Text: Jennifer Segui | Fotos: Julie de Tribolet
Ein Traum von einem Kotelett. Zart, saftig, noch leicht rosa und von einer appetitlichen Schwarte umgeben: Das Schweinskotelett, das Romain Dercile soeben aus der Pfanne gehoben hat, lässt uns das Wasser im Mund zusammenlaufen. Der 17-Punkte-Chef aus dem «Fleur de Sel» in Cossonay VD weiss um die aussergewöhnliche Qualität des Fleischs und reicht dazu nur einen mit Gundermann (ein Kraut aus der Familie der Lippenblütler) verfeinerten Jus und ein Gemüse-Millefeuille. Bild oben: Züchter Valentin Chappuis mit seinen Schweinen.
Romain Dercile aus dem «Fleur de Sel» in Cossonay ist ein grosser Fan von Chappuis' Schweinefleisch.
Ein Zeichen für Qualität: Viel Fett bedeutet besonders zartes und aromatisches Fleisch.
Ultralokal. Vom «Fleur de Sel» sind es nur etwas mehr als drei Kilometer bis zum Bauernhof von Valentin Chappuis in Lussery-Villars, wo die von Dercile so geschätzten Schweine aufwachsen. Lokaler geht es fast nicht! Dercile, in Cossonay der Nachfolger von Carlo Crisci, ist übrigens längst nicht der Einzige, der auf Chappuis’ Schweinefleisch schwört. Sogar Franck Giovannini («Hôtel de Ville», Crissier/19 Punkte) setzt es in seinem Restaurant auf die Karte.
Genug Zeit zum Wachsen: Die Schweine auf Chappuis' Hof wachsen artgerecht heran.
Respekt vor den Tieren. Starchef Dercile, dessen Eltern ebenfalls Schweine züchteten, hat viele gute Gründe, das Fleisch von Bauer Chappuis zu kaufen. «Zunächst einmal ist da der Respekt vor den Tieren», erklärt er. «Vor ein paar Monaten war ich zu Besuch auf Valentins Hof. Man sieht, dass die Schweine Platz haben und auch sonst artgerecht gehalten werden.» Hinzu komme die grossartige Arbeit der «Boucherie de Palais», die das Fleisch mit viel Know-how zerteile und reifen lasse. «Die Koteletts sind schön dick und saftig. Man merkt dem Fleisch an, dass die Schweine Zeit zum Wachsen hatten. Der Fettgehalt ist optimal, dem guten Futter sei Dank. Viel Fett bedeutet sehr zartes und aromatisches Fleisch.» Valentin Chappuis hört dem Koch aufmerksam zu und merkt an, dass das Fett schön weiss bleibe und seine Form behalte, während im Fleisch eine wunderbare Marmorierung zu erkennen sei. Beides ein untrügliches Zeichen von Qualität. Dem Züchter ist es gelungen, Schweinefleisch seine Noblesse zurückzugeben.
Valentin Chappuis füttert seine Tiere mit Weizen, Gerste, Gelberbsen, Raps und Rübenmelasse aus der Region.
Innen noch leicht rosa, saftig und zart – so sieht das perfekte Kotelett aus.
Ein Festessen für die Schweine. Um Valentins Schweine zu besuchen, muss man von seinem Bauernhof noch ein Stück zu Fuss über die Felder gehen. Eine Gelegenheit für den Bauern, uns rechts und links zu zeigen, woher das hochwertige Futter für die Tiere kommt. «Alles, was sie fressen, ist hochwertig und stammt von hier», erklärt er. «Unser Betrieb ist nicht bio-zertifiziert, aber wir gehen sehr sorgfältig mit dem Land um. Wir pflügen nicht und spritzen so wenig wie möglich.» Auf dem Speiseplan der Schweine stehen Weizen, Gerste und Gelberbsen, aber auch Raps oder Rübenmelasse. «Wann immer sie möchten, können sie fressen. Sobald sich die Hierarchie in der Gruppe gefunden hat, laufen die Dinge ganz natürlich und ruhig ab, ohne Stress», erklärt der Landwirt.
Verbindung zwischen Mensch und Tier: Züchter Chappuis im Kreis seiner Schweine.
Genügend Platz und ein Sprühnebel. Im Schweinestall, der zu allen Seiten offen ist, wühlen die Schweine im Stroh, geniessen ihr Futter oder strecken sich in der Sonne aus, unter Sprühnebel-Anlagen, die an heissen Tagen automatisch aktiviert werden. «Hier haben die Tiere drei verschiedene Bereiche», erklärt Valentin Chappuis. «Einen Bereich mit tiefem Stroh, in dem sie sich hinlegen oder wühlen können, wie es ihnen gefällt, einen Bereich für die Fütterung und einen Aussenbereich auf Spaltenboden, wo ihre Exkremente leicht entfernt werden können. Sie kommen und gehen, wie sie wollen.» Den gut belüfteten Stall hat Valentins Vater 2007 gebaut. Er beherbergt rund 630 Schweine, die im Alter von zweieinhalb Monaten und mit einem Gewicht von 25 Kilogramm hierherkommen und 120 Tage später, wenn ihr Gewicht 100 Kilogramm überschritten hat, ins Schlachthaus gebracht werden. Die Ferkel stammen von Mathias Mauroux, einem Züchter aus Autigny im Kanton Freiburg. Valentin Chappuis ist vollkommen transparent, was die Aufzucht seiner Schweine angeht und organisiert auch regelmässig Hofführungen.
Fleisch aus der Schweiz ist von hoher Qualität. Grund dafür sind strenge Gesetze und die natürlichen Ressourcen. Die Schweizer Fleischproduktion hebt sich von derjenigen im Ausland ab. Das betrifft Betriebsgrössen, Haltung, Fütterung und Rassen. Auch bei Themen wie Tierwohl und Tierschutz geht die Schweiz einen Sonderweg.