Text: Urs Heller
18 Punkte. Ohne Klammern. Für Sven Wassmer gab’s zum Start im Grand Resort Bad Ragaz ungewöhnlich viele Vorschusslorbeeren. Nur der GaultMillau meckerte ein wenig: Weil in den ersten Monaten nicht jeder Gang auf Top-Niveau war. Und weil das Timing nicht stimmte. Über vier Stunden sitzt heute niemand mehr freiwillig am Tisch. Auch nicht bei einem Spitzenkoch. Wir haben es eher mit Lorbeeren statt mit Vorschusslorbeeren, notieren erfreut: In der zweiten Saison ist im «Memories» alles deutlich besser. Sven Wassmers Brigade kocht souveräner, schneller, gelassener. Fazit nach zwei Besuchen: Wir können Sven aus der Klammer befreien. 18 Punkte sind es wieder, ohne wenn und aber, wie früher im «7132 Vals». Grosses Bild oben: Sven Wassmer (rechts), Silvio Germann (links).
Masken auf, Foffa-Salat auf den Tisch. Sven Wassmers Konzept: Er schart Produzenten seines Vertrauens um sich – und verpasst deren Produkte den genialen finalen Schliff. Bestes Beispiel dafür: Der Salat von Marcel Foffa. Der stand am Morgen noch in Pratval GR auf dem Feld – und war abends im Menü so unglaublich frisch, wie man das nur noch selten kriegt. Natürlich geht es im «Memories» nie ohne ein ganz besonderes Tuning: Beim «Feldsalat» sorgen ein Erbsenflan, gepuhlte Erbsli, Sanddorn und Peperoncini für Schärfe und überraschende Wärme in der kleinen Bowl. Die Brigade (mit Vize Benedikt Gerster als wichtigstem Mann) kocht Corona-konform mit Maske. Sieht recht grimmig aus in der offenen Showküche.
Sven Wassmers Signature Dish: Saibling aus dem Val Lumnezia, mit gebranntem Sennenrahm.
Die Felche als Gourmet-Fisch. Sven Wassmer hat ein besonderes Talent: Die Fischküche! Den Saibling aus dem Val Lumnezia kennen wir schon seit Jahren und möchten ihn auch nicht mehr missen. Er wird schon fast zärtlich-sanft gegart, und der gebrannte Sennenrahm dazu ist eine kleine Sensation. Überraschung diesmal? Auch die Felche kann ein echter Gourmet-Fisch sein – wenn ihn Sven Wassmer in die Finger kriegt. Der Chef beschafft den andernorts selten sehr aufregend zubereiteten Fisch via Luca Bianchi aus dem Zugersee. Er pochiert ihn vier Minuten im Essig. Die silberne Haut wird eingeschnitten und abgeflämmt. Dazu gibt’s wuchtige Sauerampfer und Meerrettich. Bester Fleischgang: Rücken von Mady. So hiess die Angus-Kuh aus dem Val Lumnezia, die für Sven im nicht ganz zarten Alter von 13 Jahren geschlachtet wurde.
«Silvio’s Special»: Die ultimative Perlhuhnsuppe. Das «Memories» muss sein Publikum noch suchen, ist in Corona-Zeiten nur am Wochenende in Betrieb. Nebenan rennen die Gäste die Bude ein: Das «Igniv» ist wieder ganz normal geöffnet, und der Luzerner Silvio Germann liefert: Ein Sharing-Menü in Perfektion, mit mindestens 20 Plättli, Schalen und Teller. Natürlich mussten wir auch die Nummer 21 probieren, einen «Special» aus Silvios Küche. Diesmal eine grandiose Alpstein-Perlhuhn-Essenz mit ebenso grandiosen Perlhuhn-Schmorravioli. Auch vom Malanser Poulet gab’s wunderbares Geflügelfleisch: Keule, geschmort und gepresst, mit Morcheln.
Spitzenküche by Silvio Germann im «Igniv»: Jedes Menü beginnt mit einem raffinierten «Ei Royal» (rechts).
Tim Mälzer & das Ei Royal. Ein Besuch im «Igniv» beginnt immer mit einem «Ei Royal». Das ist für den Koch vielleicht etwas langweilig, bei den Gästen aber Kult – spätestens seit Tim Mälzer beim einem «Kitchen Impossible»-Dreh in Germanns Küche schmerzhaft erlebt hat, wie schwierig die Zubereitung ist. Highlights aus dem aktuellen Menü: Spargeln von Nachbar Christian Risch, erst kleinteilig auf einer feinen Tartelette, dann gekocht, abgeflämmt und eingelegt als eine von sieben (!) Vorspeisen. Eine kurz gebratene Langustine, serviert auf einem «Räucher-Öfeli». Fingerfood in Form von Kopfsalat, mit Jalapeno. Und Kartoffeln in einer ziemlich raffinierten und luxuriösen Variante: Gerollt, mit Kaviari Kristal Kaviar und Steinbutt-Beurre blanc.
Der GaultMillau meint. Glücklich, wer in Bad Ragaz absteigt! Im «Memories» ist Sven Wassmer angekommen, wächst besser hinein in seine Rolle als Starchef im Grand Resort. Im «Igniv» hat Silvio Germann von seinem Entdecker und Förderer Andreas Caminada schon längst den Freibrief gekriegt, um seine eigene Handschrift zu entwickeln. Er hat Erfolg damit und nimmt die neue Herausforderung im Resort mit einem verschmitzten Lächeln an. Sieger im «Battle of Bad Ragaz»? Ganz bestimmt die Gourmets! Zwei Top-Restaurants unter einem Dach - das hat kein anderes Resort zu bieten.
>> Fotos: Maurice Haas, Jürg Waldmeier, Thomas Buchwalder, Geri Born, Remy Steinegger, Olivia Pulver
www.memories.ch, www.igniv.com
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Grand Resort Bad Ragaz
Restaurants Memories & Igniv
7310 Bad Ragaz
