Fotos: Olivia Pulver
Vor 15 Jahren galten Sie als zwei Verrückte, die in der WG Fleisch mit Edelschimmel behandelten. Heute ist Luma aus der Spitzengastronomie nicht mehr wegzudenken. Wie würden Sie Ihren Weg beschreiben?
Lucas Oechslin: Das trifft es eigentlich ganz gut. Die Ursprungsidee war, Schweizer Fleisch qualitativ aufzuwerten. Uns hat gestört, dass auf vielen Speisekarten ausländisches Fleisch dominiert. Wir wollten einen Weg finden, die natürlichen Qualitätsschwankungen beim Schweizer Fleisch auf natürliche Weise auszugleichen. Aus dieser Problemstellung heraus sind wir auf den Edelschimmelpilz gekommen. Anfangs haben wir ausschliesslich lumifiziertes Rindfleisch verkauft, in der Folge haben wir auch Kalb- und Schweinefleisch auf diese Art veredelt.
Marco Tessaro: Später hatten wir dann die Idee, nicht nur Fleisch zu veredeln, sondern auch mit Fleisch zu handeln, das unseren Qualitätsansprüchen entspricht. Nachhaltigkeit, Tierwohl, Selektion und Lagerung – da sind wir stark. Und irgendwann fanden wir, es braucht jetzt den ersten Schweizer Onlineshop für Fleisch.
Lucas Oechslin: Am Anfang waren wir einfach zwei so Start-up-Dudes. Und nach fünf Jahren harter Arbeit haben wir den Swiss Economic Forum Jungunternehmerpreis gewonnen – das ist einer der bedeutendsten Preise, den man in der Schweiz als Start-up gewinnen kann. Grosses Bild oben: Lucas Oechslin (links) und Marco Tessaro von Luma Delikatessen.
Mit dem Edelschimmelpilz hat alles angefangen: Lumifizierte Produkte sind sehr zart und nussig im Geschmack.
Mit dem Edelschimmelpilz hat alles angefangen. Ist das heute noch der USP von Luma?
Marco Tessaro: Das Verfahren ist definitiv noch immer ein Türöffner. Lumifiziertes Fleisch ist ein Produkt, das nur wir anbieten. Und nur wenn Luma vorne dransteht – also Luma Beef oder Luma Pork – wurde das Fleisch mit dem Edelschimmel behandelt. Lumifizierte Burger oder Würste sind sehr gefragt. Solche Spezialitäten helfen uns, in neue Lokale zu kommen, denn die suchen oft nach etwas Besonderem. Wenn die Produkte gut ankommen, bestellen sie auch andere Fleisch-Spezialitäten.
Lucas Oechslin: Wichtig ist uns dabei vor allem eins: absolute Zuverlässigkeit. Unser Service ist essenziell – sowohl für Privatkunden als auch für die Gastronomie. Wir wollen dem Kunden nicht nur das beste Fleisch, sondern auch den besten Service bieten. Früher sind Marco und ich selbst durch die halbe Schweiz gefahren, wenn etwas nicht geklappt hat. Heute machen wir das natürlich nicht mehr persönlich. Aber jeder Kunde kriegt den gleichen Service und unsere Leute schauen, dass alles klappt. Für Unzuverlässigkeit ist bei Premium-Produkten kein Platz.
War es von Vorteil, Quereinsteiger zu sein?
Lucas Oechslin: Auf jeden Fall. Wir sind da ziemlich unvoreingenommen rangegangen und haben vieles einfach aus Kundensicht betrachtet. Ohne Scheuklappen halt – das verändert den Zugang grundlegend.
Lucas Oechslin ist oft bei den Produzenten vor Ort. Zum Beispiel im Wallis bei den Eringer-Rindern.
Tierwohl ist bei Luma keine leere Floskel, sondern ein wichtiger Grundpfeiler.
Wie entscheiden Sie, welche neuen Produkte ins Sortiment aufgenommen werden?
