Fotos: Christopher Alexander Kuhn

Von der iberischen Halbinsel ins Bündnerland. Die Fundaziun Uccelin hat gerufen, und zwei ganz grosse Chefs sind nach Fürstenau gekommen, um mit Andreas Caminada und Marcel Skibba zu kochen. Auf der einen Seite Albert Adrià, einer der beiden prägenden Köpfe des legendären «El Bulli», auf der anderen José Avillez (u.a. «Belcanto», Lissabon), der einflussreichste Koch Portugals. Ihr gemeinsames Ziel: Geld sammeln für den gastronomischen Nachwuchs, den die Stiftung von Andreas und Sarah Caminada seit zehn Jahren mit massgeschneiderten Förderprogrammen unterstützt.

15’000 Franken für ein Programm. «Mein Traum ist es, dass wir 100 Talenten pro Jahr ein Uccelin-Stipendium ermöglichen können», erklärt Schlossherr Caminada. Eines der sechswöchigen Programme kostet rund 15’000 Franken, Doch die Fundaziun Uccelin ist auch für kleinere Spenden sehr dankbar. Mit 100 Franken ist eine Kochjacke finanziert, mit 160 Franken ein Messerset. Beeindruckend: Seit ihrer Gründung generierte die Stiftung rund 2 Millionen Franken! Bild oben: José Avillez, Marcel Skibba, Andreas Caminada und Albert Adrià (v.l.).

Uccelin

«Uccelin» bedeutet auf Deutsch «Vögelchen». Ein solches ist auch das Symbol der Stiftung.

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Es ist nicht ganz so, wie es aussieht: Albert Adriàs «Fake-Blumenkohl».

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Magischer Ort: Schloss Schauenstein, der Schauplatz des Events.

Volle Umami-Power zum Start. Für die Gäste, die sich einen Platz an diesem besonderen Anlass gesichert haben, beginnt das kulinarische Vergnügen beim Apéro im Gemäldesaal mit zwei «Schauenstein»-Snacks: einem Nori-Cracker mit Alpschwein und einer Röstzwiebel-Croustade. Volle Umami-Power also, die Sommelier Luca Marzullo gekonnt mit einem «Vendémiaire» (100 Prozent Chardonnay) von Champagne Doyard kontrastiert. «Ich verspreche, meine Gerichte sind besser als mein Englisch», scherzt Albert Adria, dessen erste Grüsse ein Air-Baguette mit Rubia-Gallega-Rohschinken und eine Mini-Terrine mit Wagyu und Foie gras sind. Von José Avillez gibt’s ein Tartelette mit Tuna-Tatar und Meerrettich sowie einen Meeresfrüchte-Cracker mit Kaviar. Die beiden Gastchefs kennen sich schon eine halbe Ewigkeit: José war vor fast 20 Jahren Praktikant bei Albert und seinem Bruder Ferran im «El Bulli».

«Fake-Blumenkohl» und Kaviar. Bei Tisch führt Albert die Gäste erst einmal genussvoll an der Nase herum, mit der Kreation «Fake-Blumenkohl - Kaviar - Consommé». Was aussieht wie ein Blumenkohlröschen, entpuppt sich als luftige Blumenkohlcreme, die «Consommé» ist eine gelierte Essenz von geräucherten Auberginen. Andreas Caminada und Marcel Skibba lassen Walensee-Felchen mit angenehm säuerlichem Nussbutterschaum und Salzaprikose folgen, ein üppiges Gericht mit überraschenden Aromen. Nach dem Süsswasserfisch ist das Meer an der Reihe: José serviert Carabinero mit grünem Curry und Rosmarin. Ebenso intensiv wie raffiniert!

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Steinpilz in Aspik, eine weitere Kreation von Albert.

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Andreas Caminada im Gespräch mit den Gästen.

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Kräftig und doch filigran: Caminadas Nori-Cracker mit Alpschwein.

