessiner bestens: Polpetta. Die «Hacktätschli» bestehen ebenfalls aus dem, was man gerade so hat, können aus Fleisch oder Fisch bestehen, auch Vegi-Varianten gibts. «Erfunden» hats Maestro Martino, der erste prominente Koch der Welt, im 15. Jahrhundert. Und selbst wenn er ursprünglich ein Original-Rezept hatte, hält sich heute keiner daran. Jeder hat sein eigenes. Deshalb sind die Polpette ein Symbol für das Tessin und ein Symbol gegen Food-Waste. Um zu zeigen, welch grosse Vielfalt herrscht, servieren zurzeit 45 Tessiner Restaurants ihre Variation der Polpette. Elf von ihnen, bieten ihre Fleischbällchen auch im Villaggio del Gusto, dem Schlemmer-Dorf in Lugano an.  

 

Lugano ist ist vom 13. bis zum 23. September Feinschmecker-Stadt. Alle Infos zur Città del Gusto gibt es hier: www.luganocittadelgusto.ch