Marco Tessaro: Die Qualität steht immer an erster Stelle. Es muss sich klar von 0815-Produkten abheben – sonst hat es bei uns nichts zu suchen. Schon bei den ersten bürokratischen Details merkt man oft, ob ein Produzent zu uns passt. Wenn er überzeugt, degustieren wir das Produkt im Team und prüfen es auf Herz und Nieren. Dann bestellen wir nochmals und dann nochmals, um auch die Konstanz der Qualität zu prüfen.
Lucas Oechslin: Dabei gibt es Kriterien, die immer gegeben sein müssen: Keine Tiere aus Massentierhaltung, die Herkunft des Futters muss transparent sein, das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen und die Verfügbarkeit muss gegeben sein. Und wir fragen uns immer: Braucht es dieses Produkt überhaupt im Sortiment? Wenn wir bereits sieben verschiedene Entrecôtes haben, brauchen wir wirklich noch ein achtes?
Marco Tessaro (l.) und Lucas Oechslin sind zertifizierte Kobe-Händler – und sehr stolz darauf.
Bei Luma kriegt man Kobe und japanisches Wagyu in höchster Qualität.
Sie verkaufen Ihre Produkte an Privatkunden, aber auch an die Gastronomie. Haben beide Kundenstämme dieselben Ansprüche?
Marco Tessaro: Im Kern wollen beide dasselbe: richtig gutes Fleisch, das man mit gutem Gewissen geniessen kann. Gastronomen liefern wir oft ganze Stücke, während die Privatkunden portioniertes Fleisch bestellen. Ich denke, die Privatkunden kennen gewisse Stücke vielleicht aus einem guten Restaurant und wollen es zu Hause in gleicher Qualität zubereiten.
Sie liefern Ihre Produkte tiefgefroren an die Privatkunden – warum?
Lucas Oechslin: Weil wir Food Waste vermeiden wollen. So müssen wir nie ein Steak wegwerfen. Durch das Schockfrosten bei Minus 60 Grad können wir das Fleisch zum perfekten Reifegrad einfrieren und sorgen so dafür, dass das Produkt eine sehr hohe Qualitätskonstanz hat. Es ist nicht zu wenig gelagert, aber auch nie überlagert. Eben perfekt. Das Aroma und die Zartheit ist immer auf demselben Niveau. Auch aus kulinarischer Sicht ist das einfach nur sinnvoll. Durch unser Verfahren nimmt das Fleisch keinen Schaden und man könnte es so theoretisch noch zwei Jahre lagern. Aber so lange bleibt bei uns nie etwas liegen. Die Methode ist nachhaltig, effizient und ressourcenschonend. Das ist uns wichtig.
Wie erkennt man perfekt gereiftes Fleisch?
Lucas Oechslin: Optisch ist das manchmal schwer zu erkennen. Man kann die Reife ertasten. Wenn man zum Beispiel bei einem Entrecôte den Finger in die Anschnittfläche des Fleisches drückt und eine Delle zurückbleibt, dann ist es gut gereift. Das ist ein Indiz für eine gute Lagerung. Schlussendlich merkt man den Unterschied aber vor allem im Geschmack. Gut ausgereiftes Fleisch hat ein anderes, besseres Aroma als zu junges oder überlagertes Fleisch. Saure Noten oder unerwünschte Geschmacksveränderungen, die an Leber erinnern, haben nichts zu suchen in gutem Fleisch.
Marco Tessaro: Jede Fleischart reift anders – abhängig vom Futter und dem Verhältnis der Fettsäuren. Grasgefüttertes Rind lagern wir vielleicht sechs Wochen, getreidegefüttertes US-Rind nur fünf. Wir haben sehr viel getestet und wissen genau, welches Produkt wie lange braucht. Und weil die Qualität bei unseren Produkten konstant ist, können wir uns darauf verlassen.
Auf Du und Du mit den Chefs: Marco Tessaro und Stefan Heilemann an der GaultMillau Garden Party.
Wie hat sich der Fleischkonsum in den vergangenen Jahren aus Ihrer Sicht verändert?
