Fotos: Remy Steiner
Entdeckung auf dem Teller. 28 verschiedene Komponenten, darunter 16 unterschiedlich zubereitete oder eingemachte Gemüsesorten, aber auch geräucherter Hüttenkäse, ein Senfeis, getrocknete Tomaten, sieben verschiedene Kräuter, karamellisierte Sonnenblumenkerne und eine Sauce aus fermentiertem Fenchel: Der Gemüseteller von Marcel Koolen (s. grosses Bild oben) ist ein Supersalat – ein ebenso geschmackvolles wie unterhaltsames Gericht, das beim Gast eine Art von Entdeckergeist weckt. Der Küchenchef des «7132 Silver» in Vals nimmt damit ein Thema auf, mit dem sich schon viele Köche beschäftigt haben, gibt dem Gericht aber eine ganz eigene, sehr persönliche – und lokale! – Note.
Der Hof am Dorfeingang: Marcel Koolen (l.) mit Marlies und Mathias Tönz auf den Gemüsefeldern.
Zutaten aus dem Dorf. Denn viele der Zutaten kann der gebürtige Niederländer, der 2023 die Leitung des «7132 Silver» von Mitja Birlo übernommen hatte, gleich beim Dorfeingang in Vals beschaffen. Mit der Bauernfamilie Tönz hat Marcel Koolen engagierte und experimentierfreudige Partner. Marlies Tönz und ihr Sohn Mathias halten neben einer Herde Kühe mit schottischen Hochlandrindern auch noch eine Turopolje-Muttersau mit ihrem Nachwuchs und mit einer Schar Peking-Enten wurde kürzlich ein neuer Versuch gestartet. Vor allem aber wächst auf dem flachen Gelände der Familie Tönz am Valser Rhein viel Vegetarisches: 120 verschiedene Gemüsesorten, 20 Chili-Arten, 50 Kräuter und Blüten – darunter allein elf Sorten Basilikum werden in Folientunnel oder auf offenem Feld angebaut. Exotische Sorten wie Zimtbasilikum, Heiliges Tulsi Rama-Basilikum wecken sofort die Aufmerksamkeit von Marcel Koolen, weil sie überraschende aromatische Momente bieten.
Experimentierfreudig: Bäuerin Marlies Tönz.
Leitet den Hof Padanatsch: Mathias Tönz.
Am liebsten, was nicht funktioniert. Marlies Tönz macht selbst vor Melonen nicht halt, obwohl das alpine Klima mit langen Wintern und kurzen Wärmeperioden nicht ideal ist für das subtropische Kürbisgewächs. «Ich mache am liebsten das, was nicht funktioniert. Nur weil jemand sagt, ‹das geht nicht›, heisst das für mich noch lange nichts», sagt die Bäuerin in einem Anflug von stolzem Trotz. Neben immer wieder neuen Versuchen mit exotischen Sorten, werden auch Kürbisse, Kohl, Mais und Bohnen angebaut. Vieles davon kann auf dem Wochenmarkt in Vals verkauft werden.
Hier wachsen die Zutaten für ein Tomatengericht: Marlies Tönz und Marcel Koolen im Gewächshaus.
Felder wie bei den Indianern. Der Hof der Familie ist Bio-zertifiziert, aber Marlies und Mathias Tönz verzichten auch auf Pflanzenschutzmittel, die nach Bio-Richtlinien erlaubt wären. «Schädlinge müssen dann halt von Hand abgelesen werden, oder wir setzen auf mechanische Unkrautvernichtung», sagt Tönz. Der schlaue Bauer bedient sich auch bei urtümlichen Methoden, so werden beispielsweise Mais und Bohnen auf einem Feld kombiniert, «so wie das bei indigenen Völker gemacht wurde», erklärt er. Der Verzicht auf Monokulturen sei besser für den Boden und Marcel Koolen bekommt dank der Methoden des Hof Tönz eine ultimative Qualitätsgarantie.
28 Komponenten: das Mise en Place für den Gemüseteller.
Wie ein Gemälde: Marcel Koolen richtet an.
«Ein Traum.» Für ihn als Koch sei eine solche Zusammenarbeit «ein Traum», sagt er. Marlies Tönz zieht zum Beispiel im Schutz der Gewächstunnel zwölf Tomatensorten – die kommende Ernte lässt sich bereits erahnen. «Da muss ich mit meinem Tomatengericht vorwärts machen», sagt Marcel Koolen lachend. Die Bauersleute und der Küchenchef haben eine einmalige Form von kreativer Kooperation: Koolen hat Ideen, die bestimmte Zutaten vom Feld bedingen und umgekehrt bietet ihm die vielfältige essbare Flora vom Bauernhof eine Menge Inspiration. So ist der «Silver»-Supersalat kein Gericht, das immer gleich serviert wird, es verändert sich mit dem Lauf der Jahreszeit. Kohlrabi kommt irgendwann statt Spargel auf den Teller und «in zwei Wochen kann ich dann Bohnen der Familie Tönz verwenden», sagt Marcel Koolen.