Die Quadratur des Steinpilzes. Dann zeigt das «Schauenstein»-Team, wie komplex moderne Gemüseküche sein kann. Roter Chicoree (roh und geschmort), eingemachte Mirabellen und Haselnüsse verbinden sich zu einem beglückenden Ganzen mit feinen Bitternoten, die man in der Spitzenküche sonst viel zu selten antrifft. Und noch eine Message hat das Gericht: Wer im Sommer und Herbst fleissig einmacht, kann im Winter aus dem Vollen schöpfen. Albert kontert mit Steinpilz in Aspik. Doch keine Angst: Seine Version von Aspik hat nichts mit der teutonischen zu tun, ist nur eine feine, im Mund dahinschmelzende Gelee-Schicht, die akkurat geschnittene Steinpilzwürfelchen umgibt. Platziert ist das einem Pilz nachempfundene Kunstwerk in einer traumhaften, kalten Pilzessenz. Die Quadratur des Steinpilzes sozusagen!

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Zander, Kohlrabi und Zwiebel sind die Stars dieser erfrischenden Caminada-Kreation.

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Sommelier Luca Marzullo schenkt zum Hecht Gantenbein-Riesling 2014 aus der 3-Liter-Flasche ein.

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Portugal auf dem Teller: Hecht mit Coentrada, ein Fischgang voller Power.

Zum Hecht gibt's Gantenbein. Nach diesen intensiven Aromen ist eine Erfrischung gefragt. Caminada und Skibba liefern sie in Gestalt eines modernen «Schauenstein»-Klassikers: in Öl und Essig gebeiztem, kurz abgeflämmtem Zander mit Zwiebelsud und Kohlrabi – flankiert von einem separaten Schälchen mit Zander-Tatar und Kohlrabi-Zwiebel-Sorbet. Nicht umsonst eines der Lieblingsgerichte von 19-Punkte-Chef Andreas! Nun ist wieder José an der Reihe. Mit traumhaft saftigem Hecht und seiner Version der Coentrada. In der typisch portugiesischen Sauce steckt neben viel Koriander die Kraft der Karkassen des Fischs. Das geniale Pairing dazu: Chardonnay 2014 von Martha und Daniel Gantenbein in der 3-Liter-Flasche. 

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Die Chefs auf dem Schloss: Marcel Skibba (l.) und Andreas Caminada.

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Die berühmte «Skibba-Ente», diesmal mit Rande und schwarzem Knoblauch serviert.

Ente à la Skibba und eine süsse Schweinerei. Und was fehlt in diesem Menü noch? Richtig, die berühmte Ente nach Art von Marcel Skibba! Diesmal von Rande und schwarzem Knoblauch begleitet. Wow! Side Dish: ein Enten-Gyoza in erdig-süssem Randensud. Die frechste Kreation des süssen Ausklangs kommt überraschenderweise nicht vom einstigen «Ell Bulli»-Patissier Albert Adrià, sondern von José Avillez. Es ist eine Art Sandwich rund um das Thema Schwein. Eine mit Pata-Negra-Schinken aromatisierte Creme und eine Schicht Karamell stecken zwischen zwei Waffeln in Schweinchenform. Obendrauf: eine hauchdünne Tranche Schinken und mit Zimt gewürzte, gepoppte Schweineschwarte.

Begeisterte Gastchefs. Das Genuss-Städtchen Fürstenau macht gehörig Eindruck auf die beiden Gastköche. «Unglaublich, was Andreas hier oben aufgebaut hat. Alles, was er anfasst, scheint zu Gold zu werden. Wir waren im ‹Oz› und in der ‹Casa Caminada› essen und durften so die ganze Bandbreite seiner Küche kennenlernen», schwärmt Albert Adrià. Noch mehr hat es ihm aber die Fundaziun Uccelin angetan. «Ein besseres Programm können sich junge Berufsleute nicht wünschen. Es öffnet ihnen die Türen zu den besten Chefs und Produzenten auf der ganzen Welt. Wenn ich als Gastkoch etwas zum Erfolg der Stiftung beitragen kann, tue ich das natürlich sehr gern.» Für José Avillez ist klar: «Die Fundaziun Uccelin ist ein Leuchtturm für die Gastronomie und ein ganz, ganz wichtiger Beitrag für die Zukunft unseres Metiers.»

>> uccelin.com