Nach den Weltkriegen wieder aufgebaut. Antonio Carpenè (1838–1902) ist in Conegliano noch immer sehr präsent. Als Statue vor der von ihm initiierten Weinbauschule. Durch die Strasse, die seinen Namen trägt. Und natürlich durch die Kellerei Carpenè Malvolti, die er 1868 zusammen mit seinem Freund Angelo Malvolti gründete. Die Firmenzentrale, die in beiden Weltkriegen schwer getroffen wurde und wiederaufgebaut werden musste, war einst von Reben umgeben. Heute umringen sie Häuser und Strassen, denn Carpenès Erfindung, der Prosecco, verhalf Conegliano zu enormer Blüte. Inzwischen steht Rosanna Carpenè an der Spitze des Unternehmens – in der fünften Generation und beseelt vom gleichen kompromisslosen Qualitätsdenken, wie es ihre Vorgänger auf dieser Position besassen.

Treue Belegschaft. «Wir betrachten uns als grosse Familie», sagt die Präsidentin von Carpenè Malvolti. «Manche Mitarbeitende sind schon seit einem Vierteljahrhundert bei uns. Ihr Know-how ist von unschätzbarem Wert. Träfe ich einen falschen Entscheid, würden sie heimlich weiter das Richtige machen.» Einer dieser treuen Mitarbeitenden heisst Gianni Sacilotto. Er überwacht die horizontalen Fermentationstanks, die typisch sind für diese traditionsreiche Kellerei, und er geht lieber der Arbeit nach, als davon zu reden.

Carpene Malvolti für Mondovino im GaultMillau-Magazin 4/25

Chefin mit Herz: Rosanna Carpenè vor den Porträts von Antonio Carpenè (l.) und Angelo Malvolti.

Carpene Malvolti für Mondovino im GaultMillau-Magazin 4/25

Passion für Prosecco: Star-Önologe Emilio Pedron (l.) mit Gianni Sacilotto, der die Fermentationstanks überwacht.

Arbeiten mit 80? Ehrensache! Doch zum Glück ist Emilio Pedron, einer der angesehensten Önologen in Italien, mit uns auf dem Rundgang durch die Produktionsstätte. Er erklärt: «In diesen Tanks haben die einmal vergorenen Grundweine mehr Hefekontakt. Es sind gewissermassen riesengrosse Flaschen, die unserem Prosecco zu einem besonders interessanten Aromaprofil verhelfen. Auch die Haltbarkeit verlängert sich erheblich.» Pedron wäre mit seinen 80 Jahren eigentlich längst pensioniert, es ist für ihn aber Ehrensache, sein enormes önologisches Wissen in den Dienst von Carpenè Malvolti zu stellen. «Schon als junger Mann kam ich immer wieder hierher. Carpenè Malvolti war und ist eine Ikone für mich», betont er.

Glera aus dem hügeligen Kernland. Pedron imponiert, dass Carpenè Malvolti (Jahresproduktion: 5,3 Millionen Flaschen) längst viel grösser sein könnte, das aber gar nicht möchte. «Hier stehen die Qualität und die Wahrung der Tradition im Vordergrund», sagt er. «Sämtliche Trauben, die in der Kellerei verarbeitet werden, stammen aus der Appellation Conegliano Valdobbiadene Prosecco DOCG, aus dem hügeligen Kernland also.» Der weiter gefassten, von Flachland geprägten Appellation Prosecco DOC hat sich Carpenè Malvolti nie angeschlossen. Ausserdem verwendet das Erfinderhaus für seinen Prosecco keine andere Rebsorte als Glera. Mit zwei Ausnahmen: In den Rosé kommen noch zwölf Prozent Pinot Noir, in den Prosecco Superiore DOCG Brut 1924 zehn Prozent andere Trauben, die in der Region beheimatet sind.

Prosecco Shutterstock

Ein wenig Champagner-DNA: die munter sprudelnden Bläschen im Prosecco-Glas.

Ursprünglich war’s «Champagne Italiano». Als Antonio Carpenè seine Kellerei vor 157 Jahren gründete, bezeichnete er seine Schaumweine als «Champagne Italiano». Und das waren sie eigentlich auch. Denn der studierte Chemiker setzte damals noch auf die in der Champagne übliche Flaschengärung, in Italien heute «Metodo classico» genannt. Carpenè befand aber bald, dass diese Methode nicht die beste für Glera sei, und ersann einen Prozess, der als Vorläufer der Charmat-Methode gilt. Bei der zweiten Gärung im Drucklufttank entstehen die für Prosecco typischen Bläschen. Die Bezeichnung «Prosecco» ist viel jünger als Carpenè Malvolti und geht auf das Jahr 1924 zurück: Damals setzten die mächtigen Maisons in der Champagne durch, dass nur noch Schaumwein aus ihrem Gebiet Champagner genannt werden durfte.

Früh übt sich. Ein wenig Champagner-DNA steckt gleichwohl noch in den Prosecchi von Carpenè Malvolti. «Das merkt man schon, wenn man ihr leicht hefiges Bouquet auf die Nase wirken lässt und die munter sprudelnden kleinen Bläschen im Glas betrachtet», sagt Emilio Pedron. Die Wirkung am Gaumen verstärkt den Eindruck, dass jeder Prosecco aus diesem Haus von einer wunderbaren Eleganz geprägt ist. Das fand Etilia, die inzwischen neunjährige Tochter von Rosanna Carpenè, schon im Alter von drei Monaten. «Ich gab ihr von einem Finger ein paar Tropfen Prosecco zum Probieren – und sie lächelte mich freudig an», sagt die Firmenchefin. 

www.carpene-malvolti.com

 

Fotos: Shutterstock, Gaetano Massa