Taverne zum Schäfli

Hier gibt es Kaviar, schwarzen Trüffel, Entenleber, Hummer. Immer wieder und nie zu knapp. Christian Kuchler ist kein Chef, der den neuesten Trends nachhechelt, der Ponzu und Dashi ansetzt. Eingekauft wird auch selten auf dem Bauernhof. Hoflieferant ist Alfred von Escher, Qualitätsfanatiker wie Kuchler selbst. Der Chef setzt auf alles, was die luxuriöseste Taverne im Land gross gemacht hat: auf eine klassische, aber verfeinerte französische Küche. Auf unglaubliche, aber auch unglaublich arbeitsintensive Saucen. Auf sein gesundes Selbstvertrauen. Vater Wolfgang, der das «Wunder von Wigoltingen» gestartet hat und nur noch selten in der Küche auftaucht, nimmt es wohlwollend zur Kenntnis. Er kann stolz sein auf seinen Sohn.
Welches Amuse-bouche war denn das beste? Auf den ersten Blick das elegante Cocktailglas mit temperierten Kalbsbäggli und einem unglaublichen Parmesan-Schaum. Auf den ersten Biss das Tatar vom Black-Angus-Rind mit Zwyer-Kaviar, knuspriger Mini-Rösti und verblüffendem Räuchersud. Aber da war noch diese kleine Essenz vom Kalb – eine Wucht und Symbol für Kuchlers Küche. Auch im «Schäfli» darf ein pochiertes Wachtelei zur Begrüssung nicht fehlen; die Knoblauchcreme dazu mag nicht jedermanns Sache sein, uns hat sie gefallen.
Ein Hammergang gleich zum Start? Nicht die schlechteste Dramaturgie. Kuchler schneidet wundervolle norwegische Jakobsmuscheln auf, serviert sie mit Ingwer und Reisessig, vor allem aber mit Ananas, Yuzu und Haselnuss. Die Erklärung aus der Küche: «Ich verwende eine noch unreife Ananas. Das gibt den sommerlichen Säurekick. Die Haselnüsse aus dem Piemont sorgen für eine nussige Note.» Auf besonderen Wunsch und gegen Aufpreis gibt es noch einen riesigen Löffel Oscietra dazu. Zehn Gramm werden versprochen; beim grosszügigen Chef sind es deutlich mehr.
Entenleber und Hummer! Dieses Kombi kriegen wir gleich doppelt. In Runde 1 wird die Leber angefroren und dann geraspelt; das Hummerfleisch ist unter dem «Entenleber-Berg» gut versteckt, die zitronige Note in diesem Gang erfrischend. Eine «Zigarre» gibt es dazu, mit Entenleber und Marille (Aprikose) gefüllt. In Runde 2 wird die Leber sauber gebraten und gibt es nochmals bretonischen Hummer dazu. Zwei Gänge statt wie üblich zweierlei von der Foie gras – eine kluge Entscheidung. In der nächsten Runde verblüfft die Kombination: Loup de mer und Austern und Miesmuscheln, Fenchel, Safran, freche Chorizo-Streifen und eine Beurre blanc nach Art des Hauses, perfekt eben. Zum Hauptgang wird tranchiert: Coquelets aus der Bresse, angeliefert von Alfred von Escher, saftig und zart, gefüllt mit Spinat und wieder mit Entenleber! Drüber: australischer Trüffel; er läuft dem französischen Périgord-Trüffel langsam, aber sicher den Rang ab. Zum Dessert dann doch noch Thurgau im Teller: Daniel Simunic, Kuchlers begabter Patissier, legt die Beeren aus der Region in einen Schoko-Ring, gibt Erdbeerglace und Erdbeersauce dazu.
Zur klassischen Kuchler-Küche gehört, dass er sich nicht wie viele andere Erfolgreiche auf ein einziges Menü konzentriert, sondern zusätzlich noch eine spannende Karte auflegt. Das «Schäfli»-Angebot: Sashimi mit Wasabi, Froschschenkel aus Vallorbe VD, wunderbare Ochsenschwanz-Ravioli (klar: mit Trüffel und Entenleber), Sole Colbert, bretonischer Steinbutt in einer Thai-Curry-Nage und Kalbskoteletts von bester Herkunft: Mazlaria Peduzzi, Savognin. Angenehmer Service unter der Leitung von Fabian Mennel, hübscher Garten hinter dem Riegelhaus.