Bauernschänke

Chefs, die mehr als ein Restaurant betreiben, haben eine schwere Aufgabe: Sie müssen einen Küchenchef finden, der das gemeinsam definierte Programm zuverlässig umsetzt. Das System Nenad Mlinarevic funktioniert. Mit Thomas Brandner steht in der «Bauernschänke» ein Chef am Pass, der eine raffinierte, aber zugängliche Sharing-Küche perfekt umsetzt und sie sorgfältig weiterentwickelt. Und dass Brandner und Mlinarevic auf eine gemeinsame Zeit im 18-Punkte-Lokal focus in Vitznau zurückblicken können, ist ein Vorteil. Die rehydrierte Rande zum Beispiel kam dort erstmals aufs Menü, heute ist sie mit rohen Randen und einer Randenvinaigrette eine gelungene Ergänzung zum Lachstatar und bringt süss-erdige Noten mit. Für ein unerwartetes Highlight sorgt eine rustikale, aber aromatisch feinfühlig ausbalancierte Raclette-Spielerei: rote Kartoffeln mit Schalottenpüree und Vacherin-Creme; Mais, Gurken und Senfsaat aus dem Einmachglas sorgen für Säure. Ein gerösteter halber Blumenkohl mit einer Mandel-Mole – abgeschmeckt mit Schokolade und Chili – oder ein sous vide gegarter und dann gebratener Weisskohl mit Sauerteigbrotcreme und ausgelassener Saucisson steht für den gekonnten Umgang mit Gemüse und stellt thematisch eine Verbindung zum Schwesterbetrieb «Neue Taverne» (siehe Seite 505) her, wo Gemüse im Zentrum steht. Nur die Belugalinsen, bedeckt von Albelirogen, überzeugen nicht restlos: Die intensive Salznote kann eine Zitronenthymianvelouté nicht ganz ausgleichen, es fehlt dem Gericht an Tiefe und Säure.
Stark ist das Dessert: Gerstenmilcheis, gekochte und knusprige Gerste, edelweisse und kandierte Schokolade sowie fein gehobelte, rohe Kaki – verschiedene Texturen, nussige Aromen, gut dosierte Süsse und feine Fruchtnoten ergeben eine komplexe, harmonische Süssspeise.