Balm

In den seltenen freien Stunden schmökert Beat Stofer in alten Kochbüchern und in seinen alten Menükarten. Das inspiriert zu neuen Taten. Zum Gang des Abends beispielsweise: eine ganze bretonische Seezunge nach Grenobler Art. Heisst: viel Butter, Kapern, Zitrone. «Ich finde diesen Klassiker ‹cheibe cool› und mag vor allem die Säure an diesem Gericht», findet der Jeune Restaurateur. Bianchi liefert den noblen Fisch in bester Qualität ins Haus, und natürlich gibt es den Stofer-Kick dazu: Vongole und Miesmuscheln für die Sauce, Champagner-Risotto und Winterspinat. Sympa: Für die Sole an der Gräte muss man nicht zwingend den Tischnachbarn zum Mitmachen überzeugen, man kriegt die Seezunge auch für eine Person. Zweites «Stofer reloaded»-Gericht: Limonenrisotto mit Tuna-Sashimi. Der Chef setzt seinen berühmten Carnaroli-Risotto an, greift zu Limettensaft und -abrieb, legt marinierte Tunatranchen drüber; der Reis allein erwärmt den Fisch. Dazu gibt es einen feinen Jus aus Hummer-Karkassen, Pesto, Fleur de sel und Pfefferminzstreifen. Stofer nimmt die Komplimente vergnügt entgegen: «Diesen Gang habe ich vor zehn Jahren mit mässigem Erfolg schon mal serviert. Aber damals war ich der Zeit wohl etwas voraus.»
Die «Balm»-Karte ist vernünftigerweise knapper geworden, aber dafür gilt: Jeder Schuss ein Treffer! Der Rock Lobster kommt wunderbar knackig daher, der panierte grüne Reis («aus dem Asia Shop») bekommt dem Gericht gut, ebenso das Mangochutney und die Prise Curry in der Sauce. Die Hummersuppe ist ein Hausklassiker; zur eleganten Bisque gibt’s eine Jakobsmuschel. Erstklassig ein Souvenir von Stofers Piemont-Reisen: Tatar vom Schweizer Kalb, mit einer grosszügigen Dosis schwarzem Trüffel drüber und etwas Ochsenschwanzconsommé. Ein typisches «Löffelgericht»; auf ausdrückliche Nachfrage kriegten wir auch einen. Bei den Hauptgängen sind grössere Kaliber angesagt: Alpstein-Poularde mit Lauch und Kartoffelschaum – und ein Kotelett vom Schweizer Kalb aus dem Ofen, mit imposant langem Knochen und stolze 300 Gramm schwer. Die oberklassischen, aber feinen Beilagen: Morcheln, Taglierini.
Beat Stofers einzige Konkurrenz an der Megger Goldküste? Sein eigenes Bistro im gleichen Haus. Entenleber, Tatar, Black Tiger, Miesmuscheln und Vongole gibt es auch hier, ebenso ein deftiges Wintergericht: geschmorte Schweinskopfbacke mit Rotweinjus, Sellerie, Périgord-Trüffel und Spinat-Pizokel. «Für mein Bistro koche ich genauso gern wie für das Gourmetrestaurant», sagt der Patron. Das spürt man!