Fotos: Marcus Gyger

Berge, Beizen, Bahnen. All das ist in Adelboden vorhanden, in beeindruckender Vielfalt. Diese «Big Three» in ein Paket zu schnüren und den Gästen kompakt als eintägige Kulinarik-Wanderung anzubieten, lag nahe. Martina von Deschwanden, General Manager im neuen Adelbodner Design-Hotel «The Brecon», hat die Idee aus Saas-Fee mitgebracht, ihrem vorherigen Wirkungsort. Eine Sitzung mit dem Hotelierverband und ein paar Telefone später war der Wandertag aufgegleist. Neun Restaurants, ein Weinhändler und zwei Bahnen hatten spontan zugesagt. Bild oben: v.l. Simon Schranz, Laura Magee, Mattia Freguglia.

Gruppe auf dem Höreliweg

So geht Kulinarikwandern: In Etappen von Chef zu Chef.

Gruppe beim Essen

Schlemmen im Grünen: Michael Künzi von der «Schermatte» als Koch, Kellner und Sommelier in Personalunion.

Challenge für die Chefs. Nach einer Verschiebung wegen Wetterpech ging nun am Samstag die erste Kulinarik-Wanderung über Adelbodens prächtige Naturbühne. Die teilnehmenden Restaurants hatten die knifflige Aufgabe, entlang des knapp dreistündigen Wanderweges ihr Können und ihre kulinarischen Highlights zu präsentieren. Im Wald, im Feld, im Foodtruck, auf dem Anhänger. Alle lösten die Herausforderung mit Bravour – ob mit oder ohne Strom. Zwischen den kulinarischen Hotspots konnten die Teilnehmenden auf Etappen von fünfzehn Minuten bis einer Stunde Spaziergang neuen Appetit holen.

Chef und Gastgeber Till Dossenbach

Schräglage und Schneekanonen: Till Dossenbach grillierte im Anhänger auf dem Big Green Egg Black Tigers.

Vom Dorfplatz auf die Tschentenalp. Start auf dem Spielplatz Nevada Areal beim Hotel Steinmattli. Eigentürmer und Gastgeber Ralph-Marc Diebold köpfte die Magnum-Champagnerflaschen von Nicolas Feuillatte stilecht mit dem Säbel. Dorf-Original Stefan Oester, im «halbliinigä Aazug» und mit Hutte am Rücken, hiess die erste Gruppe im breiten Bärndütsch willkommen. Die Kulinarik-Wanderer staunten über das noble und exotische Amuse bouche, das Chef Damian Derda vorbereitet hatte: Austern mit Schalotten-Vinaigrette, Süsskartoffel-Quesadillas, Tatarbrötchen. Über die berühmte Dorfstrasse mit ihrem gmögigen Mix aus Metzgereien, Bäckereien, Boutiquen, Bars und Beizen gings zum Dorfplatz und zur Vogellisi-Skulptur. Hier wartete das Team vom Restaurant Blausee: gebeizte Lachsforelle an Honig-Senf-Dill-Sauce mit Fenchel-Cracker! Auf dem Weg zum Zofingerhaus, wo Michael Künzi von der «Schermtanne» wartete, traf die Gruppe auf Simon Schranz, der einen eben erlegten Gemsbock geschultert heimwärts trug. Vier Tage hatte der Jäger das Wild «tuissed», er werde es selbst zubereiten und essen. Vom «Schermtannen»-Foodtruck gabs grossartigen geräucherten Schweinebauch auf Selleriepüree, dazu eine formidable Aussicht auf das Steigelschwandtal und einen Pinot Noir aus Spiez.

Chef des Design-Hotel am Kessi. Einen kurzen steilen Aufstieg auf dem Höreliweg weiter rührte Chef Mattia Freguglia vom Design-Hotel «The Brecon» im mächtigen Kessi, das am Dreibein über offenem Feuer hing. Darin eine Weisswein-Suppe aus Heida vom St. Jodern-Keller, ebensolcher dazu im Glas. Wein und Wasser kühlten im Brunnen am Waldrand, einer Kuhtränke. Ein paar Kurven und Höhenmeter weiter oben staunten die auswärtigen Gäste über den Alpengarten, ein blühendes Paradies, in dem freiwillige Helfer am Jäten und Gärtnern waren.

Laura Magee & ihre Waldpilz-Ravioli. Im Vereinshaus war das Team vom Hotel The Cambrian am Werk, dem Schwesterbetrieb von «The Brecon». Chef Laura Magee aus Irland hatte Wildpilz-Ravioli auf Parmesan-Espuma vorbereitet. «Cambrian»-Gastgeberin Anke Lock reichte vor dem Essen heisse, duftige Stoffservietten zur Erfrischung. Wer zum Essen im Freien Picknick-Geschirr erwartet hatte, staunte nicht schlecht über die eleganten Schüsseln und Teller der beiden Design-Betriebe, die die Besitzerin Andrèa Frölich selbst töpfert. Die Brüder Grant und Craig Maunder aus Wales hatten das ehemalige «Regina» und das «Waldhaus» vor Jahren gekauft und mit viel Geschmack zu «The Cambrian» und «The Brecon» umgebaut.

Black Tiger von der Pick-up-Ladefläche. Zwischen einem Hochmoor, einer Garage für Pisten-Bullis und Schneekanonen platziert war Till Dossenbach mit seinem «Unico» by Alte Taverne, das im November eröffnen wird – als mexikanisches Fine-Dining-Lokal. Der frühere «Revier»-Gastgeber und «Bürgenstock»-Barchef erfüllt sich mit dem «Unico» den langen gehegten Traum vom eigenen Restaurant. Wie gut er kocht, selbst unter erschwerten Bedingungen auf der Ladefläche eines Pick-ups, bewies er mit gegrillten Black Tiger vom Big Green Egg mit Maisgriess und Chili-Limetten-Butterschaum.

Tünde und Stefan Zimmermann, Chef/Gastgeberin Restaurant S.Zimmer

Tünde und Stefan Zimmermann, Chef und Gastgeberin im Restaurant S.Zimmer.

Kalbskopfbäggli. Trotz Stromausfall. Tünde und Stefan Zimmermann vom S.Zimmer hatten eine Station weiter mit Stromausfall zu kämpfen. Die geschmorten Kalbskopfbäggli mit Chimichurri und Sommertrüffel schmeckten gleichwohl köstlich, dazu passte das ungarische Stierenblut, das Sommelière Tünde ausschenkte. Für die kurze Fahrt auf dem Sessellift Möser hatte «Adler»-Gastgeber Mathias Fankhauser Käseplättli mit heimischen Spezialitäten vorbereitet, die er den Kulinarik-Wanderern in hölzigen Werkzeugkästen mitgab, mit Ruchbrot, Zwetschgen-Chutney und Waadtländer Chablais. Oben im Restaurant Tschentenalp hatten Chef Stefan Kläy und Gastgeber Erwin Oester ein Dessertbuffet von gewaltigen Ausmassen parat. Fünf Laufmeter Törtchen, Sorbets, Pralinen, Flans, Crèmes, Macarons, Schnittchen, Eclaires, Schoggi, präsentiert auf duftigem Heu. Glücklich, wer jetzt noch Kapazitäten hatte nach acht Gängen.

 

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