Der Yachtklub in Zürich. Fünfsterne-Qualität auf kleinstem Raum: Das «La Réserve», direkt am See und nahe beim Zürcher Bellevue hat nur 40 Zimmer, und gerade riesig sind die wirklich nicht. Trotzdem ist das Boutique-Hotel fast immer ausgebucht, zu stolzen Preisen. Das Erfolgsmodell: Der Pariser Star Philippe Starck ist der Designer. Zusammen mit Besitzer Michel Reybier hat er sich entschieden, das in die Jahre gekommene «Eden au Lac» in ein modernes Boutique-Hotel zu verwandeln. Vision: Eine Art Yachtclub in Zürich. Also fehlt es nicht an alten Rudern, rekonstruierten Schiffsrümpfen und Navigationskatten; Stammgäste machen bei jedem Besuch eine Neuentdeckung, mögen auch den DJ im Restaurant. Übrigens: Die Zimmer im ersten Stock sind die besten; grosse Terrassen mit Blick auf den Zürichsee.

Sushi-Master Sandeep 2023: mit Marco Ortolani

«La Réserve» ist Gourmet-Hotel ! Executive Chef Marco Ortolani (rechts) beherrscht alle Disziplinen. Sandeep Tamang ist der neue Chef im «La Muña».

Die Formel Ortolani. Der General Manager wechselt im «La Réserve» etwas häufig. Jetzt gerade ist die Wienerin Nicole Zahnd der Boss. Sie hat sich schnell eingelebt in der Zürcher Szene – und sie will bleiben: «Ich arbeite gerne im Luxussegment, mag das Haus. Hoher Designanspruch, hohe Ansprüche an die Küche.» Für letzteres ist Executive Chef Marco Ortolani zuständig, der gleich in zwei Restaurants hoch punktet: Im «Eden Kitchen» im Parterre (italienisch, Grill), im «La Muña» auf dem Rooftop (peruanisch-japanisch). Selbst das Frühstück ist aussergewöhnlich gut: Kein Buffet, kein Stress. Aber eine muntere Karte: «Züri Breakfast» etwa, mit Rösti, Spiegelei, Gruyère und Speck. Dim Sum (Prawns, Chicken, Vegetables) mit Sambal Oelek und Ponzu. Und alles, was gerade unverzichtbar ist an einer Lifestyle-Adresse. Avocado etwa, mit pochiertem Ei, Roggenbrot und Zitrone.

Rooftop, La Muna, La Réserve Eden au Lac Zurich, Zuerich © HO

Traumterrasse auf dem Rooftop, erstklassige japanisch-peruanische Küche: Das «La Muña» ist ein Hotspot.

Plin, Vacca Vecchia, Alici in Saor. Die Karte im «Eden Kitchen» sieht eigentlich ganz harmlos aus, aber das ist Understatement pur. Beim selbstbewussten italienischen Chef Marco Ortolani gilt: Wehe, wenn er losgelassen! Ich gebe ihm meistens «Carta bianca», lasse mich überraschen: Bresaola de luxe, dünne Scheiben von der seltenen Rasse «Vacca Vecchia» (90 Tage gereift). Dampfbrötchen mit Fleisch von einer Engadiner Gams, mit Chimichurri und Oscietra-Kaviar. «Alici in saor» wie bei den Gondolieri in Venedig. Oder «Ravioli del Plin classici». Was heisst klassisch, Signor Marco? Dreierlei Braten müssen in den dünnen Teig: Ossobuco (Kalb), Coniglio (Kaninchen, Rücken), Maiale (Schweinenacken). So hat es der Executive Chef daheim gelernt.

Sushi-Master Sandeep 2023

Chef Sandeep bereitet seinen Sushi-Reis mit Liebe zu. Einzige Würze: Ein Stück Kombu.

Sushi-Master Sandeep 2023

Etwas Show darf schon sein: Trockeneis umzingelt in «La Muña» die Sushi-Platte.

Tintenfisch-Tagliatelle Carbonara! Ein paar ziemlich verrückte Kreationen halten sich länger auf der Karte. Die Tintenfisch-Tagliatelle etwa. Ortolani serviert sie mit Carbonara-Komponenten: Guanciale, (Wachtel-)Ei. Auch das Châteaubriand ist ziemlich «revisitato». Nicht Fleisch, sondern ein Steinbutt, wird direkt am Tisch aufgeschnitten; die Gräte ragen wie Knochen aus dem edlen Stück Rombo. Empfehlenswert die Klassiker vom Grill, angeliefert meist von Lokalmatador Fredy von Escher.

«Suckling Pig from Turgovia». Dass Marco Ortolani im «Eden Kitchen» gross aufkocht, überrascht mich nicht. Die Performance sieben Etagen höher im «La Muña» schon eher. Immerhin musste er seinen Top-Chef für japanische und peruanische Küche ersetzen. Domenico Zizzi ist jetzt Executive Chef im «Adula» Flims; Karriere statt Sushi & Co. Aber die Nachfolge ist gut geregelt: Der geniale Sushimaster Sandeep Tamang aus Nepal ist neu auf dem Chefposten und macht das, gecoacht von Ortolani, sehr gut: Leche de Tigre mit japanischem Tamago. Frittiertes Shiso-Blatt mit schwarzem Trüffel. Gechillte Gurkensuppe mit Kingcrab, Avocado, Limette, Zitronengras und Ingwer. Carabinero, frittierte Carabinero-Köpfe (!) und Oscietra-Kaviar. Zum Hauptgang dann buchstäblich ein fettes Ding: Marco und Sandeep holen ein knuspriges Thurgauer Apfelschwein aus dem Ofen, servieren den Schweinebauch und in einem riesigen Bao Bun auch Schulter und Schwarte, mit Hoisin-Sauce. «La Muña Zürich» kocht in einer höheren Liga als die gleichnamigen Restaurants im Land.

«Lazy Sunday» im Fünfsternehotel. «La Réserve» ist auch eine tolle Sonntagsadresse, auch für Nicht-Hotelgäste. Erst gibt es einen Edel-Brunch («Lazy Sunday»), mit feinen «Cicchetti», Tagliolini aus 50 Eigelb oder Gnocchi Bolognese, ab 16 Uhr bittet die «Eden Kitchen» zum «Sunday Roast». Der Gast wählt drei Gänge aus der Karte (für 98 CHF). Die am Spiess gebratenen Güggeli mit schwarzem Trüffel und Taragon-Jus sollte man nicht verpassen.  Und wie verbringen die vorwiegend internationalen Hotelgäste ihren «Lazy Sunday»? Mangels Hotelpool haben sie freien Zugang zur Utoquai-Badi. Der passende Strohhut liegt im Zimmer bereit. Eine kleine Aufmerksamkeit des Hauses.

www.lareserve-zurich.com


Fotos: Thomas Buchwalder, Nik Hunger, HO