Fotos: Jürg Waldmeier
Nuno Viana, Sie sind seit kurzem aus dem Terrasse in Zürich zurück ins National gewechselt, wo Sie schon einmal als Geschäftsführer tätig waren. Was für ein Gastgeber sind Sie?
Ich sorge für eine lockere Atmosphäre, wenn der Gast mit einem Lächeln kommt und mit einem Lächeln geht, bin ich zufrieden. Wir sind Südländer und arbeiten mit Gefühl. Ich bin jetzt 50 Jahre alt und arbeite seit meinem 16. Altersjahr im Gastgewerbe. Ich kenne nichts anderes.
Warum fasziniert Sie dieser Beruf so?
Als Jugendlicher war mein Deutsch noch nicht gut genug. Im Gastgewerbe war das nicht entscheidend, ich konnte meine Lehre im «Thurgauerhof» in Weinfelden erfolgreich abschliessen. Mir hat es von Anfang an gefallen, gut gekleidet bei der Arbeit zu erscheinen.
Wie hat sich Ihre Tätigkeit in den Jahren verändert?
Wir sind mittlerweile mehr Psychologen als Wirte, und die Gäste sind anspruchsvoller geworden. Die Leute wissen sehr gut Bescheid, sie googeln Traubensorten und sind nicht mehr unbedingt auf unser Wissen angewiesen. Dazu hat der vegetarische und vegane Trend die Küche und das Angebot stark verändert: Wir bereiten heute ganz selbstverständlich ein veganes Tatar am Tisch zu.
Zur Freude der Stammgäste: Rehschnitzel an Preiselbeerrahmsauce mit Tagliolini und Preiselbeerbirne.
Wann beginnt bei Ihnen die Wildsaison?
Ab Anfang Oktober servieren wir Wildgerichte und sobald die Karte aufliegt, steigt die Nachfrage rasant. Ich bin zum Beispiel überrascht, wie oft Rehrücken bestellt wird. Das läuft wie verrückt. Auch der Rehpfeffer ist sehr beliebt.
Worauf achten Sie?
Zuallererst auf die Qualität; Unser Wildfleisch – vor allem Hirsch und Reh – kommt aus Buech am Irchel und wird jeden zweiten Tag frisch geliefert. Dann ist uns eine klassische Herangehensweise wichtig: Es gibt hausgemachte Spätzli, Rotkraut, Marroni. Wir sind überzeugt, dass wir diese Traditionen pflegen sollten, und dass wir das gut können.
Wie populär sind traditionelle Wildgerichte im Vergleich zu den «National»-Klassikern?
Unsere Klassiker wie Stroganoff, Spaghetti National oder die «Kalbsleberli» sind immer noch die Gerichte, welche an einem durchschnittlichen Abend etwa zwei Drittel der Gäste bestellen. Etwa ein Drittel mag aber Wildgerichte und bei einem Restaurant mit rund 300 Sitzplätzen sind das schon einige. Während der Wildzeit bestellen die Leute übrigens auch mal ein Züri Geschnetzeltes mit Spätzli als eine Art Kompromiss.
Herbst in der Pfanne: Pilze als Beilage.
Gepflegte Tradition: gebratener Rehrücken gebraten mit Pilzen Spätzli, Orangenmarroni und Portweinjus.
Wer sind die Gäste, die besonders gern Wild mögen?
Es sind viele ältere Gäste, welche diese Klassiker schätzen. Aber es gibt durchaus auch jüngere Leute, die das mögen. Ich vermute, es hängt mit den Essgewohnheiten zu Hause zusammen. Bei uns gibt es vorwiegend portugiesisches oder mediterranes Essen, meine Kinder würden wohl kein Wild bestellen (lacht).
Wie oft ändert die Karte im National?
Unsere Klassiker ändern natürlich nie, aber jeden Monat gibt es eine saisonale Karte, und im Herbst gibt es Wild, Ende November gibt es zum Beispiel Moules et Frites – dafür stehen die Leute beinahe Schlange.
«Eine klassische Herangehensweise ist uns wichtig»: «National»-Geschäftsführer Nuno Viana.
Auch wenn Sie zu Hause kein Wild essen, was ist ihr persönlicher Favorit auf der Wildkarte?
Eindeutig Rehpfeffer, mir gefällt dieser spezielle Geschmack der mit Blut gebundenen Sauce. Das ist nach meiner Erfahrung auch gar nicht so einfach zu kochen.
>> Nuno Viana (50) arbeitet seit über 13 Jahre für die Firma Bindella und ist seit Juni 2025 wieder Geschäftsführer im Restaurant National in Winterthur – eine Rolle die er schon in früheren Jahren innehatte. Dazwischen war er als Gastgeber im «Terrasse» in Zürich.