Text: Caroline Micaela Hauger Fotos: Lucia Hunziker
Drei Macher, eine Lady. Sylvie Fleury, 57, ist eine begnadete Selbstdarstellerin, die den Konsum ebenso liebt wie entlarvt. Ihr Thema: der schöne Schein der Luxuswelt. Gespannt erwartete man anlässlich der Verkostung des Gamaret 2015 im Dolder Grand in Zürich den Auftritt der Genfer Starkünstlerin. Diese kam (mit Verspätung), sah – und schwieg. Um so gesprächiger waren die Initianten Thomas Maechler (Hotel Beau-Rivage in Neuenburg, ein Swiss Deluxe Hotel), Galerist Stefano Pult und Winzer Louis-Philippe Burgat, die den streng limitierten Cru unter dem Label Zürich-Neuchâtel Art Express kreierten.
Betörend komplex. Es ist bereits der zweite Wurf des innovativen Trios. Letztes Jahr war für die monochrom gehaltene, bordeauxrote Künstler-Edition der Schweizer und Wahl-Texaner Olivier Mosset verantwortlich. Der diesjährige Gamaret 2015 stammt von der Domaine de Chambleau in Colombier, wo Burgat auf der Parzelle «Le Rosy» in dritter Generation Wein anbaut. «Die kiesigen Reihen der 28-jährigen Reben erstreckt sich bis an die Gleise der Bahnstrecke Zürich-Neuenburg – was uns zum ungewöhnlichen Namen inspirierte.»
Erlesene Handarbeit. Die überreiften Trauben pflückte man am 9. Oktober von Hand. Der Wein wurde 20 Monate nach traditioneller Art im Eichenfass ausgebrannt und am 9. September 2017 in Flaschen abgefüllt. Die Farbe: Purpurrot. Das Aroma: komplex, vollmundig, mit Noten von Süssholz, Gewürzen, schwarzen Früchten. Fazit der Gäste: ein gelungener, eleganter und doch erdiger Tropfen.
Philosophie trifft Kunst. Degustiert wurde in kleiner, feiner Gesellschaft. Auch Dolder-Besitzer Urs Schwarzenbach und Hoteldirektor Mark Jacob erfreuten sich am fruchtigen Auftakt, an der geschmeidigen Tanninnote im Gaumen und stiessen auf das aussergewöhnliche Projekt an. Frei nach Saint-Hilaire: «Wer sich auf die Suche nach der Unendlichkeit begibt, wird sie nie erreichen, aber die Reise geniessen.»
Witz und Glamour. Hingucker: die flauschigen Etiketten von Sylvie Fleury in den Farben Pink, Orange, Sonnengelb. Ihr Witz und ihr kritischer Blick auf die Gesellschaft verschafften ihr weltweit Anerkennung. Die Idee geht zurück auf ein mit Kunstfell überzogenes Frühwerk (Preis 20'000 Franken). Was die 1140 Flaschen, die von Hand nummeriert und in 190 Kisten (6 Flaschen à 350 Franken) verpackt wurden, fast zum Schnäppchen machen. Nur für die 20 «Limited Edition» Kistchen, deren Inhalt mit Fellimitat ausgekleidet ist, muss man tiefer in die Tasche greifen: sie kosten 2500 Franken pro Stück.
>> Zürich-Neuchâtel Art Express, Edition Sylvie Fleury, Domaine de Chambleau, 2013 Colombier, Tel. 032 731 16 66, info@chambleau.ch