Interview: Elsbeth Hobmeier | Foto: HO

Wie schmeckt ein typischer Rioja-Wein?
Das ist gar nicht mehr so einfach zu definieren, denn Rioja ist eine dynamische Weinregion und entwickelt sich stetig weiter, auch punkto Stilrichtungen. Zudem sind Joven, Crianza, Reserva und Gran Reserva – wenn wir beim traditionellen Stil bleiben – gewollt sehr unterschiedlich; sie reichen von fruchtbetont und eher einfach bis zu komplex und gereift.

Können Sie diese Palette etwas näher definieren?
Die Farbe: dunkelrot, bei Reservas und vor allem Gran Reservas mit aufgehelltem Rand aufgrund langer Reifezeit in Fass und Flasche. Die Nase: sehr unterschiedlich, je nach Stil; typische Holzfassnoten von amerikanischen Eichenfässern bei traditionell arbeitenden Kellereien. Der Gaumen: meist keine Brummer, sondern mittelgewichtig mit 13 bis 14 Alkoholprozent, erfrischender Säure, geschliffenem Tannin. 

Das Gebiet gliedert sich in drei Subzonen. Unterscheiden sich deren Weine?
Rioja Alta und Alavesa sind klimatisch ähnlich, nämlich kühler, mit Höhenlagen, was frische, elegante und aromatische Weine ergibt. Rioja Baja ist wärmer, die Weine sind weicher, schwerer.

Ein grosser Teil reift in Barriques nach dem Vorbild von Bordeaux. Kann man Rioja als günstigere Bordeaux-Alternative bezeichnen?
Haha … Das würden sie in der Rioja wohl nicht gerne hören. Die Traubensorten bestimmen ja vor allem, wie ein Wein schmeckt, und die unterscheiden sich in den beiden Gebieten deutlich. Daher finde ich diese Aussage nicht zutreffend, für mich schmecken sie schon sehr unterschiedlich. Zudem sind die Reifezeiten bei Reserva und vor allem Gran Reserva länger als im Bordeaux. Gemeinsam ist ihnen das mittlere Gewicht, es sind im optimalen Fall elegante und aromatische Rotweine. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist abgesehen von den Starweingütern in beiden Regionen sehr gut. 

Meistens werden mehrere Traubensorten gemischt, mit einem Hauptanteil an Tempranillo. Gibt es auch sortenreine Rioja-Weine?
Ja, in der innovativen und kompetenten Rioja gibt es fast alles, auch reinsortigen Grenache und reinsortigen Monastrell. Berühmt sind die Einzellagenweine von Artadi, die wie etwa El Carretil reinsortig aus Tempranillo gekeltert sind. Ein weiterer Klassiker ist der Viña del Olivo von Contino. 2017 wurde der Viñedo Singular offiziell von der DOCa Rioja eingeführt, aber schon seit 1999 können Viños de Municipio (Weine aus einer Gemeinde) abgefüllt werden.  

Crianza, Reserva, Gran Reserva: Welche Spielart kommt bei den Coop-Kunden am besten an?
Das hängt auch vom Preis ab: Crianza ist am günstigsten und Gran Reserva am teuersten. Und Günstiges wird eher gekauft als Teures. Wenn allerdings eine interessante Promotion für Reservas und Gran Reservas läuft, verkaufen die sich bestens. 

Führt Coop auch weisse Rioja-Weine im Sortiment? 
Zurzeit nur zwei: den Blanco Reserva Cune und den Naturaplan Bio Señorio de Arriezu Blanco. Es ist noch eine Nische, obwohl die Weine sehr interessant sind.  

Welche Rolle spielt Spanien generell im Weinbereich? Welche Regionen sind gefragt?
Spanische Weine sind grundsätzlich sehr beliebt. Beim Roten ist Rioja immer noch der Star, gefolgt von Ribera del Duero. Priorat ist auch bekannt, alles andere wie Toro, Montsant, Bierzo, Navarra und Madrid ist Nische, obschon natürlich auch interessant. Beim Weisswein liegt Rueda mit seinem Verdejo vorn, daneben ist nur noch Rias Baixas halbwegs bekannt. Nicht vergessen dürfen wir den sehr beliebten Schaumwein Cava. 

Modern oder klassisch? Wie unterscheiden sich die beiden Stile?
Früher bedeutete «modern» viel Holz und viel Konzentration. Das hat sich zum Glück geändert. Heute versteht man darunter elegant, mineralisch, vom Terroir geprägt. In der Rioja zählen auch immer mehr Weine aus einzelnen Gemeinden und Einzellagen dazu.

Welchen Stil bevorzugen Sie persönlich?
Ich mag wie immer die Abwechslung. Von beiden Stilrichtungen gibt es hervorragende Weine. Ich trinke aber öfter ganz Klassisches wie den Rioja DOCa Gran Reserva 904 La Rioja Alta.