Text: Elsbeth Hobmeier I Fotos: Hans-Peter Siffert

Marie-Thérèse Chappaz, Ihre Weine holen von Parker die höchsten Punkte der Schweiz überhaupt, der Grain Ermitage 2019 ist mit 98 Punkten der Spitzenreiter. Wie machen Sie das? 

Ich mache gar nichts, das macht mein tolles Terroir (lacht). Im Ernst: Parker bestellt jeweils einige meiner Weine und bewertet sie. Ich freue mich natürlich, wenn sie gute Noten erreichen. Und dass mein Ermitage, ein trocken ausgebauter Weisser, als am höchsten bepunkteter Schweizer Wein an der Spitze steht, macht mich schon ein wenig stolz. Auch für mich ist er mein grösster Wein, von hundertjährigen Reben, die auf Granitboden wachsen. Auch die weiteren beiden Weine mit 95 Punkten, die Grain Arvine de Fully und die Assemblage Grain Cinq, sind trockene Weisse.

 

Wer erhält diese Weine - die Top-Chefs oder auch private Weinliebhaber?

Meine Weine stehen auf vielen Weinkarten von sehr guten Restaurants in aller Welt, in New York, Singapur, Japan, aber auch viele in Frankreich und natürlich der Schweiz. Aber ich habe auch sehr viele und sehr treue Privatkunden, einige seit dreissig Jahren. Die Parker-Punkte bestärken sie in ihrer Wahl, das ist schön. Aber es ist nicht mehr so wie einst, als die Amerikaner sofort einen Wein bestellen wollten, kaum war er gut bewertet.

 

Wie schaut es mit der Ernte 2021 aus? Gibt es genügend Wein? Und wird er teurer?

Der Frost im letzten Frühling betraf vor allem unsere Petite Arvine an steilen Lagen. Daher wird es keinen 2021er Süsswein Grains nobles geben. Aber die Qualität der Trauben war sehr gut, ich bin zufrieden. Die Preise mussten wir dieses Jahr ein wenig anheben, nicht nur wegen dem Frost und den entsprechenden Verlusten. Sieben Hektaren unserer Reblagen sind sehr steil und nur zu Fuss zugänglich, das heisst dreimal mehr Arbeit als in ebenen Lagen. Zudem müssen die vielen Trockenmauern ständig unterhalten werden - das alles ist sehr aufwendig.

 

Sie sind eine Vorreiterin der Biodynamie, wenn auch lange Zeit ohne Nennung auf dem Etikett. Wie ist die Entwicklung im Wallis?

Halt, die Ehre der Pionierin gebührt Marion Granges von der Domaine Beudon! Sie setzte bereits zehn Jahre vor mir auf Biodynamie. Ich entschloss mich 1997 dafür und war damit - gleichzeitig mit der Domaine Cornulus - die Zweite im Wallis. 2003 waren alle meine Reblagen bio-zertifiziert, wir führen seither die Labels BioSuisse und Demeter, aber vermerken sie erst seit vier Jahren auf der Etikette. Ich mag die rückwärtigen Etiketten nicht und wartete daher lange Zeit damit. Aber jetzt entschloss ich mich dafür, weil ich damit die biodynamische Bewegung unterstützen kann. Im Wallis ist Biodynamie auf dem Vormarsch, die Landwirtschaftsschule in Châteauneuf/Sierre bietet Kurse an, immer mehr Winzerinnen und Winzer stellen um. Wir sind nicht mehr so allein wie in den Anfangsjahren.

 

Ihre Pläne für die nächsten Jahre?

Ich möchte einen grossen Rotwein machen, von der Reblage Les Claives, einer der schwierigsten zu bearbeitenden Parzellen überhaupt. Mir schwebt eine Assemblage aus Syrah, Cornalin und ein wenig Cabernet Franc vor. Sie wird La Grange heissen und in etwa zwei bis drei Jahren bereit sein. Und sonstige Pläne? Ich möchte die jetzige Qualität meiner Weine halten und wenn möglich noch ständig verbessern. Und hoffe auf gute Gesundheit, denn ich möchte niemals aufhören zu arbeiten und denke überhaupt nicht an die Retraite.

 

>> Marie-Thérèse Chappaz ist 62jährig. Ihre steilen Weinberge sind in Fully VS. GaultMillau zeichnete sie als «Ikone des Schweizer Weins» aus. Viele Winzer(innen) haben das Handwerk bei ihr gelernt und dann ihre eigene Karriere gestartet.