Lucas Oechslin: Als wir Luma gegründet haben, war vegane Ernährung noch ein Nischenthema – heute ist sie deutlich präsenter geworden. Insgesamt hat sich das Bewusstsein rund ums Essen verändert: Viele Menschen setzen sich stärker mit ihrer Ernährung auseinander und treffen bewusste Entscheidungen – sei es für oder gegen Fleisch. Wir beobachten, dass sich der Konsum in verschiedene Richtungen entwickelt: Manche greifen aus Kostengründen zu günstigeren Produkten, andere essen weniger Fleisch, dafür achten sie stärker auf Qualität. Diese Kundinnen und Kunden finden oft zu uns. Insgesamt sehen wir diese Entwicklung positiv – sie zeigt, dass sich mehr Menschen mit Herkunft, Qualität und Zubereitung auseinandersetzen. Gerade während der Pandemie haben viele entdeckt, wie schön es ist, selber gut zu kochen.
Sie sind in gewisser Weise auch Vorreiter, wenn es um Special Cuts geht.
Marco Tessaro: Das stimmt. Vor zehn Jahren waren gewisse Cuts in der Schweiz noch unbekannt. Spitzenköche kannten sie vielleicht aus dem Ausland, aber man hat sie nicht importiert. Wir haben dann angefangen, Second Cuts in hoher Qualität anzubieten – auch aus der Schweiz.
Lucas Oechslin: Das ist ein wichtiger Punkt. Bei Second Cuts für den Grill braucht es extrem gute Qualität, sonst ist es eine zähe Angelegenheit. Heute verkaufen wir mehr US Skirt, Hanging Tender, Schweizer Secret Cuts oder Pluma vom Pata Negra als Filets.
Marco Tessaro: Wir haben auch angefangen, How-to-Videos zu produzieren. Denn viele Kunden trauen sich nicht an solche Stücke. Aber wenn sie sehen, wie einfach das ist, probieren sie es aus.
In der Gastroszene hört man oft Sätze wie «Luma ist super, aber auch sehr teuer». Wie reagieren Sie darauf?
Lucas Oechslin: Das stimmt – Luma ist teuer. Aber Qualität hat nun mal ihren Preis. Man darf Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Ein Ribeye ist nicht gleich ein Ribeye. Es würde ja auch niemand auf die Idee kommen, einfach zu sagen, Rotwein ist gleich Rotwein. Und genau wie beim Wein ist es auch beim Fleisch. Tierhaltung, Rasse, Alter, Geschlecht, Fütterung, Schlachtung, Lagerung und Zubereitung sind alles Faktoren, die das Fleisch beeinflussen. Wir sind spezialisiert auf die Selektion der besten Stücke aus dem In- und Ausland. Für uns und unsere Kunden ist schlussendlich die Preis-Leistung entscheidend, und da sind wir unserer Meinung nach Top. Für das, was man kriegt, sind wir also nicht teuer!
Marco Tessaro: Und nsere Kunden aus der Gastronomie wollen Reklamationen von Gästen bezüglich der Fleischqualität vermeiden. Wenn ein kulinarisch interessierter Gast ein herkömmliches Stück Fleisch isst, ist er nicht immer begeistert. Die sind sich andere Qualität gewohnt. Da kommen wir ins Spiel.
Lucas Oechslin: Es steckt halt auch sehr viel mehr dahinter. Die Tiere haben Platz im Stall, fressen das bessere Futter. Wir haben Leute in Schlachthöfen, die für uns die besten Stücke selektionieren. Bei LUMA kauft man ein Filet-Mittelstück und kriegt ein Mittelstück, und kein Stück vom Filetschwanz oder Filetkopf. Andere portionieren das Filet oder Entrecôte einfach durch und verkaufen den Kunden alles zum selben Preis. Bei Luma kriegst du immer das Beste vom Besten. Und wir wollen auch unsere Mitarbeiter anständig bezahlen. Unsere Leute nehmen sich jedem Problem unserer Kunden an und kümmern sich. Bei uns kann man sogar beim Kundendienst anrufen und nach einem Rezepttipp fragen! Unsere Kundenberater sind Metzger, Köche und Fleischenthusiasten und wissen bestens Bescheid.