Neue Taverne

Wenn ein in der Pfanne mit Butter arosierter Blumenkohl zum Ereignis wird, sitzt man in Zürich höchstwahrscheinlich in der «Neuen Taverne». Nenad Mlinarevic hat das Lokal in der Altstadt beim Lindenhof Ende 2019 mit seinen Partnern, die bereits die «Bauernschänke» betreiben, übernommen und neu programmiert. Gekocht wird undogmatisch vegetarisch: Wenn es aus Sicht der Köche Sinn macht, darf es zu Pizokel auch mal ein feiner Akzent mit Krustentiergewürz sein oder Casarecce werden in einem Saucisson-Fond geschwenkt. Sonst gilt: Gemüse ist das neue Fleisch. Mlinarevics Fokus liegt auf Produkt und Geschmack, es wird geschmort, gebraten, grilliert oder eingelegt – mit einem erstaunlichen Varianten- und Aromenreichtum gewinnt der 38-jährige Zürcher, der 2016 GaultMillaus «Koch des Jahres» war, der fleischlosen Küche neue Seiten ab.
Da ist ein mit Yuzu marinierter, grillierter Chicorée mit ausbalanciertem Aromaprofil zwischen Süsse, Säure und Bitterkeit. Der buttrig geröstete Blumenkohl erhält dank Eigelbcreme, Schnittlauchemulsion und Röstzwiebeln vollmundigen Geschmack mit Texturen, die von festem Biss über angenehme Cremigkeit bis zu herzhaftem Knuspereffekt reichen. Oft entsteht aus einer übersichtlichen Anzahl Zutaten eine erstaunliche Komplexität und Tiefe. Etwa beim Topinambur mit Trauben und Hefe oder beim Weisskohl mit Hollandaise, eingelegten Zwiebeln und japanischem Reisgewürz.
Die Innovationskraft des Teams ist auch daran zu sehen, dass schon fünf Wochen nach Eröffnung die Karte fast vollständig neu geschrieben war. Was gleich bleibt, ist die Idee einer vegetarischen Küche, die neu und aufregend ist. Mit Gerichten, die einfach scheinen, aber niemals simpel sind. Dafür gibt es zum Start 15 Punkte, das Potenzial für mehr ist offensichtlich vorhanden.