Text & Fotos: Pascal Grob

Rückzugsort? Als Teenie zwischen 16 und 18 Jahren habe ich an diesem Ort oft meine Freizeit verbracht, als ich weder ins Restaurant ging, noch in den Club reinkam: Monte Diggelmann. Ein Aussichtspunkt, der tatsächlich so heisst und auch auf Google Maps eingezeichnet ist. Er befindet sich auf dem höchsten Teil des Irchelparks mit freiem Blick über Zürich – ok, jetzt vielleicht ein bisschen weniger aufgrund der neuen Wohnhäuser. Aber hier hattest du immer deine Ruhe, konntest grillieren und laut sein, ohne Anwohner zu stören, die gleich den Bullen anrufen – im parküberströmten Kreis 6 nicht ganz selbstverständlich. Manchmal waren wir eine Gruppe von 20 Leuten.

 

Lieblingscafé? Alles was sich in Züri bewegt, muss irgendwann mal übers Bellevue. Egal ob zum Zahnspezialisten oder nur in den McDonalds. Deshalb sitze ich gerne im Belcafé, trinke meinen Doppio und beobachte das Menschen-Chaos. Anhand der Kleidung oder der Himmelsrichtung, aus der die Leute kommen, erkennst du die verschiedenen Typen: Gymi-Schüler, Büroangestellte, Gastros und Bankers. Menschen sind ziemlich ehrlich, wenn sie sich unbeobachtet fühlen – perfekt für Menschen- und Verhaltensstudien als Schauspieler. Wie reagieren Unterschriften-Sammler, wenn sie einen Deal abschliessen oder eine Abfuhr kassieren? Das Belcafé ist spannender als ein Lokal, wo alle nur sitzen, um Passanten zu beobachten – und auch darauf warten, selbst gesehen zu werden.

 

Kult-Platz? Kürzlich sass ich auf der Terrasse der «Schönau» und merkte: Ich bin seit 30 Jahren auf der Welt, ging ins Schulhaus Kern nebenan, habe aber diesen Platz noch nie so wahrgenommen. Links die Skateranlage, geradeaus die Bäckeranlage und rechts mein ehemaliges Zuhause. Früher war das «Schönau»-Gebäude eine Spelunke, ein Hexenhäuschen mit drei Stockwerken wie ein Saloon – aus der Perspektive eines Kindes ein Höllenloch. Damals hatten wir eine Mutprobe: Einmal rein bis zum WC, den Zigarettenautomaten berühren und wieder raus. Als ich sechs Jahre alt war, dachte ich immer, hier würden sie uns gleich entführen. Ging die Eingangstüre auf, zuckten wir zusammen. Ausserdem gab es diesen kleinen Drecksköter namens Simba, der meiner Mutter mehrmals in die Wade gebissen hat, als sie auf dem Velo vorbeifuhr – und auch uns Kindern immer nachjagte.

Schönau Zürich

Die «Schönau» ist mit seiner grosszügigen Terrasse ein Zürcher Sommer-Must bei der Bäckeranlage.

Lieblingsrestaurant? Das «Madrid» ist mein zweites Wohnzimmer – ein Ort, wo ich mich im Trainer und Anzug gleichermassen wohlfühlen kann. Wenn zu Hause Pfeffer fehlt, hole ich mir dort kurz die Pfeffermühle. Und falls ich nach einem Zwölf-Stunden-Trip meinen Wohnungsschlüssel mal wieder nicht finde, serviert mir Sami zuerst einen «Carajillo», um herunterzufahren – Kafi mit flambiertem Schnaps. Was ich auch sehr schätze: Die Kellner gehören zur alten Schule, haben immer gute Sprüche am Start und kennen deine Vorlieben. Zu meinen Favoriten auf der Karte gehören der Seeteufel nach galizischer Art und die verschiedenen Tapas wie «Pimientos de Padrón» und «Gambas al Ajillo». Sie erfinden die spanische Küche nicht neu, aber sie kochen solide und gut.

 

Lieblingspark? Auf der Bäckeranlage durfte ich als Kind nie wirklich Zeit verbringen. Herumliegende Spritzen im Sandkasten, ein abgefucktes Rondell – eigentlich war der Park eine Bauruine mit Leuten, die auf Bänken rumlagen. Heute nutze ich jedoch jede Gelegenheit, die Bäckeranlage zu durchqueren, da ich noch immer nebenbei bei meinen Eltern an der Anwandstrasse arbeite. Während der Sekundarschule haben wir beim WC-Häuschen heimlich geraucht und gingen danach mit Deo-Spray und zwei Packungen Kaugummi bewaffnet zurück in die Schule.

 

>> Joel Basman ist der erfolgreichste Schweizer Schauspieler, mitten im Zürcher «Chreis Cheib» aufgewachsen und lebt mittlerweile im Niederdorf. Er wurde mit «Lüthi und Blanc» entdeckt und feierte zuletzt in der Hauptrolle für die Komödie «Wolkenbruch» einen riesigen Erfolg. Aber auch Gastspiele in Hollywood gehören dazu: Der 30-jährige Zürcher stand kürzlich vor der Kamera für den kommenden dritten Teil der Blockbuster-Reihe «Kingsman». Nebenbei arbeitet Basman im Schneidergeschäft seiner Eltern und kümmert sich um die Männerkollektion.